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RAGNARÖK 2018 – Frühling, Sonne, Weltuntergang!
Ein neues Jahr, ein neues Ragnarök! So, oder so ähnlich, war das doch in der nordischen Mythologie, oder? Quatsch, ich rede natürlich vom RAGNARÖK FESTIVAL 2018! Frühling, Sonne und eine Konzerthalle, in der man von beidem garantiert nichts mitbekommt – hier kommen die Einblicke von uns für euch!
Ankommen, Bier aufmachen, Zelt aufbauen!
Entgegen soeben erwähnter Wetterangaben beginnt das Festivalerlebnis am Donnerstag erstmal mit Regen und Wolken. Diese lassen zwar gelegentlich den einen oder anderen Sonnenstrahl durch, das vorausgesagte „ab 17 Uhr solls nur noch geil werden“ (Zitat Passant) bleibt allerdings eine Wunschvorstellung. Nach Zeltaufbau und dem einen oder anderen Bier zum Aufwärmen geht es dann ab zur Metal-Party mit DJ SCHNAPSI! Hier erwarten mich, wie auch schon letztes Jahr, viele betrunkene Menschen und eine gepflegte Auswahl an tanzbaren und mitgrölwürdigen Pagan- und Folk-Metal-Hits der letzten 20 Jahre. Eine Strip-Show scheint es auch irgendwann zu geben, diese verpasse ich allerdings (leider?).
Die Nacht war für mich leider wenig erholsam (an dieser Stelle würde ich gerne meinen Dank an die tollen kaputten Reißverschlüsse meines Zelts und die netten nächtlichen Minusgrade aussprechen). Steffi ergänzt: Diejenigen, die wie ich nicht die Lust verspürt haben, den nächtlichen Temperaturen zu fröhnen, haben natürlich wie jedes Jahr die Chance, einen Platz in der Schlafhalle zu ergattern. Obwohl dieses Jahr recht überfüllt, schläft man hier doch deutlich wärmer und ruhiger als auf dem Campingplatz. Es sei denn, du hast wie ich das Glück und um 4 Uhr morgens fällt ein Besoffener in dein Bett, weil er seins nicht mehr findet. Passiert! Nun aber fix in die Konzerthalle und den SILENCE-Autogrammstand aufbauen. Bald beginnt schließlich die erste musikalische Einlage.
Tag 1: Die Apokalypse naht
Den Startschuss geben WOLVES DEN! Und sie liefern trotz Opener-Slot bereits eine sehr überzeugende Show ab. Straighter Black Metal, sauber ausgeführt und sogar der Sound spielt um die Uhrzeit schon mit! Das Schlagzeug klingt ordentlich knackig – und der Sänger gibt auf der Bühne wie immer ein imposantes Bild ab, wie er mit seinen fast zwei Metern über die vorderen Reihen des Publikums emporragt. Leider scheinen noch nicht so viele motivierte Menschen wach zu sein – oder die Party mit DJ SCHNAPSI hatte für manche mehr Nachwirkungen als erwartet. Es bleibt bei einem recht kleinen Publikum und einer Handvoll erhobener Hände (hoho).
Währenddessen macht Steffi einen kleinen Ausflug auf das sonnige Festivalgelände. Wer schnell genug nach draußen eilt, kann jetzt das alljährliche Wikingerprügeln vor der Konzerthalle miterleben, das ich bisher leider immer verpasst habe. Zum Usus gehört auf dem Ragnarök nämlich auch ein Wikingerdorf, in dem sich gewandete Liebhaber der germanischen Lebensweise zusammentun und sich bei einigem Publikum ordentlich eins auf die Mütze geben. Eine nette Abwechslung zum „schnöden“ Festivalalltag. Zurück zu Mich, der sich schon auf die nächste Band gefasst machen darf.
AUF INS GETÜMMEL
Bei DAWN OF DISEASE sieht es dann in jeder Hinsicht anders aus als bei ihren Vorgängern: Viele Besucher, die sich alle nicht zu Schade sind, die Mähne kreisen zu lassen. Sogar ein kleiner Moshpit bildet sich irgendwann. Sieht übrigens beides von den Tribünen der Halle sehr geil aus! Auch auf der Bühne herrschen Energie und Bewegung. Im Gegenzug war der Sound dann leider ein gutes Stück matschiger als bei WOLVES DEN. Zumindest von den Tribünen aus ist (besonders bei schnelleren Parts) relativ schwer rauszuhören, was eigentlich musikalisch gerade passiert. Spaß gehabt wird trotzdem!
