Mit der Düsternis im Herzen… Sinsaenum

SINSAENUM – „Echoes Of The Tortured“
Veröffentlichungsdatum: 29.07.2016
Dauer: 61:36 (Standardedition)
Label: earMUSIC

Supergroups… Schon das Wort alleine impliziert irgendwas Außergewöhnliches, etwas Extraordinäres. Hier wird attestiert, dass eine Zusammenstellung von Musikern, die – in oftmals unterschiedlichen Feldern und Genres zu unterschiedlichen Zeiten, unter verschiedenen Bedingungen in differierendem Maße erfolgreich sein konnten – in neuer Formation zueinander finden und sich so etwas ergibt, was noch größer ist, als die Summe seiner Teile. Was dabei jedoch oft außer Acht gelassen wird ist, dass der jeweilige Erfolg der Einzelmusiker nicht repräsentativ für die Erfolge der Band ist. Lars Ulrich ist nicht die Essenz von METALLICA, Dave Lombardo nicht die von SLAYER, AJ nicht die der BACKSTREET BOYS. Und Joey Jordison natürlich auch nicht die von SLIPKNOT.

Wonach klingen jetzt SINSAENUM, das zweite Soloprojekt – nach SCAR THE MARTYR – von SLIPKNOTs Ex-Drummer Joey Jordison?

 

Wenn man von und mit Musikern dieser Güteklasse spricht, hört man oftmals die Worte „[Band/Künstler XY] muss/müssen niemandem mehr etwas beweisen“. Ist das so?

Im Interview mit Fred und Joey haben uns die beiden Jungs bestätigt, dass sie einfach Lust auf die Mucke hatten, mit der sie so aufgewachsen sind und die sie beeinflusst hat. Und tatsächlich merkt man das „Echoes Of The Tortured“ an. Die Musiker hatten einfach Bock!

„This is what we need to do from our hearts, otherwise there would be a void“

-Joey Jordison

Bereits das Intro „Materialization“ macht unmissverständlich klar: hier braut sich Unheil zusammen!
Kurz darauf bricht dann „Splendor And Agony“ los, welches zunächst vertrackt wirkt, um dann brutal den Weg für den Rest der Platte zu bereiten.

Über die gesamte Spielzeit herrscht eine traditionelle Stimmung, ohne jedoch altbacken zu klingen.
Im Gegenteil: „Echoes Of The Tortured“ erscheint in modernem Soundgewand, für welches sich Jens Bogren in den Fascination Street Studios Örebro verantwortlich zeigte.

SINSAENUM wildern durchweg stimmig zwischen Black und Death Metal der alten Schule. Erst merkt man den Einfluss der amerikanischen Ostküste, dann klingen zweistimmige Leads nach DEATH, später erinnern Melodien an DISSECTION, als nächstes dominiert wieder der klassische Elchtod… Die Grenzen sind auf dem Debütalbum klar abgesteckt und SINSAENUM bewegen sich mehr als souverän innerhalb dieser.
Joey Jordison prügelt in einer Art und Weise auf seine Felle ein, dass es eine wahre Freude ist. Zumindest ich habe ihn selten so brutal gehört. Dazu gesellen sich geile Soli von Fred und Stéphane, die die einfachen, aber drückenden Riffs sehr gut ergänzen. Nur die Stimmen von Sean und Attila sind hier und da schwerlich voneinander zu trennen, was dem Album in Gänze jedoch wenig Abbruch tut.

Brauchter ne Halskrause, Jungens? Sinsaenum mit steifen Nacken

Auch wenn ich diesen Satz ungern schreibe: es ist schwer, einen einzelnen Song herauszuheben und genauer zu beleuchten. „Echoes Of The Tortured“ ist ein Werk, welches in seiner Gesamtheit lebt und verdaut werden muss. Das kann aufgrund der 21 Stücke, die eine epische Länge von über einer Stunde ergeben, schonmal ein paar Hördurchläufe mehr kosten. Doch vielleicht muss es mal wieder genauso sein.

Was unbedingt Erwähnung finden muss, sind die Interludien, die zwischen fast allen (regulären) Songs eingebunden sind und so eine Verbindung herstellen. Sie beschwören düstere, horrororartige Stimmungen herauf, auf deren Umsetzung im Livekontext ich bereits jetzt gespannt bin! Einziger Minuspunkt dieser Zwischenspiele ist, dass sie hauptsächlich programmiert klingen und damit leider nicht so stimmungsvoll sind, wie sie es potentiell sein könnten.

Obwohl „Echoes Of The Tortured“ mit 21 Songs und 62 Minuten ein ziemlicher Brocken ist, wirkt es überraschend kurzweilig. Das liegt wohl auch daran, dass die oben erwähnten Interludien nicht als vollwertige Songs empfunden werden, sie dem Ohr jedoch immer wieder Verschnaufpausen gestatten.

„Echoes…“ klingt älter, als es ist. SINSAENUM begeistern hier mit ähnlichem Charme, wie z.B. BLOODBATH, ohne sich ausdrücklich den Old-School-Stempel aufzudrücken.
Sie klingen weniger nach bestimmten Idolen oder Vorbildern, sondern eher nach einer Zeit. Vieles von dem, was ab den späten 80ern bis zur Mitte der 90er im Death und Black Metal passiert ist, hat bei den Jungs deutliche Spuren hinterlassen, denen sie auf diesem Album in bester Manier huldigen.

 

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Autorenbewertung

8
SINSAENUM machen auf ihrem Debüt kaum etwas neu, aber sehr vieles richtig. Denn, obwohl es andernorts von Old School Death Metal Bands wimmelt, die ich ansonsten eher mild belächle, haben die sechs Jungs hier ein Werk geschaffen, welches sich vor den alten Helden verneigt, ohne schamlos zu kopieren oder in Ideenlosigkeit zu verfallen. So machen SINSAENUM zwar keine Experimente, aber auch keine Gefangenen!
ø 3.6 / 5 bei 5 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ starker Sound
+ brutale, gute Songs, die auf technisch hohem Niveau wiedergegeben werden
+ traditionelle Anleihen an Klassiker Bands, ohne zu kopieren

Nachteile

- die Interludien klingen billiger als sie sollten
- wenig Innovation

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