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Abduction stellen meine Geduld auf die Probe
ABDUCTION – Une Ombre Régit Les Ombres
Veröffentlichungsdatum: 28.10.2016
Dauer: 54:14 Min.
Label: Finisterian Dead End
Stil: Black Metal
Das französische Bands gerne mal zu außergewöhnlichen Songstrukturen oder seltsamen Textkonzepten greifen, dürfte dem einen oder anderen bekannt sein. Wenn ich also bei der Bandbeschreibung Begriffe wie „Black Metal“ und „Frankreich“ lese, werde ich gerne mal hellhörig. ABDUCTION spielen keinen schrägen und perversen Metal wie so manches Ungetüm aus ihren Landen, jedoch legen sie viel Wert darauf, den Hörer auf eine Reise mitzunehmen. Da müsst ihr euch also die Ruhe und Zeit nehmen, denn kein Song ist unter 8 Minuten lang. Den Anfang macht „Napthalia“ mit fast einer Viertelstunde Spielzeit. Ziemlich gewagt, allerdings gefällt mir dieser Ansatz, immerhin trennt sich hier gleich die Spreu vom Weizen, was die Geduld anbelangt.
Ohne Umschweife (und leider für Black Metal heute klischeehaft) beginnt der Song mit Blastbeat und tollem Klampfensound. Aber die Jungs aus Versailles nehmen immer wieder mit ruhigen und typisch französischen Melodien den Wind aus ihren Segeln. Ich fahre ja auch nicht den ganzen Tag im sechsten Gang mit meinem Auto herum. Nach knapp 3 Minuten ertönt Klargesang, der dem ganzen einen heldenhaften Charakter verleiht. Das bleibt aber nur kurz aktuell, es ist mal wieder Zeit, mit bedächtiger Saitenarbeit den nächsten Part vorzubereiten. Und der hat es in sich. Mit bulliger Doublebass und schön geschredderten Riffs entwickelt sich etwas Individuelles, was ich so selten im Black Metal gehört habe. Aber nach knapp 30 Sekunden ist schon wieder Ruhe im Karton.
Kruzifix! Könnt ihr nicht wenigstens ein Mal in einer Stimmungslage verharren?
Anscheinend nicht, aber wenigstens geht es mit Aggression wieder voran. Sagte ich, dass es endlich wieder voran geht? Entschuldigt Leute, aber 40 Sekunden später macht ihr schon wieder einen auf nachdenklich und introvertiert. Das strengt mich doch mehr an als gedacht. Immerhin überzeugt das Gesamtbild mit seinem guten Klang und doch irgendwie jederzeit passenden Tonfolgen. Lediglich Snare und Fußmaschine klingen die ganze Stunde nach Computerverschnitt.
Die heilige Chimäre
Unheilvoll und bedeutungsschwanger fängt „Sainte Chimère“ nach kurzer Zeit an, den Hammer zu schwingen, allerdings hat wohl jemand in den lauten Momenten den Bass leise gedreht. Das klingt sehr seltsam. Trotz tatsächlich angenehm gesungenen Passagen, die keineswegs leiernd oder windschief vorgetragen werden, trübt wieder einmal das Schlagzeug mit seiner Plastikkulisse den bisherigen Eindruck. Kein Problem! Es folgen ja noch 5 Minuten. Erneut schwelgen die Instrumente in verträumter Manier vor sich hin. Naja, mittlerweile bin ich es ja gewohnt. Die Art und Weise hingegen, wie ABDUCTION mich aus dem Halbschlaf reißen, ist dermaßen hektisch (die Snare läuft Amok!), dass ich zum ersten Mal seit langer Zeit der Versuchung widerstehen muss, auf Pause zu drücken. Da hilft auch die dargebotene Dramatik nicht, welche aus jeder Note schreit. Schade!
Bitte verschafft euch HIER den Ersteindruck
Frost auf den Wipfeln
Jetzt kommt meiner Meinung nach der beste Song vom Album. Tatsächlich könnte „Les frissons des cimes“ auch auf einem HELRUNAR-Album stehen. Hier schaffen es die 4 Musiker dem Namen des Titels (auf Deutsch etwa: „Der Frost vor den Wipfeln“) gerecht zu werden und hindern meinen nervösen Zeigefinger daran, die Zwangspause einzuläuten. Das ausholende Dauerfeuer der Rhythmusfraktion ist hier wahrlich ein Schmaus für mich.
Im Titelstück „Une ombre régit les ombres“ sorgen die Toms für einen abwechslungsreichen Farbtupfer, der abermals nach kurzer Zeitspanne endet und fulminant in einen nach vorne preschenden Takt übergeht. Allerdings sinkt mittlerweile meine Konzentration wieder nach unten. Könnte auch an dem für mich unpassenden Abschnitt (circa 1:45 min.) danach liegen. Das hört sich nämlich nach „reinkopiert“ an. Nach diesem Ausrutscher bleibt zwar der Stressfaktor bezüglich des Schlagzeugs hoch, obgleich die restlichen Musiker mit packenden Riffs dagegen ankämpfen.
Die längsten 9 Minuten meines Lebens
Kann es für eine Band ein schlimmeres Urteil geben als:
„Wann ist es endlich vorbei?“
Wohl kaum. Ich bin von der knappen Stunde geplättet und sehr dankbar, dass die Scheibe mit gezupften Akustikgitarren ausklingt. Insgesamt überzeugen mich die leisen Töne mehr, aber das liegt wohl auch daran, dass kein Drumming zu hören ist.
ABDUCTION online
Autorenbewertung
Vorteile
+ cleaner Gesang, der nicht schief oder kraftlos klingt
Nachteile
- zu lange Songs
- zu viele Wechsel zwischen hartem Gedresche und ruhigem Material
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