VANAHEIM stehen als nächstes auf meiner Liste. Obwohl ich die Band zuvor nicht kannte, wissen sie sehr schnell zu überzeugen! Geboten wird melodienreicher Pagan Metal voller Kraft und Energie. Dazu neben Growls auch gelegentlicher Kehlkopfgesang, ein toller Bonuspunkt in Sachen Atmosphäre und Abwechslungsreichtum. Beim letzten Song „Dwarven Chant“ wird das Publikum dann so richtig wach und es wird gesprungen, geheadbangt und gecircled was das Zeug hält.
Mehr Melodien braucht die Welt!
SAOR und LEAVES‘ EYES musste ich leider überspringen, deswegen überreiche ich die Feder an Steffi:
Auf meine persönliche SAOR-Premiere war ich besonders gespannt. Die Idee hinter Atmospheric Metal mit Folkelementen klingt in erster Linie zwar angenehm, aber nicht gerade kurzweilig – so ging es mir bisher auch mit SAOR-Platten. Live kommt dann glücklicherweise die Erlösung: Hier sehen wir fünf junge Kerle, die mit Spaß und Leidenschaft eine grandiose Atmosphäre kreieren.
So schaffen sie es, ihre durchschnittlich 10-minütigen Songs qualitativ hochwertig und hervorragend abgemischt über, und auf die Bühne zu bringen.
Und was wäre die Liveshow einer Wikinger-themenbasierten Symphonic Metal Band ohne richtige Wikinger? Genau das scheinen sich zumindest die Kollegen von LEAVES‘ EYES gefragt zu haben. Von der Bühnenperformance mit den örtlich anwesenden Schaukämpfern mal abgesehen, zeigen die Jungs um ELINA SIIRALA hier 1A umgesetzten Symphonic Metal mit Paganeinflüssen. Der Gesang sitzt, sowohl bei ELINA als auch bei ihrem brüllenden Mitstreiter ALEXANDER KRULL, der der ganzen Geschichte nochmal ordentlich Power verleiht. Und das kommt von jemandem, dem sich bei diesem Genre normalerweise die Haare aufstellen. Man hat Ahnung von dem, was man hier schafft, und zeigt das ganz ungeniert.
Zeit für die ganz großen Jungs
Gerade in Sachen Lichtshow gibt es anfangs beim Headliner DARK TRANQUILLITY Probleme. Teilweise steht die Band komplett im Dunkeln. Schade, denn jedes Lied wird eigentlich von einer speziell dafür erstellten Videoshow begleitet, was ansonsten sehr gut funktioniert. Viele Menschen haben sich für das Konzert versammelt, und wieder mal darf ich von den Tribünen aus den Anblick der fliegenden Haarpracht hunderter motivierter Metaller genießen. Hat schon was. DARK TRANQUILLITY geben eine gute Mischung aus alten und neuen Songs zum Besten, mein Favorit darunter ist „Lost To Apathy“, den sie eigenen Angaben nach seit über zehn Jahren nicht mehr live gespielt haben.
Dann kommt endlich das Konzert, weswegen ich eigentlich in erster Linie zu diesem Festival wollte. EQUILIBRIUM spielen eine Special Show zum zehnjährigen Geburtstag von „Sagas“, ihrer zweiten Platte und zugleich einem meiner Lieblings-Metal-Alben. Zwar braucht der Sound ein bisschen, um reinzukommen. Aber spätestens als Ex-Sänger HELGE auf die Bühne kommt, “Die Weide Und Der Fluss“ anstimmt und ihn dann mit ROBSE im Team zu Ende bringt, ist der Moment perfekt. Für mich persönlich das Highlight des Festivals, wenn nicht sogar meines bisherigen Jahres. Ich hatte mir viel von dieser einmaligen Show erwartet – und wurde keinesfalls enttäuscht!
So. Fanboy-Modus aus, einige nicht ganz so positive Dinge gibt es auch zu berichten: ROBSE vergisst den Text von „Des Sängers Fluch“, singt zweimal die gleiche Strophe und für den Rest des Liedes animiert er dann das Publikum. Ich frag mich, wie vielen es auffällt. Außerdem startet das Konzert wegen technischer Probleme ca. zehn Minuten zu spät, wodurch am Ende dann der 16-minütige Instrumental-Epos „Mana“ leider nicht gespielt werden kann. An dessen Stelle tritt dann „Born To Be Epic“ vom neuesten Album. Meh. Aber auch das soll mir dieses Erlebnis nicht mehr vermiesen können.
Das wars dann auch schon für heute. Gute Nacht.
