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Evertale und die Zukunft des Power Metal
Es muss irgendwann um das Jahr 2007 gewesen sein, als ich durch Zufall in den Tiefen des World Wide Web auf eine junge Fantasy-Power-Metal-Band stieß, die gerade im Begriff war, ihre erste Demo zu produzieren. EVERTALE war der Name dieser Baden-Württemberger Formation, und dieser sollte mich – damals begeisterten, sechzehnjährigen Straight-Edge-Power-Metaller – noch lange begleiten. Die fünf Songs der Demo „The Chronicles Chapter 1“ liefen fortan täglich rauf und runter auf meinem MP3-Player. Sie vermittelten melodisch ein energiereiches Fantasy-Feeling – trafen also mein BLIND GUARDIAN-geprägtes Jungmetaller-Herz wie ein Elfenpfeil aus verziertem Mahagoniholz. Kurz nach der Demo war dann auch schon das Debüt-Album im Gespräch. Doch erst fünfeinhalb Jahre später machten EVERTALE ihr Versprechen dann wahr – und wie! 82 Minuten symphonisch untermalter, bombast- und chorgeladener Power Metal? Bitte sehr, das Warten auf „Of Dragons And Elves“ hatte sich gelohnt.
Dennoch stellt sich mir die Frage, ob ein solches Album heute überhaupt noch den ihm gebührenden Anklang findet. Gibt es noch genug Menschen, in Deutschland und anderswo, die etwas für neue Power-Metal-Releases übrig haben? Wie schreibt man ein solches Album überhaupt, und ist es den ganzen Aufwand im Endeffekt wert? Diese Fragen und mehr ließ ich mir von Sänger Matze und Gitarrist Woody höchstpersönlich beantworten.
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1. Der unausweichliche Vergleich mit Szenegrößen
In den letzten Jahren fiel mir immer wieder auf, dass neue Power-Metal-Bands, besonders aus Deutschland, nicht selten sofort von der Presse den Stempel „einzig legitime BLIND GUARDIAN-Nachfolger“ aufgedruckt kriegen. Vergleiche dieser Art (und nicht selten sogar harsche Kopie-Vorwürfe) scheinen leider mittlerweile fest im Schicksal solcher Bands verwurzelt zu sein. Auch EVERTALE blieben bisher hiervon nicht verschont. Es gibt laut Woody allerdings Schlimmeres, als mit einflussreichen Bands verglichen zu werden. Schwieriger wird’s dann bei wirklichen Kopie-Vorwürfen – man spreche damit ja einer neuen Band von Anfang an ihre Eigenständigkeit ab.
„Wer selbst einen engen musikalischen Horizont hat, für den klingt halt alles gleich nach XY. Wer bereit ist, sich auf eine Band einzulassen, oder wie in unserem Fall, in ein 80-minütiges Album einzutauchen, der hat sehr gute Chancen sehr einzigartige Dinge zu finden. Im Übrigen sind wir bislang aber sehr selten mit Vorwürfen dieser Art konfrontiert worden“,
so der Lead-Gitarrist, der, wie ich finde, ironischerweise seinem BLIND GUARDIAN-Gegenstück André Olbrich nicht unähnlich sieht. Die Musik von EVERTALE geht, laut eigener Angabe, allerdings deutlich über diese Schablone hinaus – neben Power Metal finden sich auch etwa Thrash-Parts, klassischer Heavy Metal und eine Prise Hard Rock in ihrer Musik wieder.
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2. Aller Anfang ist schwer – Das Debüt-Album
2013 starteten EVERTALE mit ihrem ersten Album „Of Dragons And Elves“, über 5 Jahre nach der Demo. Chaos durch Besatzungswechsel, Uneinigkeiten mit dem ursprünglichen Produzenten und anschließender Wechsel des Studios (zu Christoph Brandes‚ IGUANA STUDIOS) hatten für wiederholte Verzögerung des Release-Datums gesorgt. Man hätte zwar ein früheres Fertigwerden der Scheibe wohl irgendwie erzwingen können, doch das sollte nicht der Sinn der Sache sein. Der Band war es bei dem ganzen Prozess nach wie vor das Wichtigste, alle Songs so gut wie möglich hinzubekommen.
„Zwei gute Songs und der Rest nur Füllmaterial, das kam und kommt für uns nie in Frage.“
Trotzdem gibt es bei solch langen Schaffensprozessen auch Risiken, etwa dass ein Song nie fertiggestellt wird. Für das zweite Album heißt dann die Devise: gesunder Mittelweg. Fast alle Reviews zu „Of Dragons and Elves“ fielen im Endeffekt aber sehr, sehr positiv aus, es züngelten gar hier und da Gerüchte vom besten Power Metal-Debüt der letzten 20 Jahre. Auch, und vor allem, jenseits des Pressehorizonts wurde das Album warm und mit Begeisterung aufgenommen.
3. Harte Zeiten für junge Power-Metal-Bands
Vor 25 Jahren sei es vermutlich einfacher gewesen, in der Power-Metal-Sparte Fuß zu fassen, so Matze auf die Frage hin, warum man so selten etwas von neuen, erfolgreichen Bands dieser Stilrichtung hört. Selbst er konnte diesbezüglich nicht mehr Namen nennen als ORDEN OGAN und SAVAGE CIRCUS (wobei es Letztere auch schon nicht mehr gibt). Dabei könne gerade die deutsche Power-Metal-Szene auf jeden Fall eine Portion frischen Wind gebrauchen.
