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Post-Hardcore im Tiefenrausch – YURODIVY
YURODIVY – Aphos
Veröffentlichungsdatum: 02.02.2017
Dauer: 41:47 Min.
Label: Itawak Records
Genre: Post-Hardcore/Screamo
YURODIVY mögen es feucht. Dabei liegt die Bandheimat Straßburg so weit weg vom Meer wie in Frankreich nur irgend möglich. Ihre erste EP „The Valley Of Elah“ zierte bereits ein Walross. Auf dem Cover des Debütalbums „Aphos“ ist nun ein Fisch zu sehen (welcher genau, überlasse ich den Ichthyologen im Raum). Zieht also den Taucheranzug über und wagt euch hinab in die undurchschaubaren Tiefen des Post-Hardcore!
STOP AND GO
„Six Feet Under Water“ beginnt dröhnend, quietschend, keifend – und explodiert plötzlich mitten in mein Gesicht hinein! Und schon startet der erste Pit, der jedoch schnell in eine niederschmetternde Schrei- und Dröhn-Orgie umschlägt. Wuchtige, düstere Gitarrenakkordfolgen prasseln hernieder. Die Boxen vibrieren. Immer wieder halten YURODIVY inne, um dann wieder drauf los zu holzen. Dieser Kontrast von Stille und Lautstärke, Ruhe und Bewegung, zieht sich durch den Song und auch das ganze Album.
Der Sound ist rau und stark verzerrt. Mit einer Art inneren Getriebenheit hetzen die Instrumente wild umher. Am Ende des ersten Songs fängt die Band dann ihre herumschwirrenden Klanggeschwader wieder ein und kommt zu einem melancholisch-melodischen Finale. Nach der vorangegangenen Hektik beruhigen wir uns nun alle erst mal wieder! Die getragene Stimmung fließt direkt über in den Song „The Way Of The Light“, der wiederum druckvoll beginnt. Die Screams bei YURODIVY stechen dabei ähnlich stark heraus wie beispielsweise bei RAISED FIST. Und auch hier darf wieder gepogt werden!
GEORDNETES CHAOS
In den atmosphärischeren Momenten klingt auf „Aphos“ fast schon etwas moderner Black Metal durch. Bis die Gitarristen die Handaxt auspacken und den Song gnadenlos in kleine Stückchen zerhacken. „Ascension“ hingegen beginnt mit Dissonanzen, progressivem Taktmuster und viel Groove. Nach rund einer Minute drücken YURODIVY das Gaspedal bis zum Boden durch und brettern volles Mett drauf los. Auch der Mittelteil bringt ordentlich Schwung mit, baut sich jedoch zunehmend bedrohlich vor dem Hörer auf. Noch kurz das Anfangsriff aufgreifen – fertig! So „aufgeräumt“ präsentieren sich die Songs auf dem Album selten.
Das überlange „40 Days“ beginnt ganz ruhig: sanfter Beat, Gitarrengeklimper, gehauchter Klargesang. Nach gut zwei Minuten brechen dissonante Akkorde und wuchtige Drums aus dem Song hervor, zerbrechen ihn jedoch nicht – die Anfangsruhe kehrt zurück. Dieses Wechselspiel von kontrollierter Eruption und Einkehr erstreckt sich über mehr als fünf Minuten, bis das Stück unter Quietschen und Dröhnen fast vollständig zum Stillstand kommt. Wieder scheint etwas Bedrohliches in der Tiefe zu lauern. Bei den düsteren Synthie-Sounds stellen sich mir sämtliche Nackenhaare auf. Piano-Akkorde und leidenschaftliche Screams läuten den finalen Ausbruch der Dissonanz ein – und plötzlich sind wir beim Zweiteiler „Now You Can Feed The Monster“.
Part 1 ist ein kurzes, klanglich ansprechendes Stück, das erst zum Schluss mit Geschrei aufgepeppt wird. Part 2 schließt nahtlos an den ersten Teil an, bricht jedoch schnell wuchtig nach vorne aus. Auch hier halten YURODIVY einige überraschende klangliche Wendungen bereit. Der Song strotzt nur so vor Energie und verkörpert durch seine Platzierung in der Mitte der Scheibe deren rasend pochendes Herz. Apropos rasen: „Children Of The Sun“ dauert nur 1:30 Minuten, also zack zack! Akkorde einhämmern, wild schreien, Moshpit abfackeln, fertig! Verfahre ebenso mit „In The Violence Of The Ashes“! Fiese Dissonanzen, prügelnde Drums, heftiges Geschrei, und dann – aus dem Nichts ein Groove-Teil à la IWRESTLEDABEARONCE. Wow!
VOM MOSHPIT ÜBER BLACK SABBATH AUF DEN MEERESGRUND
„War Drums“ beginnt stilecht mit einer aggressiven Ansprache, die man meist zu hören bekommt, wenn der angepisste Sänger einer Core-Band die Masse auffordert, jetzt doch bitte den größten und brutalsten Pit des Festivals abzubrennen. Die Musik eignet sich dafür definitiv, auch wenn die letzten 30 Sekunden des zweiminütigen Stücks seltsam leer bleiben. Und plötzlich steht eine andere Band auf der Bühne! Denn der Beginn vom folgenden „Necessary“ könnte so auch astrein von BLACK SABBATH stammen. Nur eben mit weiblichem Gastgesang. Der Song baut sich hypnotisch-repetitiv auf, bis – ja, leider nur noch Gequietsche zu hören ist. Hier haben YURODIVY in meinen Augen die Gelegenheit verschenkt, den schmackhaften Kuchen mit Zuckerguss zu veredeln. Schade!
Mit „Genesis 1.6“ beschließt die Band das Album. Für die weniger Bibelfesten (inklusive mir): „Dann sprach Gott: Ein Gewölbe entstehe mitten im Wasser und scheide Wasser von Wasser.“ Damit schlagen die Franzosen über die aufgewühlte See eine Brücke zum Opener „Six Feet Under Water“. Aus der tosenden Brandung taucht nach zwei Minuten das Gewölbe in Form eines wuchtigen Bass-Wals auf. Sein Gesang, verkörpert von den sirenenhaften Gitarren, hallt durch die kalte Tiefe. Die See brandet mit ungezügelten Screams, Schlagzeug-Donnern und Dissonanzen noch ein letztes Mal auf – und begräbt mich schließlich auf dem Grunde.
YURODIVY bei Facebook und Bandcamp
Autorenbewertung
Vorteile
+ viele Kontraste
+ rauer Klang
+ packende Screams
+ überraschende Wendungen
+ coole Songtitel
Nachteile
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