Tag 2: Der frühe Vogel… na ja.
Der nächste Morgen beginnt dann mit CALICO. Ein paar wenige Festivalbesucher haben sich sogar schon vor die Bühne schleppen können, um sich das Piratenspektakel anzusehen. Ich mache mir von den Tribünen aus ein Bild des Ganzen. Der Sound überzeugt leider nicht allzu sehr – die Geige hat Schwierigkeiten, sich gegen die Mauer aus Metal-Sound durchzusetzen. Aber auch letzterer gibt sich schwer verständlich, da die Vocals ihn an Lautstärke nochmal übertrumpfen. Das Publikum ist zwar da, schläft aber scheinbar noch (im Stehen). Immerhin sieht man den Bandmitgliedern an, dass sie Spaß bei der Sache haben.
Im Anschluss treten dann MAAHES auf – und das in wahrlich schauriger Aufmachung. Die Bühne ist eingerichtet wie das Innere einer ägyptischen Totenkammer, inklusive Band mit Mumienverkleidung. Klingt jetzt erstmal lustig, wirkt in seiner Ausführung aber tatsächlich relativ finster und überzeugend. Lange, schwarze Umhänge mit Kapuzen, darunter charakterlose, bandagierte Gesichter mit dunklen Löchern, wo man eigentlich Augen und Münder erwarten würde. In seiner übers Mikrofon gebeugten Haltung wirkt der Sänger fast wie ATTILA von MAYHEM – in untot. Der Sound ist jetzt auch ein gutes Stück besser und die Halle weitaus gefüllter. So gefällt mir mein Black Metal.
Noch besser gefällt mir allerdings die nächste Show. ENISUM aus Italien bieten naturalistischen Ambient Black Metal der Meisterklasse. Das gekonnte Wechselspiel zwischen ruhigen, atmosphärischen Parts und einem drückenden Schwall an kraftvoller, mitreißender musikalischer Energie zieht das Publikum binnen Minuten in seinen Bann. Die Konzertbesucher (ich inklusive) sind wie hypnotisiert, und man sieht kaum einzelne Personen, die nicht Headbangen oder zumindest stark mit Kopfnicken beschäftigt sind. Ein wahres Kunstwerk von einem Konzert. Ich bin froh, dass ich mir endlich mal wieder Zeit nehmen konnte, in solch einer Musik zu versinken und aufzugehen.
AUF DIE SANFTE TOUR
HARPYIE hat sich für euch Alexandra angeschaut:
Auch für ordentliche Gelage-Stimmung ist auf dem RAGNARÖK gesorgt: Nach der eher düsteren Performance von ENISUM sind nun HARPYIE an der Reihe, dem Publikum ordentlich einzuheizen. In ihren Federkleidern machen sie dabei ihrem Namen alle Ehre (siehe hier). Mit ihrem Modern-Folk-Sound regt die fünfköpfige Band das Publikum so richtig zum Tanzen an. Dabei macht für mich vor allem die Geigerin, MECHTHILD HEXENGEIGE, den besonderen Mittelalter-Charme der Bielefelder Truppe aus.
FEJD haben besonders Steffi in ihren Bann gezogen:
Eigentlich bin ich den Folk Metal-Schuhen ja längst entwachsen. Lange Zeit gab es nichts Neues, nichts Überzeugendes in dieser Szene, sodass sich meine Begeisterung dafür Stück für Stück in Brechreiz gewandelt hat. Nicht so aber bei FEJD! Die Schweden, seit 2001 aktiv, allerdings nicht auf meinem Schirm, zeigen der verwöhnten Crowd, wie Folk Metal wirklich geht: mit Bouzouki und Moraharpa (und ja, selbst ich als Klampfennerd musste diese Namen googlen) gibt es musikalisch ausgefeilten und vor allem authentischen Folk auf die Ohren, dass dem eingeschlafenen Wikinger in mir das Herz aufgeht. Empfehlung meinerseits für alle, die das Genre wie ich schon aufgegeben hatten und doch für klasse eingesetzte Folkelemente, die zur Ausnahme mal nicht aus der Büchse kommen, zu haben sind. Kommando zurück an Mich!
