Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über
Wolfszeit 2018 – Teil 2 – Im Schafspelz
Huch! Donnerstag und Freitag auf dem Wolfszeit sind dir durch die Lappen gegangen? HIER findest du den ersten Teil unseres Nachberichtes.
Samstag: So schwarz wie meine Seele
Über Nacht hat sich der Regen zum Glück ein wenig beruhigt. Die erste Band des Tages darf also heute schon fast wieder im Trockenen spielen – vorerst. Das sind ENISUM, eine klasse Ambient Black Metal-Truppe aus Italien. Wer ENISUM kennt, weiß, dass man von den Jungs eigentlich immer Höchstleistungen erwarten darf. So auch dieses Mal: Zwischen atmosphärische Einspieler quetschen sich treibende Gitarrenriffs, tiefe Growls und markerschütternde Schreie von Sänger Marcello sowie tiefgehende Cleangitarrenparts mit jeder Menge Wah Wah und Hall. Ein schöner Auftritt, der die vom Vorabend noch leicht lädierten Synapsen sofort wieder auf Trab bringt und wirkt ein dampfender schwarzer Kaffee zum Frühstück.
Sophia: Mit Black Metal geht es los, mit Black Metal geht es weiter: Die nächste eher unbekanntere Band haut ziemlich viele Leute auch im prasselnden Regen von den Socken und zieht sie vor die Bühne. Die Rede ist von FARSOT. Die Thüringer stehen standardmäßig in tristem Schwarz auf der Bühne und außer beim Sänger kommt in Sachen Bühnenshow leider nicht wirklich was rum. Davon abgesehen ist die musikalische Leistung der Truppe ausgezeichnet und auch die Soundmänner scheinen ordentlich ausgeschlafen zu sein: Über das gesamte Infield sind alle Facetten des Sounds super zu hören. Indoor und auf der Platte gefallen mir FARSOT zwar besser, aber das ist wohl Geschmacksfrage.
Geigen raus, jetzt wird gefidelt!
Ich habe mich wirklich, wirklich doll auf ODROERIR gefreut, aber leider habe ich es nicht geschafft, den ganzen Auftritt durchzuhalten. Wieso? Die Folk Metal-Band mit sechs Mikros und vielen verschiedenen Instrumenten hat die Leute am Sound offensichtlich vollkommen überfordert. Der Gesang übersteuert unheimlich, ist teilweise dann wieder wesentlich leiser als die Instrumente und bei mehrstimmigem Gesang verschwimmt sowieso alles in einer Masse.
Leider können sich die Leute auf der Bühne daher auch kaum bewegen, da bei jeder Gelegenheit sofort irgendwas surrt und summt. An sich ist die Leistung die Band sonst aber wirklich gut und sie halten die ganze Show über tapfer durch. Vor allem die Stimme der WALDTRAENE-Sängerin Babett harmoniert großartig mit der Musik und auch das Geigenspiel fügt sich super in die Atmosphäre. Bei einer Band, die sich so auf Gesang konzentriert, sollte das aber insgesamt nicht so ablaufen.
Wesentlich besser ist der Sound dann wieder bei GERNOTSHAGEN. Mit schnellen Drums und viel Publikumsinteraktion können die Pagan Metaller aus Thüringen sofort überzeugen. Zu hören gibt es neben „Schlachtenbruder“ und „Freyas Schoß“ auch den neuen Song „Zyklus Tod“, zu dem die Band auch ein Video auf Youtube hochgeladen hat. Die Bandmitglieder fühlen sich sichtlich wohl auf der guten, alten Wolfszeit-Bühne und auch der noch recht frische Gitarrist Roman liefert ein ordentliches Brett ab.
Sänger Askan legt als i-Tüpfelchen noch zirkusreife Klettereinlagen auf den Bassboxen und zwischen den Securitys hin, dass man auf jeden Fall gut unterhalten wird – völlig egal, ob man jetzt ein großer GERNOTSHAGEN-Fan ist, oder nicht. Für genügend Promotion sorgen sie hier für ihr kommendes Album auf jeden Fall. Auch die eingefleischten Fans sind mehr als glücklich und die Atmosphäre ist mitunter auch sehr entspannt und nachdenklich. Aber keine Angst – die Party ist schon im Anmarsch!
Endspurt: Gute Laune im Doppelpack
Denn wenn es eine Truppe gibt, die weiß, wie man feiert, dann ist das BLACK MESSIAH! Hier werden alle Klassiker ausgepackt, von „Söldnerschwein“ über „Wildsau“ bis hin zum „Sauflied“. Alles, um die Leute zum Feiern zu bringen – und das klappt wie immer großartig. BLACK MESSIAH waren ja nun schon öfter mal auf dem Wolfszeit und genau dasselbe schöne, alte Gefühl stellt sich auch heute wieder ein: Alte Bekannte wiedertreffen und einfach nur Spaß haben und laut mitsingen. Dazu gibt es wie immer hochkarätiges Geigen- und Flötenspiel auf die Ohren. Einfach eine Band, auf die man sich verlassen und mit der man auch immer nett quatschen kann. Top!
