VAMPILLIA – Irre und wirr
VAMPILLIA – „Happiness brought by endless Sorrow“
Veröffentlichungsdatum: 11.05.2018
Länge: 06:05 Min.
Label: TOT Records
Genre: „Brutal Orchestra“
Bereit für etwas ziemlich Abgefahrenes?
Nun, als an diesem Montag VAMPILLIA aus Japan als ALCEST-Vorhut die Bühne betraten, hatte mich komischerweise niemand vorher gefragt, ob ich bereit wäre für das, was da kommen würde. Der eher irreführende Name ließ mich irgendetwas aus der Dark/Gothic/Symphonic-Schiene erwarten, aber weit gefehlt. Die auf 7 Leute (von 10!) abgespeckte Truppe, die da die Bühne des UT Connewitz in Leipzig bevölkerte, bot der größtenteils völlig auf kalten Fuß erwischten Masse eine musikalische Wand aus so ziemlich allem, was sinnbildlich für die moderne Evolution des Metals steht.
Aber: Alle Konfusionen beiseite, es geht hier schließlich um die 2018er EP der Japaner: „Happiness brought by endless sorrow“. Oder wie mein direkt erworbenes Exemplar mir zu vermitteln versucht: „Happiness bringed by endless sorrow“. Kurz gegoogelt – nein, hier handelt es sich nicht um ein stilistisches Mittel. Der Fehler scheint der Band wohl erst aufgefallen zu sein, als die Scheibchen schon gedruckt waren.
10 Euro für 6 Minuten Musik?
Das soll allerdings nicht die einzige Sonderbarkeit dieser wortwörtlichen Kurzspielplatte bleiben. Lediglich 6:05 Minuten umfassen die 4 Songs, die bei dieser Spiellänge wohl eher einen musikalischen Hustenanfall erwarten lassen. Aber auch hier liege ich mal wieder völlig daneben. VAMPILLIA bewegen sich in ihrer Musik so schnell von Black Metal über klassische Musik und Melodic Death Metal-Elemente bis zum Grindcore, dass es mich nicht einmal gewundert hätte, wenn der Sänger auf der Bühne mittendrin angefangen hätte, zu rappen. So federleicht springen die Japaner von einem Genre ins andere – definitiv keine plätschernde Hintergrundmucke.
Und auch die 4 Titel der Scheibe, die sich wider ihre Länge als durchaus in sich geschlossene Musikstücke mit erkennbaren Songstrukturen herausstellen, sind untereinander in ihren Details brachial verschieden. „Winter Ash“ präsentiert allen voran am schönsten einen Einblick in die natürliche Stimmvarianz des Sängers. Die reicht von „normalem“ Growling über (auf der Platte leider nicht vorkommenden) gekonnten Cleangesang bis zu einer bedrückenden Mischung aus der Geräuschkulisse eines Horrorkrankenhauses mit Nazgulrufen. Das alles unterlegt mit live ziemlich eindrucksvollen Geigen- und Pianoparts und etlichen Rhythmuswechseln – ta da, VAMPILLIA.
Langeweile? Fehlanzeige.
Die folgenden Songs mit den „bezeichnenden“ Namen „back to…..“, „ggggzzgggzzz“ (da ist der Namensgeber scheinbar vor Ermüdung mit der Nase an der Tastatur kleben geblieben) und „hell pm“ haben jeweils ihre ganz eigenen Schwerpunkte. Alle zeigen aber, wie interessant „klassische“ Klavier- und Geigenklänge eine brachiale Musikmischung aus Grindcore, Black und Death Metal würzen können. Und das, ohne am Ende eine stark versalzene Symphonic-Suppe zu ergeben.
Alles in allem schaffen es die Japaner so, mit ihrer Musik ein dermaßen großes Spektrum an musikalischen Neukombinationen zu schaffen, dass es mich auf schräge Weise abholt. Dabei stehe ich den modernen Genremixturen sonst eher kritisch gegenüber. Das könnte aber auch an der überwältigenden Liveperformance liegen. Was sagt ihr? Interessante Horizonterweiterung oder Griff ins Klo? Lasst es mich wissen!
VAMPILLIA auf Facebook, Bandcamp und im Web.
Autorenbewertung
Vorteile
+ abwechslungsreich und kreativ
+ definitiv eine Geschmacksfrage
Nachteile
- Songs an sich sehr kurz
- definitiv eine Geschmacksfrage
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