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Weltuntergang und Flöten-Dubstep

Equilibrium - Armageddon

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EQUILIBRIUM – Armageddon
Veröffentlichungsdatum: 12.08.2016
Dauer: 50:11 Min.
Label: Nuclear Blast

Ich muss sagen, ich hatte Angst. Ich hatte Angst, als ich mir dieses Album kaufte. Angst, die Band, die ich vor acht Jahren als meine Lieblingsband designierte, könne mich dieses Mal vollends enttäuschen.

Schon bei der ersten Single „Prey“ war mir mulmig zumute. Die Stärken EQUILIBRIUMs lagen in meinen Augen schon immer in schnellen, melodisch endlos abwechslungsreichen Liedern voller unterschiedlicher Folkinstrumente und kompositorischer Höhenflüge – und all das schien es zu sein, was dieses Lied nicht verkörperte. Dazu kam das Versprechen, das neue Album werde generell eine düsterere Stimmung mit sich führen. Dann kam die zweite Single – mit dem überaus stumpfen Titel „Born To Be Epic“. Das Video dazu – auch richtig dämlich. Das Lied – bitte was? Dubstep mit Flöten im Refrain? Was war denn da passiert? Irgendwie war an der Sache schon etwas Cooles dran, doch mein Gehirn wusste nicht genau, wie es darauf klarkommen sollte. Ich hatte nämlich etwas Wichtiges noch nicht verstanden, was sich erst beim Durchhören des Gesamtkunstwerks ergeben sollte.

„Armageddon“ – ein untypischer Titel für die Band. Und genau das ist es auch. Statt auf altbekannten Pfaden zu wandern, zieht der gute Herr Berthiaumé es vor, seine künstlerischen Fähigkeiten dazu zu nutzen, mit allem herumzuexperimentieren, was ihm gerade so zwischen die Finger kommt. Flöten-Dubstep? Gerne doch! Stampfende Gitarren mit düsteren Keyboard-Akkorden statt Melodien-Reizüberflutung mit 200 BPM? Na los! EQUILIBRIUM zeigen mit diesem Album, dass sie auch andere Sachen können, als das, was man von ihnen als ehemalige Folk-/Pagan-Metal-Band erwarten würde. Am extremsten geschieht dies bei „Helden“, aber ich will jetzt hier keinem den Überraschungseffekt nehmen.

Was genau sich dahinter verbirgt, müsst ihr schon selbst herausfinden.

Mit Liedern wie „Katharsis“, „Erwachen“ und vor allem „Eternal Destination“ kommen EQUILIBRIUM dann auch auf das oben genannte Versprechen zurück. Düstere Songs, düstere Thematik – wie schon auf vorigem Werk mit „Apokalypse“ angekündigt, behandeln diese Songs den drohenden Untergang der Menschheit durch Eigenverschulden. Und das äußerst stimmig! Sogar „Prey“ rechtfertigt im Rahmen dieses Konzepts seinen Platz auf dem Album in jeder Hinsicht. Und für alle, die jetzt immer noch rumheulen, die Band sei früher ganz anders und viel besser gewesen: Ich wünsche euch viel Spaß mit „Rise Again“ – es könnte genau das sein, was ihr hören wollt.

Schön ist auch, dass wie schon beim letzten Album, als Bonus CD das Ganze nochmal instrumental enthalten ist. Ohne Vocals hört sich diese Musik auch ganz gut an, und man lernt dabei Aspekte kennen, die einem sonst vielleicht gar nicht mal aufgefallen wären. Schade ist nur, dass die Tradition, als letztes Lied ein mindestens zehnminütiges Instrumental zu packen, nach drei Alben in Folge nicht fortgeführt wurde. Das war eigentlich immer ein Highlight für mich, da sich in solchen Liedern die kompositorischen Fähigkeiten Berthiaumés am stärksten entfalten konnten. Der Sound des Albums ist der meist düsteren Stimmung ganz gut angepasst, und in vielen Fällen nochmal deutlich brachialer und druckvoller, als bei bisherigen Werken.