In diese gute Stimmung steigen WINTERSUN natürlich liebend gerne ein. Es geht gerade los, schon stürmen die Massen nach vorn. Das wirkt schon ziemlich überwältigend, so eine große Band auf dem kleinen Wolfszeit. Der Sound und die Lichtshow sind einfach übertrieben gut, damit darf man aber auch rechnen, wenn man die eigenen Techniker mit einfliegen lässt. Mit Hits aus allen Alben bringen WINTERSUN das überwältigte Publikum zum leidenschaftlichen Mitgrölen.
Überraschend: Die erste Reihe füllt sich fast ausschließlich mit einem durchweg sehr jungen Publikum. Scheinbar sprechen WINTERSUN vor allem auch die Nachwuchsgeneration der Szene an – das macht viel Hoffnung auf die Zukunft! Und wenngleich es mittlerweile bitterkalt auf dem Gelände geworden ist, stehen die Finnen ungerührt von ihren Ventilatoren und lassen sich episch das Haar aus dem Gesicht blasen – die sind die Kälte vielleicht auch einfach gewohnt.
Eben ganz typisch gibt es von den Jungs einen für alle Fans epischen Wechsel zwischen langsamen und schnellen Titeln, so zum Beispiel „Winter Madness“ und „Land Of Snow and Sorrow“. Hauptsächlich wird aber natürlich die letzte Scheibe „The Forest Seasons“ präsentiert.
Sibirische Kälte und Norwegischer Kvlt
Steffi: Wer dachte, dass das Wetter am Freitag ziemlich beschissen war, der wünscht es sich am Samstag zurück. Klirrende Kälte umfängt die Masse, die jetzt noch gespannt auf den legendären Festival-Abschlussgig wartet: ABBATH. Muss ich dazu noch irgendwas erklären? Lediglich die Formation um den guten Herrn Abbath hat sich verändert, ansonsten gibt es starken Black Metal mit brechenden Riffs und eben einen leicht gealterten Herrn Abbath, der aber scheinbar in den besten Jahren seiner Bühnenkondition ist.
In auffälligen nietenüberladenen und lederbeschlagenen Bühnenoutfits und dem charakteristischen Sanduhren-Makeup zeigt er, dass er sich den Legendentitel mehr als verdient hat und das Wolfszeit-Publikum huldigt den schnellen, feurigen Riffs und dem gnadenlosen Schlagwerk in Songs wie „Fenrir Hunts“. Am Ende werden alle glücklich in die letzte, wohl eher bitterkalte Nacht entlassen. Glück dem, der im Wohnwagen schläft – bei den Temperaturen auf der Luftmatratze im Zelt zu zittern, macht wirklich keinen Spaß.
Schon vorbei? – Fazit
Steffi: Was für ein würdiger Abschluss der Open Air-Saison! Ganze 15 Stück waren es für mich dieses Jahr, und dieser Reihe eine so erhabene Krone aufzusetzen, ist auf jeden Fall nicht selbstverständlich. Obwohl ich gebürtige Thüringerin bin, war dieses Wolfszeit mein erstes – und ich kann mich wirklich nicht beklagen, die anstrengende Reise mit Bahn, Bus und zu Fuß auf mich genommen zu haben. Für alle, die mit den Öffis bis nach Crispendorf trullern, wären natürlich ein oder zwei Shuttlefahrzeuge am Donnerstag eine Erlösung.
Auch die „Aftershowpartys“ sollten sich eigentlich nicht solche schimpfen dürfen. Dann bitte wenigstens das ganze Festival über einen trockenen, warmen Raum zur Verfügung stellen (das war nämlich zum Ende hin nicht mehr der Fall) und bitte entscheiden: Soll man nun tanzen, oder mit seinem Freunden bei eins, zwei, drölf Bierchen schön schnackend den Abend ausklingen lassen? Denn weder das eine, noch das andere ging. Zum Quatschen war die Musik zu laut und zum Tanzen die Neonröhren-Speisesaal-Atmosphäre zu doof.
Ansonsten: Bandauswahl und Sound waren fast ausnahmslos top, da gibt es nichts zu meckern. Ein wichtiger Punkt bleibt die Einweisung der Fahrzeuge. Rettungsgasse war nämlich Fehlanzeige, sodass sich ein Rettungswagen nur mit mehrminütigen Zeitverlusten und unter großen Manövrierproblemen seinen Weg über das Campinggelände bahnen konnte. Das sollte ein Muss auf jeder öffentlichen Veranstaltung sein!
Hoffentlich klappt das nächstes Jahr besser, da bin ich auf jeden Fall wieder am Start.
Schon Pläne für 2019?
Sophia: Insgesamt hat sich das Wolfszeit-Festival in diesem Jahr ziemlich verändert hat – im positiven Sinne! Auch viele kleinere Bands hatten die Chance, sich dem Publikum zu präsentieren und die limitierten Wolfszeit-Hörner waren genauso schnell weg wie die Zaunbanner. Beides kann man mit den gesammelten Getränkekarten gewinnen, mit denen auf dem Infield bezahlt werden kann. Im Übrigen würde ich jedem ans Herz legen, eher viele „kleine“ Getränkekarten zu kaufen, dann ist man nicht sofort am Arsch, falls man eine verliert. Nein, ist zum Glück nicht mir passiert.
Das Wolfszeit findet ihr auf Facebook und im Netz.
Tickets gibt es HIER.
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über