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Ein Mikrokosmos der besonderen Art – Euroblast XII (Zweiter Tag / Samstag)
Du hast Tag eins verpasst? Dann geht es hier zum Freitag vom Euroblast XII!
Samstag, 01.10.
„Noch fünf Minuten, Mutti“, sagt der innere Schweinehund. „Halts Maul und steh auf!“, sage ich. Nach Kaffee Nummer eins, zwei und drei kann ich mit der Entscheidung auch einigermaßen leben und mache mich erneut auf den Weg zur Essigfabrik.
Mein Weg führt mich allerdings vorerst nicht zu den Bühnen, denn anderweitige Pflichten rufen. Unter anderem sehr nette Interviews mit VOLA und BLACK CROWN INITIATE.
Wenig später wird es spannend. Eine Premiere steht an, denn die Franzosen von UNEVEN STRUCTURE laden zur Listening-Session ihres kommenden Albums „La Partition“. Das Debütalbum „Februus“ erschien bereits im Jahre 2011 und erhielt damals schon überschwängliche Kritiken. Gemäß dessen warten die Fans bereits seit geraumer Zeit sehnsüchtig auf einen Nachfolger, der nun Anfang 2017 erscheinen soll. Und nach dem, was ich hören durfte, würde ich sagen, dass sich das Warten gelohnt haben sollte. Auch wenn ich Aussagen wie „Wir haben versucht die ruhigen Passagen ruhiger und die harten Passagen härter zu machen“ schon hunderte Male gehört habe: bei „La Partition“ hört man das von der ersten bis zur letzten Sekunde. Dieses Album wird ein dynamischer Leckerbissen! Die meiste Zeit der Listening-Session über habe ich die Augen geschlossen, nicke mit und grinse vor mich hin, denn dieses Album steckt nicht nur voller toller Ideen die spielerisch präzise umgesetzt sind, sondern auch einer ungeheuren Atmosphäre. Hier bauen sich durchdachte Spannungsbögen auf, um dann in bombastisch harten Klimaxen zu kulminieren, von denen manche Post Rock-Bands nur träumen können. Noch gibt es einige kleine Änderungen, die die Band am Album vornehmen will, doch das Gehörte ist bereits jetzt vielversprechend. Das Album wird in drei Kapitel zu je drei Songs gegliedert werden, die Tracklist liest sich wie folgt:
01. Alkaline Throat
02. Brazen Tongue
03. Crystal Teeth
04. Incube
05. Funambule
06. Succube
07. The Bait
08. Our Embrace
09. Your Scent
Die erste Band, die ich heute wirklich sehen kann, ist NE OBLIVISCARIS aus Australien. Bereits letztes Jahr auf dem Summer Breeze war ich sehr davon angetan, wie tight diese Band live arbeitet. Und auch bei diesem Auftritt ist dies nicht ein Quäntchen weniger der Fall. Hier sitzt alles. Jedes einzelne Bandmitglied leistet einen herausragenden Job, der den Sound von NE OBLIVISCARIS zu einem Ergebnis führt, das größer ist, als seine Bestandteile. Völlig zu Recht ist diese Band eine der aufstrebendsten und gefeiertsten der letzten Jahre, was schon der starke Opener „Devour Me, Colossus, Pt. 1 – Blackholes“ unter Beweis stellt und das Niveau bis zum letzten Song „And Plague Flowers The Kaleidoscope“ in Deckennähe positioniert.
Wenig später betreten VOLA die Bühne. Der Saal ist dicht gefüllt und schnell wird klar: VOLA sind für viele heute ein heimlicher Headliner. Der teilweise poppig anmutende progressive Metal der Dänen sorgt für Euphorie im Publikum. Sänger und Gitarrist Asger Mygind liefert nicht nur eine starke Gesangsleistung, sondern richtet auch Ansagen an die Zuhörerschaft, die wenig Anderes als Sympathie für die Jungs aus dem Norden übrig lässt.
Auch heute gibt es Änderungen im Line-Up, denn HEART OF A COWARD mussten aufgrund von unvorhergesehenen Transportproblemen absagen, was zwar ärgerlich ist, aber den schönen Nebeneffekt hat, dass BLACK CROWN INITIATE dort spielen, wo sie hingehören: auf der großen Bühne! Obwohl es die Band aus Reading, Pennsylvania, erst seit 2012 (!) gibt, konnten sie sich schon eine beträchtliche Fangemeinde erarbeiten. Auch in Europa und auch auf dem Euroblast. Ich bin vor allem von der starken Gesangsleistung von Sänger und Gitarrist Andy Thomas beeindruckt, der live so klingt wie auf Platte. Von dieser Band wird noch einiges kommen! Nicht zuletzt, da seit diesem Jahr Ex-THE FACELESS-Gitarrist Wes Hauch mit an Bord ist, der die Band auch auf der Bühne ausgezeichnet ergänzt.
Es folgt die Band mit dem größten Black Metal-Einschlag des Festivals: ENSLAVED. Überraschenderweise ist der Saal zwar bis hinter das Mischpult gefüllt, aber doch weitaus weniger, als ich erwartet hätte. Die Norweger arbeiten sich quer durch die eigene Diskographie und liefern eine energiegeladene Show ab, die beweist, dass sie sich von Bands, die halb so alt sind wie sie, nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Mich begeistern die Songs ab „Axioma Ethica Odini“ am meisten, qualitativ lässt sich aber auch live kein Unterschied zwischen alten und neuen Songs finden.
Es folgt die nahezu vollständige Räumung der Hauptbühne. Sämtliche Verstärker verschwinden und das einzige größere Objekt, das auf der Bühne verbleibt, ist das Schlagzeug samt Podest. Ein wirklich merkwürdiger Anblick, ratzekahl, geradezu nackt wirkt das Ganze auf mich. Doch die Headliner VEIL OF MAYA füllen die Bühne wenig später zum Bersten. Die 70 Minuten Spielzeit des Quartetts aus Chicago werden zum hemmungslosen Abriss. Das Publikum wirft sich mit Inbrunst gegen den Wellenbrecher und bangt, schreit und crowdsurft, als wäre dies die letzte Party vor dem Weltuntergang. Die Band ist quasi überall auf der Bühne und spätestens beim letzten Song auch davor. Eine Einzelleistung herausheben kann ich nicht, denn jedes Bandmitglied arbeitet bis zur Verausgabung, ebenso wie das Publikum. Zwischenzeitlich ist auch Joe Buras von BORN OF OSIRIS als Sänger auf der Bühne und feiert mit. Ich bin von der Energie, die hier förmlich zum Greifen ist, vollkommen euphorisiert und muss schon im Fotograben anfangen wie von Sinnen mitzubangen. Ein mehr als würdiger Abschluss eines rundum gelungenen Tages!
Wer nach dieser totalen Vernichtung noch stehen kann, ist herzlich dazu eingeladen, an der After-Show-Jam-Session teilzunehmen. Zeitlich ist mir das leider nicht mehr vergönnt, aber ich merke erneut: Das Euroblast ist nicht einfach nur irgendein Festival. Es ist ein Festival von Fans für Fans, von Musikern für Musiker.
Weiter geht es bei „Ein Mikrokosmos der besonderen Art – Euroblast XII (Dritter Tag / Sonntag)“ bald auf silence-magazin.de
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