Ist „Armageddon“ denn nun im Endeffekt eine Enttäuschung?

Nein! Es ist halt nur anders. Klar, es ist bei Weitem nicht das beste Album, das EQUILIBRIUM je geschrieben haben (an dem Tag, an dem sie „Sagas“ übertreffen, pilgere ich über den Jakobsweg nach Santiago), aber es ist starkes Material. Und die Band zeigt damit, dass sie auch von ganz anderen Seiten glänzen kann. Gerne weiter so, es gibt kaum eine Band, bei der ich auf den musikalischen Werdegang in den nächsten Jahrzenten gespannter bin, als bei EQUILIBRIUM. Sonic Boom!

Autorenbewertung

7
EQUILIBRIUM zeigen hier, dass sie auch andere Stärken haben als schnelle, melodisch abwechslungsreiche Lieder voller Folkinstrumente und kompositorischer Höhenflüge. Düstere Stimmung und musikalische Experimente sind es, was dieses Album auszeichnet.
ø 4.2 / 5 bei 9 Benutzerbewertungen
7 / 10 Punkten

Vorteile

+ Konzept und Stimmung passen
+ Härterer Sound als bisher
+ Mal ganz was Neues

Nachteile

- Leider kein instrumentaler Longplayer vorhanden
- Mal ganz was Neues

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4 Kommentare

  1. Darquise
    18. Januar 2017 bei 17:37 — Antworten

    Es gibt das ganze Instrumental… hab es hier im Regal stehen…

  2. Lars
    1. September 2016 bei 0:54 — Antworten

    Mir ging es auch so, als ich die Singles auf Youtube mir angehört hatte. Ich dachte „Was ist das?!?“, bei Prey dachte ich zuerst an eine Art Amon Amarth und bei Born to be Epic war ich zuerst total perplex als der Flöten-Dubstep einsetzte. Ich war mir sehr unsicher ob ich mir das Album zulegen sollte, da mir die zwei genannten nicht wirklich zugesagt haben.
    Jetzt habe ich mir das Album doch zugelegt und ich bereue es nicht, es ist wirklich gut gelungen, das Gesamtkonzept hört sich sehr gut an. (Und ich muss zugeben mittlerweile ist Born to be Epic mit dem Flöten-Dubstep der Ohrwurm schlechthin den ich immer wieder habe)

  3. Commander Earth
    20. August 2016 bei 12:14 — Antworten

    Gutes Review! Hebt sich in meinen Augen positiv von den restlichen Reviews ab die zu diesem Album so herum geistern. Sprich nicht nur holes Phrasendreschen sondern wirkliches Eingehen auf die Songs und vor allem das Gesamtkonzept!
    Darüber hinaus scheinst du eine ähnliche Einstellung zu Equilibrium zu haben wie ich, wodurch die ganze Chose noch ein bisschen relevanter für mich wird. Danke!
    Mich würde an der Stelle noch die allgemeine Einstellung zur Verwendung der Stimme der Junior-Robsin interessieren. Ich fand das bereits auf dem letzten Album nicht sonderlich gut eingesetzt und auch bei „Eternal Destination“ gefällt mir das nicht so recht. Ich will damit nicht sagen, dass das Mädel es schlecht gemacht hat sondern viel mehr, dass man das als Equilibrium besser machen hätte können (Betonung etc.). Bin mir sicher sie hätte das passender hin bekommen.

  4. Max
    20. August 2016 bei 11:31 — Antworten

    Born to be epic und Prey fand ich anfangs auch irgendwie gewöhnungsbedürftig. Haben aber irgendwie doch so ihren Reiz. Und ganz ehrlich keiner will 100 mal das selbe Album. Außer vielleicht die Sagas Fanboys die das Internet verseuchen aber die sind ja eh vollkommen zurückgeblieben. ^^ Auf jedenfall guter Artikel spiegelt so ziemlich auch meine Meinung zu Equilibrium wieder. Ich hoffe die ziehen die Nummer auch weiterhin durch und lassen sich von dem ganzen „nach sagas war alles doof“ geschwurbel nicht beeinflussen.

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