Zwar haben EVERTALE schon einige Festivalauftritte hinter sich, doch gerade hier gibt es viel und starke Konkurrenz. Ein großes Problem sei auch, dass im Moment ein Schema vorherrscht, welches es kleinen Bands nochmal schwerer macht:
„Wenn kleine Bands den „Großen“ die Tour finanzieren, um mitfahren zu „dürfen“, dann sind das schon krasse Auswüchse, die sicher nicht dazu beitragen, dass sowas wie „Marktgerechtigkeit“ herrscht. Wer oben ist, bleibt dort, wer unten ist, bleibt auch dort oder hat’s deutlich schwerer.“
Daher die einzige Möglichkeit für kleinere Bands: Langatmigkeit und genug Selbstvertrauen, sich selbst treu zu bleiben. Qualität könne sich auf lange Sicht immer durchsetzen. Und das Entscheidende sei es doch, die eigene musikalische Vision zu verwirklichen, unabhängig davon, wie sie sich damit in der Szene positionieren können.
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4. Inspiration und Motivation
Nun stellt sich mir auch die Frage, wie man denn heutzutage überhaupt noch auf die Idee kommt, solche Musik zu spielen. Epischer Power Metal über Drachen und Elfen – sind denn die Kids heutzutage überhaupt noch ready für so etwas? Gerade über letzteres machen sich EVERTALE keine Gedanken. Auf eine Trendentwicklung aufzuspringen entspricht nicht ihrer Vorstellung, und Geschmäcker befinden sich sowieso in dauerndem Wandel. Inspiration für Musik und Text finden EVERTALE hauptsächlich in Fantasy-Epen wie Herr der Ringe, Die Chronik der Drachenlanze oder Conan der Barbar, aber auch Tabletop-Spielen wie Hero Quest. Bands wie BLIND GUARDIAN, MANOWAR, RUNNING WILD oder HAMMERFALL stehen auf musikalischer Ebene Pate.
„Epischer Power Metal mit Fantasythemen ist eben genau das, was ich selbst hören will. Leider gibt es ja kaum noch Bands heutzutage, die mir das bieten können. […] Also musste so ein Album eben von uns auf den Markt gebracht werden {*lacht}!“
Das Ziel war dabei immer schon, selbst ein Album zu erschaffen, das es hinkriegt, einem die Art Kribbeln im Rücken zu geben, die man auch beim Hören seiner Lieblingssongs verspürt. Aber die Frage, was einen zur Kreation eines solchen Werks inspiriert und motiviert sei doch letztendlich keine andere als, warum ein Bergsteiger auf Berge klettert, ein Maler monatelang an einem Gemälde arbeitet oder jemand einen Marathon läuft:
„Letztendlich bleibt es auch ein bisschen ein Rätsel, etwas Mystisches. Wir folgen einfach dem Ruf der Metal-Götter, den wir in unseren Herzen gehört haben (haha!)“
5. Parodie-Gedanke an die Macht?
Es scheint mir in dieser Zeit fast ein bisschen, als seien die meisten neueren Bands, die sichtbar viel Erfolg haben, alle mehr oder weniger darauf ausgelegt, das Genre zu parodieren. Man siehe etwa POWERWOLF, GLORYHAMMER oder sogar GRAILKNIGHTS. Ich wollte von Woody und Matze wissen, ob Selbstironie heutzutage der Schlüssel zum Erfolg, und von „ernst gemeintem“ Power Metal nicht mehr als ein Underground-Phänomen übrig sei.
Den Trend scheine es zwar momentan tatsächlich zu geben, so Woody, doch sei es nicht wirklich etwas Neues. Auch HELLOWEEN hätten vor 30 Jahren schon Humor in ihre Musik integriert. Vor allem sei es ja nicht so, als würden uns diese Bands mit ihrer Musik verarschen wollen. POWERWOLF als Beispiel seien ja gerade auch eine Band, die viel Wert auf aufwendige Shows legen. Der Parodie-Trend etabliere sich wahrscheinlich nicht auf Dauer, aber eventuell läge die Zukunft für viele Bands ein Stück weit gerade in solchen Shows:
„Wenn die Leute zu Konzerten kommen sollen (damit die Bands überleben können), dann muss man dem Publikum auch optisch mehr bieten.“
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6. Das zweite Album
Ein zweites Album der Power-Metaller ist auch bereits in Arbeit, Songwriting im vollen Gange und die Preproduction im Homerecording-Studio steht vor der Tür.
„Themen die wir dieses mal „besingen“ sind zum Beispiel das Warhammer-40K-Universum und die Horus-Heresy-Reihe, Bernhard Hennen´s „Die Elfen“ oder das Computerspiel „The Elder Scrolls: Skyrim“. Auch die Forgotten Realms von R.A. Salvator dienen als Inspiration.“
Scheibe Nummer zwei soll, mit etwa 60 Minuten Eigenmaterial, Anfang 2017 erscheinen. Dazu darf man noch auf einige Coversongs gespannt sein. Titel und Cover-Art gibt es schon, bleiben aber vorerst noch geheim. In den nächsten Monaten wird es auf Facebook (www.facebook.com/evertaleofficial) und Youtube (http://www.youtube.com/user/EvertaleOfficial) regelmäßig Infos und Updates geben, also stay tuned!
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