DEZ DARE: der ewige Kampf um das Universum

DEZ DARE – „PERSEUS WAR“

Veröffentlichungsdatum: 17. März 2023
Label: CH!MP
Länge: 35:45
Genre: Garage Rock / Noise Punk

Darren Smallman ist in Geelong, im Südosten Australiens aufgewachsen. Dort engagierte sich Smallman seit 1990 in der lokalen Punkszene, spielte in Bands wie THEE VINYL CREATURES oder WARPED. Auch abseits der Bühne war er fest im Indie Business verankert und war unter anderem Mitbegründer des Labels Low Transit Industries. Im Jahr 2010 siedelte Darren Smallman nach England über und suchte sich seine neue Heimat am Ärmelkanal in Brighton. Der Wechsel der Erdhalbkugel ließ Smallman keineswegs kürzer treten, und so gründete er in Brighton das Label Battle Worldwide und ist auch hier selbst musikalisch aktiv. Als Solokünstler ist er unter dem Pseudonym DEZ DARE unterwegs und hat nun mit „Perseus War“ sein drittes Album veröffentlicht. Die vorigen Releases waren „Hairline Ego Trip“ im Mai 2021 und „Ulysses Trash“ im August 2022.

Aus Lethargie gebar Kreativität

Sein zweites Album „Ulysses Trash“ widmete DEZ DARE der Tatenlosigkeit. Der musikalische Aufruf zum Nichtstun wurde in der Musikpresse hoch gelobt und DEZ DARE wollte eine Begleit-EP produzieren, die das Narrativ des Langspielers weiterdenkt. Doch statt einer Fortführung des prokrastinatorischen Gedankens sprudelte der Wahl-Engländer plötzlich vor Ideen. So entstand Riff um Riff, Text um Text, und innerhalb von vier Wochen waren zehn Songs für ein neues Album bereit.

Nachdem „Ulysses Trash“ also eine Odensammlung an die Untätigkeit war, widmet sich „Perseus War“ deutlich größeren Gedankenspielen. Hier wird folglich über die Zufriedenheit des vorigen Albums hinausgedacht. Dementsprechend beleuchtet DEZ DARE nun ein größeres Bild. Dabei geht es um das Universum als Ganzes, aber auch um alles, was sich darin abspielt, und um den ewig andauernden Kampf um’s Überleben, der in jedem Moment neu ausgetragen wird. Schönheit und Zerstörung stehen sich gegenüber und finden sich in jeder Aktion wieder, die in dieser dystopischen Realität stattfindet.

Clowns, Retter*innen und Kriegstreiber*innen

„Perseus War“ beginnt mit dem geradeaus schießenden Song „Bozo“, der vom Schicksal des Clowns berichtet, bevor in „Perseus #1985“ das Tempo etwas rausgenommen wird. Dem zweiten Titel fehlt es aber keineswegs an Kraft. Die intertextuelle Referenz bezieht sich auf das Lied „1.9.8.5“ vom vorigen Album „Ulysses Trash“, allerdings ist der neue Song deutlich düsterer – sowohl musikalisch, als auch inhaltlich. „Perseus #1985“ handelt von den selbsternannten Retter*innen der Menschheit, die auch immer gleichzeitig Kriegstreiber*innen oder Despot*innen sind. So war es, so ist es, und so scheint es zu bleiben.

Inhaltlich geht es auf ähnlichen Pfaden weiter, wenn DEZ DARE im melodischen Punk Rock Song „Myopic Tropic“ mit den Machenschaften der Politik abrechnet und im Fuzz-Gewitter „Bloodbath-On-HI“ über die menschlische Eigenschaft der gegenseitigen Zerstörung sinniert. Verzweifelnd kreidet DEZ DARE an, dass auch nach etlichen untergegangenen Zivilisationen nur ein minimaler Lerneffekt seitens der Menschheit zu erkennen ist. Das gilt auch für Wandel in jeglicher Hinsicht, wie im mächtig nach vorne rollenden „A Chimp, A Tricycle, New World Order“ gezeigt wird. Zwischen mächtigem Noise Rock und einem Monster von Riff äußert DEZ DARE sein Unverständnis über die Angst vor Veränderung in vielen Bereichen unseres Lebens. Dabei richtet sich der Künstler vor allem an Leute, die hinter jeder progressiven Idee, oder jeder Selbstverwirklichung den Untergang der Welt sehen.

