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„Früher war doch alles besser!“
Früher …! Wie oft haben wir das nicht schon gehört? Und jedes Mal aufs Neue gehts mir tierisch aufs Gemächt. Und das obwohl ich ihn in schweren Zeiten gern selbst verwende. Jetzt wird diese Aussage einfach auf meinen Musikgeschmack bezogen. Bin ich immer noch der Alte? Hauptsache ruppig, brutal und kein Wort verstehen? Um euch das zu erklären, muss ich etwas ausholen.
Schon seit meiner Geburt komme ich um Rock und Metal kaum herum, da mein Vater seit den tiefsten 80ern in sämtlichen Projekten am mitwirken ist und ich die harte Musik quasi direkt nach dem Schlüpfen eingeimpft bekommen hab. Aber was sage ich … Eigentlich war mein Werdegang schon vor der Empfängnis vorprogrammiert.
Wir schreiben Dezember 1991. Mal wieder stand in der Nähe meiner Heimatstadt ein Konzert an. Klingt jetzt nicht ungewöhnlich, doch die Bands hatten es gewaltig in sich. Also schnappte mein Vater meine hochschwangere Mutter und zog mit ihr los, um CARNIVORE und PUNGENT STENCH zu sehen. Da sich damals aber noch jeder um jeden sorgte, wurden meiner Mutter (und mir) ein Sitzplatz angeboten. Aber nicht irgendwo! Nein, Peter Steele höchstpersönlich organisierte ihr eine Sitzmöglichkeit direkt auf der Bühne. Somit sollte also bewiesen sein, dass mein Vater jetzt doch nicht den größten Einfluss auf meinen Musikgeschmack hat. Danke dafür Peter!
10 Jahre später
Wohlbehütet, mehr oder weniger gut erzogen und unter konstantem Einfluss von Gitarrenklängen wuchs ich also in meinem Elternhaus auf. Dennoch interessierte ich mich kaum für Musik. Vielmehr lauschte ich im heimischen Reich oder auf Autofahrten den musikalischen Vorlieben meines Vaters. Von AC/DC bis ZZ TOP war da alles dabei! Und ich genoss es auch. Doch auf die Idee, selbst den CD-Player anzuwerfen, kam ich nie.
Nachdem sich mein Vater im Jahr 2003 seine Zotteln abschneiden ließ, wendete sich das Blatt allerdings. Nein, ich begann noch nicht meine Haare wachsen zu lassen. Mit feinstem Topfschnitt rebellierte ich musikalisch gegen den Haarschwund meines Vaters. Das allerdings nicht mit harten Gitarrensounds, sondern mit Techno, der gerade bei MTV hoch und runter lief.
Promillo, bist du eigentlich bescheuert???
Glücklicherweise dauerte diese Phase nur gut ein Jahr in meinem Leben an. Deswegen streiche ich sie auch ganz gern mal aus meinem Gedächtnis, wenn mich jemand fragt, ob ich schon immer Rock und Metal höre.
Eliten, Uhus und Gekloppe
Nach der Techno-Rebellion folgte die Krach-Rebellion. Diese hielt deutlich länger an und war eigentlich auch die Phase, die mich am meisten geprägt hat. Aber wie kam ich darauf? Im Jahr 2005, als Gerhard Schröder noch Bundeskanzler und der Uhu Vogel das Jahres waren, entdeckte ich in Halle/Saale ein kleines Geschäft für mich. Bis unter die Decke vollgepackt mit Platten und einem Verkäufer, der immer einen Musiktipp für dich aufm Kasten hatte. Hierbei handelte es sich um einen Laden von Nuclear Blast. Ewige Stunden und das hart ersparte Taschengeld hab ich Verkäufer Matthias in den Rachen geschoben. Und bis heute zeigt sich, dass diese Stunden Gold wert waren. Nachdem er mich erstmal mit klassischem Heavy Metal köderte und er sofort merkte, dass das bei mir nicht zündet, legte er einen Zahn zu und spielte älteren und aktuellen Black Metal an. Das war genau das, was ich gesucht hatte. Mit „Fuck You All!!!“ von CARPATHIAN FOREST und „Pure Holocaust“ von IMMORTAL verließ ich sein Geschäft. Es dauerte allerdings nicht lange, bis ich mehr von diesem Zeug brauchte. Ich war besessen!
10 Jahre des unsäglichen Gekloppes vergingen und ich rutschte immer tiefer in die Szene der Death- und Black-Metal-Fanatiker hinein, ohne jedoch meine Herkunft, den Heavy Metal, zu vergessen. Meine kompletten Ersparnisse wanderten in CDs, Konzerte, Festivals und Zugtickets zu Festivals.
Doch irgendwann erreichte ich einen Punkt, an dem ich Veränderungen brauchte. Das lag aber nicht an der Musik. Vielmehr war es das elitäre Gehabe, welches mir gehörig gegen den Strich ging. Die Stimmung auf Konzerten wurde immer geladener und darauf hatte ich einfach keinen Bock mehr.
Und jetzt?
Durch ein paar Bekanntschaften rutschte ich immer tiefer in die Stoner/Doom-Szene hinein. Auch Retro-Rock und verwandte Stile finden hier ihre Zustimmung. Neben der Musik ist es aber auch die entspannte Atmosphäre auf Konzerten und Festivals, die diese Fanschar ausmacht. Einige positive Nebeneffekte gesellten sich zusätzlich zu meiner Öffnung zu dieser Musik hinzu. Ich gehe viel offener mit anderen Musikstilen um und bin wesentlich entspannter auf Festivals und Konzerten unterwegs. Hier muss keiner keinem etwas beweisen und jeder wird als Individuum voll und ganz akzeptiert.
Wenn mir vor 10 Jahren jemand erzählt hätte, dass ich mich Samstag Abend in der Kneipe zu THE DOORS gehen lasse, wie ich es wahrscheinlich noch nie getan habe, dann hätte ich ihn vermutlich erstmal ausgelacht.
Ihr seht also, dass musikalische Vorlieben mehr verändern können als nur den Inhalt des heimischen Plattenschranks. Nichtsdestotrotz höre ich immer noch gern meine Jugendlieben und besuche ab und zu noch Konzerte der extremeren Gangart. Zwar nicht mehr in dieser Regelmäßigkeit wie früher, doch gelegentlich überkommt es mich und ich brauch einfach ein paar in die Fresse!
In diesem Sinne:
EXPAND YOUR MIND!!!
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