BATUSHKA würde ich mir auch gerne ganz ansehen, aber auch hier steht mir die Arbeit am Stand wieder teilweise im Weg. Schade, denn für Atmosphäre ist gründlich gesorgt! Kerzenständer, Kirchenpodest, Weihrauch, dunkle Priesterkleidung mit verhüllten Gesichtern – das Konzert ist mit viel Liebe zum Detail wie eine dunkle Perversion einer christlichen Messe aufgebaut. Dazu der düstere Black Metal, teils mit genreüblichem Gekreische, teils mit bedrohlichem Kirchenchorgesang – die Polen verstehen wie immer prächtig, eine finster-sakrale Show aufzutischen. Der eine oder andere munkelt vom „heimlichen Headliner“ des Abends – schließlich ziehen BATUSHKA mit ihrer Performance gefühlt deutlich mehr Menschen vor die Bühne als alle Vorhergehenden. Props dafür!
Ein Ende ohne Schrecken
So viele Hände wie bei ROTTING CHRIST habe ich schon lange nicht mehr gleichzeitig in der Luft gesehen. Kein Wunder, bei den ganzen straighten, mitreißenden Rhythmen sowie zahlreichen HUs und HAs, die hier an den Tag gelegt werden. Professionell ausgeführt, dazu ordentlicher Sound, der dieser Musik vor allem eines gibt: Wucht! Und das ist definitiv das, was ihre rohe Power auf ein Maximum steigert.
Mitten aus dem maritimen Moshpit berichtet über das ALESTORM-Konzert jetzt nochmal Steffi „Ich bin zu alt für sowas“ Unger:
Nach all den ernstzunehmenden Performances der letzten 2 Tage hier mein persönliches Lachkrampf-Highlight: ALESTORM. Ein Festival durchzuknipsen ist immer ziemlich anstrengend, Bands-Gucken ist meist auch nicht drin. Nachdem sich aber die Fotosession mit den Schotten schon als Spießrutenlauf entpuppt hat (das ständige Ausweichen vor herumfliegenden Crowdsurfern und gestressten Securitys ähnelt durchaus einer olympischen Disziplin), überkam mich dann doch die jugendliche Feierlaune. Also rein in den Pit, bisschen Rumpöbeln, Ruderbootfahren und eine überdimensionale Gummiente durch die Gegend schmeißen. Die auch privat sympathischen Piraten von ALESTORM reißen die Bude ordentlich ab, haben und machen Spaß und bringen Klassiker wie neue Songs überzeugend rüber. Als mir dann die unaufhörlichen Schubsereien zu doof werden und der Fremdschweißanteil an meinem Körper bedrohliche Limits überschreitet, heißt es: Hochheben lassen, zur Bühne vorsurfen und dann eine Stunde am Stand rehabilitieren, bevor der finale Act zum Knipsen einlädt. Dein Einsatz, Mich!
Ein Abschied mit Wumms
Als letzte Band des Festivals treten dann DER WEG EINER FREIHEIT auf. Und – holy shit! – ich hätte nicht gedacht, dass hier nochmal eine solche Energie an den Tag gelegt werden würde. Ein perfektes Zusammentreffen von Post Rock und Black Metal – und dann die Geschwindigkeit! Es grenzt an Unmenschlichkeit, wie der Schlagzeuger eine Stunde lang mit geschätzten 250 BPM fast konstant Blast Beats aus sich herausholt. Ich bin echt froh, dass ich diese Band mal mit richtig gutem Sound erleben darf, denn erst jetzt spüre ich ihre durchdringende Wirkung in vollem Ausmaß. Und das, obwohl sie mir schon ziemlich lange bekannt sind. Und! Ein richtig, richtig großes Lob an den Lichttechniker. Die Lichtshow ist meisterhaft an die Musik angepasst und gibt jeden Part, jeden Snare-Schlag, jeden Stimmungswechsel perfekt wieder. Respekt!
Schon wieder vorbei? Oh …
Mit diesem wahrhaft würdigem finalen Erlebnis geht das diesjährige RAGNARÖK FESTIVAL auch schon zu Ende. Insgesamt habe ich, wie ihr vielleicht gemerkt habt, kaum Negatives zu berichten. Der Sound war meistens on point, und alle Bands, die ich mir ansehen konnte, wussten auf die eine oder andere Art zu überzeugen. Dies kann man (leider!) nicht nach jedem Festival behaupten. Auch die diesjährigen Erfahrungen am SILENCE-Stand waren, trotz gelegentlich stressiger Minuten, überwiegend positiv! Danke an alle von euch, die vorbeigekommen sind. Wir hoffen, auch für euch war bei den Autogramm-Sessions etwas dabei und alles so, wie es sein soll. Verbesserungsvorschläge, Hass- und Liebesbriefe könnt ihr uns gerne in der Kommentarspalte hinterlassen.
In diesem Sinne: Tschüss, und bis zum nächsten Jahr! Wir sehen uns am SILENCE-Stand!
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über