Wir sind Sklaven unserer Entscheidungen

Hinter dem schönen Titel „I know why you cry at Adam Sandler Films“ steckt ein mächtiger Synthwave Song mit Mitsingrefrain und einer tiefen Würdigung der Nonkonformität. Direkt danach eröffnet sich ein tiefes Loch aus Fuzz und Noise aus dessen Tiefen DEZ DARE einen Zusammenbruch aus Sicht einer Person mit Autismus beschreibt. „OUCH!“ wechselt dahingehend wellenförmig zwischen Fokus und Kollaps, bevor der dumpfe Klang in das stampfende „My Heels + My Toes, My Lies + My Nose“ übergeht. Wie in Trance bewegt sich der finstere Klang durch die von Äußerlichkeiten gesteuerte Relität der Möchtegernpromis.

Deutlich losgelöster ist die Klangwelt demgegenüber im vorletzten Lied „BEACH!“, welches DEZ DARE dem Strand seiner Wahlheimat Brighton gewidmet hat. Nachdem die letzten sonnigen Klänge verhallt sind, gibt es zum Ende nochmal ein philosophisches Fazit zu den Gedanken über Leben, Universum und den ganzen Rest. Synthwave, Noise und energetischer Garage Rock treffen im längsten Stück des Albums aufeinander, wenn DEZ DARE konstatiert, dass wir nicht frei sind – nie. Ein Refrain, der etwas an ART BRUT erinnert setzt sich von den KRAFTWERK-Vibes der Strophe ab, und so findet dieses wirklich großartige Album sein würdiges Finale mit „STOP. STOP. STOP. TALKING.“.

Foto: Ernest Protasiewicz

Der Kampf geht weiter

Im Vergleich zu den beiden bisherigen Alben ist „Perseus War“ deutlich düsterer geworden, ist aber gleichermaßen stärker und mitreißender ausgefallen. Die Vielfältigkeit dieses Albums offenbart sich in sämtlichen Dimensionen. Vom finsteren Humor, mit dem DEZ DARE Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft menschlicher Dummheit betrachtet, zur dennoch hoffnungsvollen Agitation in Richtung Verbesserung ist alles dabei. Auch musikalisch gibt es natürlich vordergründig die breitschultrige Präsentation aus Fuzz, Punk, Garage Rock und Noise. Zwischen den Tönen und vor allem im Hintergrund aber spielt sich eine bunte Vielfalt aus klassischen, cinematischen und jazzigen Klängen ab, die das gesamte Klangbild komplettieren. Und somit entsteht eine 36-minütige Darbietung guter Unterhaltung und tiefgründiger Überlegungen.

bandcamp Profil von DEZ DARE

Das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Creative Eclipse PR zur Verfügung gestellt. „Perseus War“ wurde von Darren Smallman geschrieben, produziert und aufgenommen. Das Mastering wurde von Greg Obis beim Chicago Mastering Service durchgeführt. Das Cover Artwork stammt von MalMall.

Autorenbewertung

9
Es ist ein finsteres Universum, in dem wir leben und so ist auch dieses Album voller Lärm und Dunkelheit. DEZ DARE's dritte Langspielplatte ist wahrlich eine schöne Darstellung unserer Relität
ø 4.5 / 5 bei 1 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ deutlich weiterentwickelter Dez Dare-Sound
+ viele schöne Details
+ Album ist im Fluss

Nachteile

- gelegentlich hätte etwas weniger Fuzz und Noise der Vielfalt gut getan

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