Was uns der Wind erzählt – Frostreich

FROSTREICH – Join the Wind
Veröffentlichungsdatum: 13.01.2017
Dauer: 35 Min.
Label: Geisterasche Organisation
Stil: Black/Post/Modern Metal

Das Jahr 2017 startet gut für Freunde des sogenannten Post-Black Metals. Nicht nur erscheint im Frühjahr endlich das lange angekündigte und einige Male verschobene Zweitwerk „The Circle“ von HERETOIR, auch das bis dato noch ziemlich unbekannte Soloprojekt FROSTREICH von „Alleskönner“ Wynthar/Florian B. beschert uns mit seinem dritten Album „Join the Wind“ gute Kost irgendwo in der Schnittmenge eben genannter HERETOIR, AGRYPNIE und auch der verrückten Schweizer von BLUTMOND. Zudem stellt die Veröffentlichung die erste des Projekts und die insgesamt Dritte auf dem ebenfalls noch recht unbeschriebenen Label Geisterasche Organisation dar.

„The Ever-Giver“ geleitet uns in das Album hinein und zeigt sofort eine der großen Stärken von FROSTREICH auf. Eingängige Melodien und Leads duellieren sich mit eindringlicher Härte und erzeugen einen Gefühlskosmos in der Schnittmenge zwischen Melancholie und brennendem Zorn. Ein sehr ordentlicher Einstieg! Zumeist im Midtempo angesiedelt, lädt der Track, wie auch das darauffolgende „Anxiety“, durchaus zum Headbangen und Fäuste in die Luft strecken ein. Die Musik schafft es, mich emotional zu berühren, auch wenn ich anfangs kleine Schwierigkeiten mit der doch sehr modernen Ausrichtung im Sound hatte und mich den Klängen erst nach mehreren Hördurchgängen vollends hingeben kann.

Positiv hervorzuheben, vor allem für ein komplett in Eigenregie aufgenommenes Werk, ist die Produktion des Albums. Der Klang ist druckvoll, viele Details sind erkennbar und auch das programmierte Schlagzeug fällt nicht negativ ins Gewicht. Eine kleine Spur mehr Rohheit hätte dem Gesamtklang jedoch auch nicht geschadet, so stehen doch die Instrumente ab und zu im Klangbild zu entfernt voneinander. Doch zurück zu den Songs.

„Empty again“ erinnert mich in seiner Kombination aus Epik und zeitgleichen Rotzigkeit sehr stark an AGRYPNIE zu „16[485]“-Zeiten. Speziell beim Gesang sehe ich eine klare Parallele zu Thorsten (dem Unhold). Dies ist definitiv als Kompliment gemeint. FROSTREICH versteht es, guten modernen (Black) Metal zu spielen.

 

 

Die Mitte des Albums markiert „Spirit of the Lake“ und stellt einen ruhigen Gegenpol zu den anderen Stücken dar. Für meinen Geschmack verliert sich der Song jedoch mit fortschreitender Dauer ein wenig und hätte gut und gern 1 bis 2 Minuten kürzer ausfallen können. Wiederum hätten den restlichen Songs längere Spielzeiten nicht schlecht zu Gesicht gestanden. Dies stellt für mich einen der wenigen Kritikpunkte des Albums dar. Die Songs sind abwechslungsreich komponiert und mit schönen Details ausgestattet, wirken jedoch des Öfteren gehetzt, da viele musikalische Themen und Riffs eine durchaus höhere Halbwertszeit gehabt hätten.

Blast Beats und Epik

Dem zum Trotz bietet jedoch auch die zweite Albumhälfte sehr gute Songs. „Dear Light“ prescht geradewegs voran und bietet erstmals ein paar Blast Beats, bevor im Refrain eine wunderschöne Frauenstimme erklingt und die Epik im Song wieder ordentlich nach oben geschraubt wird. Gerade der angesprochene Gesang im Refrain erinnert mich stark an AMESOEURS, ohne jedoch in pures Abkupfern auszuarten.

Abschließend wird die wirklich gelungene Melange aus Härte und Epik auch in „Join the Wind“, welches in einer gekürzten Fassung auf der kürzlich hier im Magazin vorgestellten Zusammenkunft Compilation zu finden ist, und dem Rausschmeißer „Leaving those Traces“  fortgesetzt und unterstreicht die hohe Qualität der Musik. Ebenfalls positiv hervorheben möchte ich das Cover-Artwork, welches auf der einen Seite modern wirkt, jedoch auch eine gewisse Eleganz besitzt, die sich sowohl in der optischen Komponente, als auch im Potenzial der Kombination des Bildes und dessen symbolischen Zeichen mit den sehr melancholischen und dennoch vor Kraft strotzenden Texten widerspiegelt. Das Cover wurde ebenfalls von „Alleskönner“ Whynthar selbst gestaltet. Herzblut ist in jedem Bereich des Gesamtwerkes zu erkennen.

 

Autorenbewertung

8
FROSTREICH überraschen mich mit einem wirklich guten modernen Post-Black-Metal-Album. Die Songs vereinen Epik, Härte und Eingängigkeit und können sowohl allein als auch als Einheit bestehen. Luft nach oben ist durch nicht ganz ausgeschöpftes Potenzial und die kurze Spielzeit definitiv vorhanden. Es bleibt spannend, was man in Zukunft noch von dem Projekt hören wird. Fürs Erste ist man aber mit "Join the Wind" sehr gut bedient.
ø 3.3 / 5 bei 4 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ tolle Melodien und Leadgitarren
+ kraftvolle Produktion
+ ansprechendes Cover-Artwork
+ gute Kombination aus Epik, Härte und Eingängigkeit

Nachteile

- einige Parts wirken zu gehetzt
- kurze Spielzeit

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