Filter – Und jetzt?

Am 08.04.2016 hat die Band Filter ihr 7. Studioalbum veröffentlicht. Die Industrial-Alternative-Rock-Metal Band bringt nach 3 Jahren endlich was Neues auf den Markt. Doch ob „Crazy Eyes“ wirklich so verrückt ist, müssen wir noch herausfinden …

Ihr kennt das sicher: Man kauft sich ein neues Album von einer altbekannten Band und ist voller Hoffnung. Wird die Platte gut? Kann sie an die guten alten Zeiten anknüpfen? Orientiert sich die Scheibe an der letzten oder bekommt man vielleicht was völlig Neues zu hören? In welche Richtung entwickelt sich die Band?

St. Breakdown

Und dann sitzt man da und traut sich gar nicht, die CD einzulegen. Irgendwie hat man das ungute Gefühl, gleich enttäuscht zu werden. Aber es hilft ja alles nichts. Die einzige Alternative wäre, die CD in den Schrank zu stellen. Und da das wiederum komplett sinnlos wäre, gibt man sich einen Ruck, entrichtet ein Stoßgebet an den Schutzheiligen der schweren Gitarren und des Grooves (St. Breakdown), reißt die Platte aus ihrer Hülle, befiehlt dem Player sich zu öffnen, stopft den Plastikrundling hinein und drückt (nach Maximierung der Lautstärke) auf PLAY!

I’ve got my reasons and my reasons are sound

I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound
I’ve got my reasons and my reasons are sound

JA, ICH HABE ES VERSTANDEN! Himmel, Arsch und Zwirn. Verflucht und zugenäht. Mir fehlen die Worte. Zumal ich während des Openers „Mother E“ sowieso die ganze Zeit damit beschäftigt war die Anlage dazu zu bringen, leiser zu werden, was aber recht schwer war, denn es zieht sich einem irgendwie alles zusammen. Man will nicht mehr. Und man denkt sich: „Warum bloß? Verflucht, ich muss noch 50 min durchhalten!“ Denn eins ist klar: kneifen ist nicht.

Wie schon Lars Ulrich einst bemängelte: „Die Albumkultur stirbt, die Leute hören nur noch einzelne Lieder.“

Deshalb höre ich weiter. Immerhin kann es nur besser werden. Zumal Sänger Richard Patrick ja – wie bereits mehrfach erwähnt – seine Gründe hat (möglicherweise haben sie etwas mit Sound zu tun).

Also geht es weiter. Die erste Hälfte der Platte ist voll mit Sounds, Effekten und einer eher düsteren Atmosphäre. Im Gegensatz zu dem letzten Album „The Sun Comes Out Tonight“ verzichtet man auf schwere Gitarrenwände, stattdessen wird mit einem bedrohlichen Industrial Sound gearbeitet. Wenn man sich darauf einlässt, wirkt das Ganze sogar eindringlich und hypnotisch. Dass sich Richard Patrick dem Albumprozess komplett hingegeben hat hört man. Er leidet, ist in seiner Welt, lebt die Musik, gibt alles. Er arbeitet viel mit seiner Stimme, wird sehr laut, dann wieder so leise, dass man näher an die Boxen rücken muss. Natürlich macht er ganz viel mit Sounds. Den typischen Hall auf der Stimme muss der gemeine Filter-Fan selbstverständlich nicht missen. Der Name „Crazy Eyes“ passt auf jeden Fall. Man hat das Gefühl, ein Verrückter mit hervorquellenden Augen erzählt seine Geschichte und bittet um Erlösung.

Erlösung

Nachdem man sich – als Glaubensbruder des St. Breakdowns – durch die erste Hälfte, die ersten 30 Minuten kämpfen musste, hört man endlich richtige, echte Gitarren. Sogar ein Schlagzeug! Herr Gott, im Song „Your Bullets“ könnte man sogar von Metal sprechen! Gitarrenriffs, Double Bass… endlich geht es vorwärts! Doch lange währt die Freude nicht. Kaum hat man sich eingegrooved ist das Ganze auch schon wieder vorbei. Der letzte Song geleitet einen ganz sanft ans Ende der CD. Man hat das Gefühl, dass die Aufnahme friedlich einschläft und stirbt. Irgendwie klingt das schön. Doch man bekommt auch Angst. Ist mit „Crazy Eyes“, dem 7. Studioalbum von Filter, auch das Ende des Rocks besiegelt? Man kann nur hoffen und weitere Gebete entrichten. Vielleicht ist es ja nur so eine „Phase“. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Unterm Strich

Ein Album, das sicherlich interessant ist und seinem Namen alle Ehre macht. Wer Industrial mag und auf echte Instrumente größtenteils verzichten kann, ist hier sicher gut aufgehoben. Zudem muss man sich mit dem durchaus sonderbaren Gesang arrangieren. Auf jeden Fall nichts zum Mitsingen, Tanzen, Ausrasten, Eskalieren. Nichts für richtige Wikinger, Barbaren oder Kriegsherren. Eher Stoff um darüber zu diskutieren. Vielleicht ja was für Kunstliebhaber.

Autorenbewertung

3
Irgendwie speziell, eigenartig, anders. Für Liebhaber was feines.
ø 0 / 5 bei 0 Benutzerbewertungen
3 / 10 Punkten

Vorteile

- düstere Atmosphäre
- viel Gefühl

Nachteile

- sehr schwer um rein zu kommen
- nervt teilweise irgendwie
- die Erwartungen wurden nicht erfüllt

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