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Die Zeit heilt einen Scheiß – LÒDZ
LÒDZ – Time Doesn’t Heal Anything
Veröffentlichungsdatum: 17.03.2017
Dauer: 50:58 Min.
Label: Klonosphere/Season Of Mist
Stil: Post Rock/Post Metal/Atmospheric Metal
Lodz oder Lyon, Hauptsache Italien! Hä? Erstmal 5 Euro ins Phrasenschwein, dann bringe ich euch die Band LÒDZ näher, die wie eine polnische Stadt heißt. Obwohl sie aus Frankreich stammt. Was natürlich nichts bedeuten muss, schließlich kommen RUSSIAN CIRCLES auch aus den USA. Okay, Hirn, Schluss mit Assoziationskirmes, hier geht es um die Scheibe „Time Doesn’t Heal Anything“! Und die ist echt gut.
MUSIK TOP, GESANG …?
„Negligence“ eröffnet das Album melodisch und druckvoll, bevor gefühlvolle Clean-Passagen in den Song fließen. Musikalisch erste Sahne. Nur holt mich der Klargesang im Refrain nicht so richtig ab. Irgendwie klingt das schief, oder zumindest recht gewöhnungsbedürftig. Und natürlich fällt sowas gerade an dieser prominenten Stelle eher unschön ins Gewicht. Ich erinnere mich, wie ich das erste Mal Petter Carlsen als neuen Sänger von LONG DISTANCE CALLING hörte. Auch hier brauchte der Gesang eine Weile, um mich komplett für sich einzunehmen – was er inzwischen geschafft hat. Bei LÒDZ kämpfe ich noch mit mir.
Die Screams auf dem Album klingen hingegen astrein. Sie brechen nicht zu krass nach oben hin aus, sondern bleiben in einer angenehm mittleren Tonlage, irgendwo unterhalb von ALCEST. Dadurch unterstützen sie wunderbar die druckvollen Ausbrüche, die sich immer wieder mit ruhigen, stimmungsvollen Passagen abwechseln.
Eine solche finden wir zu Beginn des Titeltracks „Time Doesn’t Heal Anything“. Post-Rock-Fans dürften sich an RED SPAROWES oder THIS WILL DESTROY YOU erinnert fühlen. Im Mittelteil senden schließlich GOD IS AN ASTRONAUT ein paar Einflüsse aus dem Genre-Olymp herunter. Zuvor crasht jedoch nach 30 Sekunden die E-Gitarre mit voller Wucht das fragile Klangkonstrukt und lenkt den Song in düster-metallische Bahnen. Und trotz des ihnen innewohnenden Schwermuts Marke KATATONIA, steigen die Songs niemals so tief in den Abgrund des Doom Metals hinab, wie dies zum Beispiel SWALLOW THE SUN tun. (Das Video ist übrigens auch sehr sehenswert!)
AUF DÜNNEM EIS
„The Sound Of Deceit“ bietet einen sehr interessanten, lauernden Mittelteil, aus dem die Instrumente erneut mit voller Wucht herausbrechen. Durch solche Kontraste gestalten LÒDZ die insgesamt über sieben Minuten Spielzeit äußerst abwechslungsreich und spannend, ohne den Song künstlich in die Länge zu ziehen.
Da der markante Refrain von „Shattered Dreams“ wieder in Klargesang dargeboten wird, bin ich erneut hin- und hergerissen. Letztlich verbleibe ich dem Song dennoch positiv gewogen. „Nothing Else To Do“ bringt mich assoziativ wieder zu einer dunkel gefärbten Version der neueren LONG DISTANCE CALLING zurück. Größtenteils präsentiert sich der Song im Midtempo-Bereich. Ganz anders als „Cataract“, der direkt mit aller verfügbaren Wucht loswalzt. Der dominante Klargesang bewegt sich weiterhin auf dünnem Eis. Dafür ertönen im Chorus Background-Vocals, die mich irgendwie an – Achtung! – BRING ME THE HORIZON erinnern. Einfach mal beim Streaming-Anbieter eures Vertrauens nachhören, dann versteht ihr, was ich meine.
MUSIKALISCHES GEFÜHLSCHAOS
„This Feeling“ startet melancholisch klimpernd, ehe eine markante Basslinie den Song auf Touren bringt. Im Refrain betreten dann GHOST BRIGADE die Bühne. Könnte man zumindest meinen. LÒDZ gehen die Sache jedoch mit etwas weniger Death-Metal-Einschlag an, als ihre finnischen Kollegen.
Schließlich stellt „Everything Is Fine“ mit knapp über acht Minuten Spielzeit den längsten Track des Albums dar. Hat die Zeit also entgegen des Albumtitels zum Ende hin doch die Wunden geheilt? Der sanfte Post-Rock-Beginn des Songs (erneut mit starkem Anklang an GOD IS AN ASTRONAUT) legt dies zumindest nahe. Als dann die Band das volle Brett an wuchtigem Gitarren- und Schlagzeugspiel auffährt, gepaart mit klagendem Lead und kraftvollen Screams, packt mich die Gänsehaut. Verhalten grüßen ALCEST aus dem Nebel. Jedoch glätten sich die Wogen (zu) schnell wieder und die Band groovt (zu) sanft vor sich hin. Diese drei Klangfacetten stehen zunächst in ständigem Wechselspiel miteinander, bis der Härtegrad hinten raus noch mal etwas zunimmt. Und mich schließlich verhaltene Synthies hinausgeleiten. Schöner Abschluss!
LÒDZ bei Bandcamp und Facebook
Autorenbewertung
Vorteile
+ dichte, düstere Grundstimmung
+ druckvolle Gitarren
+ stimmungsvolle Post-Rock-Einschübe
+ gute Screams
Nachteile
- Härtegrad flacht mitunter zu schnell wieder ab
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