Wenn Nerds Metal machen – SKELETOON
SKELETOON – Ticking Clock
Veröffentlichungsdatum: 03.03.2017
Dauer: 36 Min.
Label: Revalve Records
Genre: Power Metal
Metal und Nerds gehören doch irgendwie zusammen, oder? Was liegt denn da näher, als sich einfach in seinem Stil der Geek-Kultur zu verschreiben? Und warum machen wir das nicht einfach noch zusätzlich unglaublich fröhlich? Das haben sich vermutlich die Jungs von SKELETOON gedacht, als sie ihr neuestes Album schrieben. Es wird ein fröhlicher Power-Metal-Stil versprochen, der eine Hommage an die Freunde von Videospielen, Comics und Co. darstellen soll. Doch kann das überzeugen?
Ja sind wir denn hier bei FREEDOM CALL?
Das Intro klingt zumindest sehr nach Nerdtum. Wir hören diverse Hits der 80er und 90er, wie zum Beispiel dem Ghostbusters-Theme. Doch dann legen auf einmal die Gitarren los. Die Melodie des ersten Songs „Dreamland“ frisst sich sofort im Ohr fest und tatsächlich klingt das Lied so, als würde man es am besten an einem sonnigen Sommertag im Auto auf dem Weg in den Freizeitpark hören. In Verbindung mit der Stimme des Sängers Tomi Fooler hat das fast schon etwas vom neuen FREEDOM CALL-Album.
Die wohl größte Überraschung folgt dann schon im zweiten Lied „Drowning Sleep“. Irgendwie kommt mir die Stimme des Sängers in der zweiten Strophe so bekannt vor. Ist das etwa … Ja! Wir hören Jonne Järvelä der finnischen Folk-Metaller KORPIKLAANI! Eine schon jetzt willkommene Abwechslung zur vergleichsweise sehr hohen Gesangsstimme im Rest. Danach fühlt man sich wieder wie bei FREEDOM CALL, denn mit „Night Ain’t Over“ wird wieder fröhliche Kost mit Ohrwurmpotenzial geliefert.
Aber worum gehts denn eigentlich in „Ticking Clock“? Auch wenn die Italiener ihren Stil als Nerd-Metal bezeichnen, geht es hier eher weniger um Videospiele, Comics und Co., obwohl der Anfang dies vermuten lässt. In ihrem mittlerweile zweiten Werk geht es vielmehr um Traumwelten, was man dort alles tun kann und wie langweilig das Wach-Sein eigentlich sein kann. „Schlaf ist super! Dort kann man spaßige Dinge tun, über die Vergangenheit nachdenken und so weiter!“ – So fühlt sich der Aussagekern an. Ach ja: Und dann geht es hin und wieder zusätzlich darum, wie es ist, erwachsen zu werden. Um aber doch noch ein wenig die Kurve zur Nerd-Schiene zu kriegen, gibt es hier und da noch ein paar Einwürfe zu Zeitreise und Timelords aus der BBC-Serie „Doctor Who“.
So geht Abwechslungsreichtum!
Nach ein paar schnelleren, fröhlichen Titeln und einem etwas ruhigeren Abschnitt folgt nun die obligatorische Ballade. Das Klangbild wird in „Watch Over Me“ von einem Piano und Streichern geprägt. Einerseits wird hier zum Schwelgen in Erinnerungen eingeladen und gleichzeitig fühle ich mich, als würde ich gleich schlafen wollen. Komische Mischung. Aber keine Sorge: Bei den zwei Folgeliedern wird man direkt aus seiner Schlafstimmung herausgezogen, welche mit thrashigen Gitarren und hohen Tempi für ordentlich Action sorgen. Doch mittlerweile, nach rund zwei Dritteln, geht mir die Stimme von Tomi Fooler etwas auf die Nerven. Zu hoch, zu schrill, zu nervig. Darüber können auch die gut eingespielten Soli nicht wirklich hinwegtrösten.
Kurz vor Schluss bekommen wir dann nochmal etwas ruhigere Kost mit Akustikgitarren, die Lagerfeuerstimmung verbreiten – und es wird nicht so schrill gesungen! Meine Ohren bedanken sich dann doch ein wenig. Den Abschluss macht dann „The Awakening“. In den ersten Riffs fühle ich mich fast schon wie bei HÄMATOM, nur um dann in Richtung MEGADETH geworfen zu werden. Nach dem Intro finden SKELETOON aber dann doch wieder zum eigenen Stil zurück. Gut, es ist nicht mehr so fröhlich, aber dennoch markant. Nach knapp unter elf Minuten werden wir dann endgültig aus dem Album entlassen.
Doch was bleibt zurück? Naja, eigentlich nicht viel. „Ticking Clock“ ist ein kurzweiliges Erlebnis, das für den Moment des Hörens unterhält, aber nicht weiter nachhallt. Es geht um die Freude im Moment und viel weniger um das Anregen zum Nachdenken. Wieso denn eigentlich? Das Thema wäre doch eigentlich sehr passend gewesen – und wer sagt denn, dass Power Metal nicht fröhlich und tiefgründig zugleich sein kann?
Bilder mit freundlicher Genehmigung von SKELETOON
SKELETOONS offizielle Website
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Autorenbewertung
Vorteile
+ hohes Können der Bandmitglieder und hervorragende Gastauftritte
+ sehr abwechslungsreich
Nachteile
- Thema könnte intensiver ausgearbeitet werden
- fühlt sich streckenweise wie ein FREEDOM CALL-Klon an
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1 Kommentar
Das überrascht mich jetzt, ich dachte bei der Überschrift eher an eine Metal-Version von Nerdcore (Kostprobe: »Websiiite« von »Tracky Birthday«) als an Gute-Laune-Power Metal. Wie auch immer, mir gefällt’s und wenn sie an den angeführten Kritikpunkte arbeiten, könnte Skeletoon ein echter Geheimtipp werden. Das »klingt wie Freedom Call« geht mit Sicherheit auch noch weg, wenn die Jungs erst mal ein paar zusätzliche Alben herausgebracht haben (Lich King haben auch einen eigenen Stil, obwohl sie lt. Selbstbeschreibung keinen haben wollten 😉 ).