Wirklich?

Ich höre Metal, seit ich 12 bin. Ist inzwischen schon ein paar Jahre her. Damit habe ich auch eigentlich nie wirklich ein Problem gehabt. In der Schule hat mir das geholfen, irgendwo zumindest ein bisschen Anschluss zu finden, und seit meine Eltern die Kuscheldokus über Wacken kennen, finden sie sich zumindest ein wenig damit ab, dass Jazz nicht die einzige Musik in meinem Leben ist. Puh.

Trotzdem. Nur, weil man schon lange bei etwas dabei ist, muss man ja nicht jegliche Distanz dazu verlieren. Ehrlich gesagt, es gibt Zeiten, da mache ich diese Musik an, und es tut sich gar nichts. Ich frage mich eigentlich nur „was zur Hölle soll das“. Und das ist dann kein „wow krass, die sind ja fies und böse drauf“-„was zur Hölle soll das“, sondern eher ein „wirklich? Ihr seid Erwachsen!“-„was zur Hölle soll das“. Und nein, damit meine ich nicht STEEL PANTHER oder GWAR. Da erkennt es wirklich jeder mit Ausrufezeichen, was die da wollen.

Das zieht sich auch queer Beet. Das sind nicht mal so extreme irgendwas-Death-Bands, die alles komplett übersteuern und noch alberne Texte dazu ins Booklet legen. Das sind genauso Core- und Black-Metal-Bands. Das ist auch nicht „ok, sie gehen zum vierten mal in ihre Teeniezeit des Aufbegehrens“ oder so, sondern schon wirklich ganz durch, wie die Bands sich präsentieren. Pandas, Masken, Caps, umgedrehte Kreuze am Kettchen. Und immer die selben stereotypen Geschichten, Themen und Bilder, die in den Songs bedient werden. Klar, hängt alles zusammen, aber geht da nicht noch mehr?

Ja, das ist wahrscheinlich irgendwo mimimi und keine Ahnung von der Materie, aber mal echt. Wo hört Kult auf und wo verschlackt das Ganze nur noch? Ich habe nichts gegen irgendeine Strömung im Metal. Ich finde Gylve „Fenriz“ Nagell von DARKTHRONE eine echt krasse und seriöse Persönlichkeit, der viel zu sagen hat. Oder auch Zack de la Rocha oder Serj Tankian, die natürlich einen politischen Background in ihre Bands bringen. Und ja, natürlich, bitte bitte, auch Metal soll natürlich Spaß machen und ist nicht nur für verkopftes Publikum da, das bierernst bleibt und emotionslos vor der Bühne dahin dämmert. Das meine ich damit nicht. DIE ÄRTZE sind bis heute irgendwo auf dieser Gradwanderung unterwegs und haben sich irgendwie etabliert (ja ich weiß, allein das ist ein eigenes Streitthema).

Andererseits geht dann auch mal wieder die Musik los und ich denke „geil. Musikalisch toll, klingt wirklich nach was, ist technisch bestimmt auch nicht blöd, kommt auf jeden Fall an“. INSOMNIUM zum Beispiel schaffen das, ich bin mir sicher, da kann jeder eine paar Beispiele an Bands und Musikern bringen.

Und, mal ehrlich, geht es dabei nicht auch gerade darum? Auf Konzerten und Festivals den Alltag mal den Alltag sein zu lassen und einfach eine gute Zeit zu haben? Gerade das macht es doch auch aus, dass sich es unsere Gesellschaft leisten kann, solche Bands zu haben, die gerade so drauf sind und sowas ermöglichen? Man muss nicht immer überall hingehen und sich dabei denken „könnte ich das jetzt auch auf der Arbeit machen“? Eben nicht. So entsteht Kultur. Und dass Wagner musikalisch durchaus mit als Vorreiter des Metal gesehen wird und trotzdem ein irgendwie anderes Publikum nach Bayreuth kommt als nach Wacken kommt (und ja, eine gewisse Schnittmenge mag es wohl trotzdem geben, ihr wisst, was ich meine), kann man diskutieren. Genauso bezeichnen manche Bach als den ersten Jazzer.

Ds hängt jetzt auch nicht damit zusammen, dass es wegen der Pandemie länger keine Konzerte mehr gab. Eigentlich merke ich seit dem Studium, dass ich hin und her wechsele. Teilweise bin ich noch drin in dem Vibe und merke, wieso das alles wirkt, wie die Leute aus der Szene drauf sind und was das verbindende Element dabei ist. Und manchmal denke ich nur „Wirklich? Ihr gebt euch gefährlich klingende Namen und singt irgendwas, wobei man sich immer entscheiden kann, ob man es albern findet oder einfach nur langweilig repetitiv, seit Jahren derselbe Quatsch über irgendwas“. Das ist eigentlich schade, aber wahrscheinlich auch normal. Kennt ihr sowas auch? Sich mit Musik auseinanderzusetzen und dabei nicht immer komplett reflektiert alles einzuordnen, sondern auch den emotionalen Eindruck mit hineinzunehmen, muss ja vielleicht auch sein. Man sollte nur trotzdem auf dem Boden bleiben und am Ende wissen, wie man es einordnet und es nicht überdramatisieren.

So far, alles Gute, ich hoffe, wir sehen uns wieder mal auf Konzerten. Rock on!

 


Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
Die mobile Version verlassen