Startseite»Reviews»Folk»Harpyie – Von Monstern und Ungeheuern

Harpyie – Von Monstern und Ungeheuern

0
Geteilt
Folge uns auf Pinterest Google+

HARPYIE – „Blutbann“

Veröffentlichungsdatum: 28.01.2022
Länge: 48 Min. 27 sek.
Label: Metalville / Rough Trade
Genre: Folk Metal

 

HARPYIE waren in der Pandemie recht fleißig: ein Auftritt beim ONLINE MUSIC FESTIVAL von INGO HAMPF, ein Cover-Album mit zwei zugehörigen Musikvideos. Und nun Blutbann“, mit mittlerweile vier veröffentlichten Musikvideos und sehr schickem Cover-Artwork, das direkt die Richtung für das Album vorgibt.

Fakten

HARPYE kommen aus Ostwestfalen und bestehen aus 5 Musikern. Diese haben 2019 ein Crowdfunding gestartet, um von dem Geld ein neues Album/Doppelalbum aufzunehmen. Man entschied sich dann, zwei daraus zu machen, das Coveralbum „Minnewar“ und das Album „Blutbann“, um das es hier geht. Es enthält 12 Songs, die sich alle mit Monstern und Ungeheuern aus der Historie, der Mythologie oder Literatur befassen. 

Dunkle Abgründe

Den Einstieg finden wir mit „Blutadler„, und der wiederum beginnt mit leichten Neue-Deutsche-Härte-Vibes, die den Song im weiteren Verlauf auch nicht ganz verlassen. Ein stampfendes Schlagzeug gibt den Ton an und die harten Passagen der Strophen werden von ruhigeren Parts im Refrain sowie einer Frauenstimme im Hintergrund aufgeweicht.

Im zweiten Song bekommen wir „Angst im Wald„, denn der altbekannte Söldner ohne Kopf, auch bekannt als „der Hesse“, wird hier besungen. Und zwar nicht der Axtschwinger aus dem Film oder der Serie „Sleepy Hollow“! Nein, hier wird die mit den Händen mordende deutsche Variante besungen. Der Track wird mit Spieluhr-ähnlichen Klängen eingeleitet, um dann ins rockig-brachiale überzugehen. Eine schnelle Nummer, die zum Pogen mitreißt.

Liebe auf den ersten Biss wird sehr gefühlvoll von BRIAN auf der Geige eingeleitet und bleibt insgesamt recht ruhig. Der Song baut hauptsächlich auf Aellos Stimme. Und diese trägt den Track sehr gut. Ebenfalls zu hören ist eine weibliche Gesangsstimme in den Solo-Passagen, die sehr gut zur Geige passt. Textlich klingt das Ganze, als ob man hier eine toxische Beziehung vertont hätte. Das Video, in dem der Protagonist der jungen Frau nicht entkommen kann, verstärkt diesen Eindruck noch. Insgesamt eine kraftvolle Ballade.

Schlaflose Nächte bereiten uns „Die Geister, die ich rief“, denn hier geht es darum, sich dem zu stellen, was man selbst heraufbeschworen hat. Klanglich geht man hier ein bisschen in der Bandhistorie zurück und zeigt uns hier, dass HARPYIE nach wie vor auch noch Mittelalter-Core können. Das Intro von knapp einer Minute wird beim nächsten Song „Dunkelschwarz“ von einem Klavier eingeleitet. Und genauso wird es vom Klavier im Outro wieder beendet. Das Lied erzählt von Alpträumen, die uns durch die Alben gebracht werden. Und es liegt wieder ein Hauch von Core in der Luft.

Auch ein Feature gibt es auf diesem Album. In „Nachtfalter“ besingen die Jungs das Gefühl des Zusammenhalts der Schwarzen Szene, und wer gehört zu dieser Szene wie kaum ein anderer? ASP. Hierbei handelt es sich um den poppigsten Song auf dem Album mit der eingängigsten Melodie. „Schuld“ sind wahrscheinlich die Spieluhr-artigen Klänge, die immer wieder im Song auftauchen. Und ASPs Stimme tut natürlich Ihr übriges.

„Verräterisches Herz“ wird von Brians Drehleiher eingeleitet und nutzt während des Liedes auch sich steigernde Dubstep-Elemente. Klanglich fühle ich mich hier stellenweise an Songs von OOMPH! aus den frühen 2000ern erinnert. Zum Ende hin steigert sich das Ganze dann und hört dann abrupt auf. Zum Glück schließt sich direkt daran „Fang mich ein an, ein Song über Jack the Ripper, der mordend durch London zieht und ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Redakteur spielt, dem er seine Briefe schickt. Stimmlich wird ihm das Wahnsinnige, das wir ihm andichten, passend durch Aellos Art des Gesangs vermittelt. Klanglich recht düster, aber doch auch ein Stück poppig, wenn auch nicht ganz so wie bei „Nachtfalter„.

Wir sind die Nacht“ entstammt dem Crowdfunding, bei dem 10 Unterstützer ihre Stimme auf dem Album verewigen konnten. Und dementsprechend kurz ist der Track mit seinen 01:22. Aber für einen Track, der nur für dieses Unterstützungsziel da ist, empfinde ich ihn als gut und sinnvoll umgesetzt.

Welches Wesen darf auf keinen Fall fehlen, wenn es um düstere Gestalten und Wesen der Nacht geht? Richtig, der „Vampir. Ein schön rockiger Song, der die düstere Seite des Blutsaugers gut einfängt. Und wenn ich mich nicht verhört habe, vernehme ich auch leicht Barock-angehauchte Töne. Im Anschluss beginnt „Okkult fast schon wie ein Powermetal-Song, kann die Ankündigung aber leider nicht halten. Das macht ihn zwar definitiv nicht zu einem schlechten Song. Er lässt sich genauso gut anhören wie alle anderen Songs auf dem Album. Natürlich geht es hier darum, Teil von HARPYIE und ihrem Fankreis zu werden. Ich finde, diese Idee und der Song wurden sehr schön umgesetzt.

Den Abschluss des Albums bietet dann die Ballade „Ich glaube dir nicht„. Textlich geht es darum, dass jemand, dem sein Leben lang Dinge indoktriniert wurden, nun versucht, auszubrechen. Klanglich ist dazu im Mittelpart sehr gut umgesetzt, wie der Protagonist in der Flut an Informationen zu ertrinken droht. Dieser Part wird stark von der Drehleiher beherrscht und der Gesang ist sehr dumpf gehalten, sodass es sich anfühlt, als würde man ihm wie unter Wasser lauschen.

Hier geht’s zu Harpyie-Homepage.

Autorenbewertung

8
HARPYIE schaffen es auf dem neuen Album "Blutbann", düstere Geschichten zu erzählen, ohne in abgedroschenen Klischees zu enden. Dabei experimentieren sie wie immer mit verschiedenen Sounds und servieren sowohl Neues als auch Altbekanntes. Im Zuge dessen erfinden sie zwar das Rad des Genres an sich nicht neu, aber das ist auch gar nicht der Anspruch. Von mir gibt es eine klare Kaufempfehlung.
ø 4.6 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ Düstere Geschichten in passenden Gewändern
+ Rockig bis zum Ende
+ Experimentierfreudig

Nachteile

- Manchmal dominieren mir Bass und Drums zu sehr

Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über silence-magazin@patreon Patreon
letzter Artikel

IN EXTREMO - Trauer um langjährigen Weggefährten

nächster Artikel

SILENCE MUSICFRIDAY #64

Keine Kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert