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Rockharz 2016
Das Rock Harz Festival am Fusse des Teufelsberg öffnete dieses Jahr zum 13. Mal seine Pforten und war im Vorfeld zum dritten Mal hintereinander ausverkauft. Irgendwas muss da richtig laufen und unser Gastautor (Rapunzel) Jentscher ging dem Phänomen Rock Harz mal tiefer auf den Grund.
Donnerstag
Nach doch recht chaotischer Parkplatzsuche und unfreiwilliger Erkundungstour des Geländes (ein paar Einweiser, die für platzsparendes Parken und Campen zuständig sind, wären hier angebracht), hatte ich nun endlich ein Stück Wiese gefunden, welches ich für die nächsten 3 Tage meinen Grund und Boden nenne. Nach dem Zeltaufbau und dem Kennenlernen meiner sehr hilfsbereiten Nachbarn (sie haben alles möglich gemacht, dass der Start in mein Wochenende so angenehm wie möglich war, von dem Reichen des ersten kühlen Bierchen bis zum Ausborgen des Hammers, den ich grundsätzlich vergesse).
Herzlichen Dank! Nun war ich also bereit und machte mich mit einem Getränk in der Hand auf das Festivalgelände.
Und was soll ich sagen, mein persönlicher Opener waren ILLDISPOSED, die mir feinsten dänischen Death Metal um die gespitzten Ohren hauten. Sound, Stimmung, Wetter in Höchstform! Nach dem gelungenen Start machte ich bei den Klängen von SPIRITUAL BEGGARS eine erste Erkundungstour über das schon gut gefüllte Infield.
Die ersten positiven Eindrücke sind gesammelt und zurück ging es zur Bühne. Dort hüllten schon ENTOMBED A.D. die Crowd in eine Wand aus tiefer gestimmter, guter Laune. Ja, Death Metal kann auch Spaß machen. Das erste Mal gesehen bzw. gehört, und schon haben die Schweden einen Fan mehr. Hammer! Bilder gibt es leider nicht, unser Fotograf war sich noch am schminken.
Nach ordentlicher Nackenmalträtierung ging es weiter zu einer der gut besuchten und abwechslungsreich aufgestellten Futterkrippen. Zu festivalüblichen Preisen gab es von Vegan über Fleischberge oder Süßkram einfach alles. Auch komplett, ja KOMPLETT(!), schwarzes Essen gab es dort. Sah gewöhnungsbedürftig aus, trifft aber bestimmt den Geschmack einiger Metalheads. Zumindest war der Spachtelstand gut besucht, ob aus Neugier oder des Geschmacks wegen – man weiß es nicht. Mein eigenes Urteil: netter Gag, aber überflüssig. Erwähnenswert hingegen war der Stand von JointVentureGastronomie sowie die Flammkuchenbäckerei.
Gut gestärkt ging es zu SOILWORK, die den ersten nennenswerten Moshpit auf das Parkett aus Wiese brachten. Wurden im Vorfeld schon Stimmen laut, dass die Schweden recht emotionslos agieren würden, so war davon auf dem RHZ davon nix zu spüren. Im Gegenteil!
Zwischen den grundsoliden Klängen der beiden Heavy Metal Urgesteine von GAMMA RAY und dem Headliner SAXON, tanzte sich das nun stark in Patchouli gehüllte Publikum zu ASP die Hacken wund.
Den Abschluss des Musikspektakels bildeten an diesem Abend ENSLAVED, die mit ihrer schroffen, aber sehr groovigen Eigeninterpretation von Viking-Progressive-Black Metal das Volk ein letztes Mal zum Ausrasten brachten.
Freitag
Aufstehen, das Erlebte aus dem Gesicht gewaschen. Nach Kaffee und Flunky Ball + einer Runde Beer Pong RHZ-Weltmeisterschaft, Austragungsort Ballenstedt Flughafen, hab ich leider den Startschuss des Festivals verpasst. Aber so ist das: ein schönes Spiel unter Nachbarn oder neugewonnen Freunden vertreibt so einige Zeit. Leider sind mir somit KAMPFAR durch die Lappen gegangen. MIST!
Einen elektrisierenden Start in Tag 2 garantierten allerdings die Jungspunde von DUST BOLT, die mit ihrem …ja, wie kann man das nennen… New Thrash Metal auch das letzte Schlafsandkörnchen aus den geschwollenen Augen blas(t)en. Ambitioniertes Bühnenprogramm – denn wer Haare hat, der kann – trifft auf Bay Area Thrash der alten Schule, und wenn du nach diesem musikalischen Energydrink noch immer keinen Bock auf Festival hast, dann ist dir eh nicht mehr zu helfen. Bilder gibt es leider nicht, unser Fotograf war klettern. War bestimmt auch schön.
Nachdem ich mich besonnen hatte und mir meiner Pflicht bewusst wurde, machte ich mich sofort auf den Weg in den Hexenkessel, der mich mit Rock`n`Roll von den NITROGODS in seine mittlerweile 30°C heißen Arme schloss. Die erste, aber nicht letzte, Flüssigstärkung nahm ich an einer der gut und reichlich verteilten Tränken zum Extreme Metal von DER WEG EINER FREIHEIT zu mir.
Schon war die Festivallaune da, und weiter ging es mit COPPELIUS. Wirklich GENIAL, 4-stimmig, 4 klassische Instrumente + Schlagzeug haben nicht nur mir gefallen, obwohl das Ganze doch ein wenig wie Kasperletheater anmutete.
15 Meter weiter rechts krachte der Oldschool Heavy Metal von AXXIS aus den Lautsprechern. Die schon etwas in die Jahre gekommenen Herrschaften sind nicht zu verachten und schaffen es, auch das junge Publikum anzusprechen bzw. zu begeistern. Leider ging deren Autogrammstunde gründlich in die Hose, weil eine gewisse Kombo in Elfenkostümen die ihre maßlos überzogen. Ok, jedem seine 15 Minuten Ruhm. Man kann nur hoffen, dass sie alsbald die selbst gehäkelten Umhänge aus- und den Blaumann anziehen. Vielleicht kommt ja dann was halbwegs Konstruktives bei rum. Ich fand’s sehr schade für AXXIS.
Nach dem Gig von PRIMORDIAL machte ich mich auf die Socken, da ich auf KÄRBHOLZ gut verzichten konnte, um Jacke und lange Hose zu holen. Pünktlich zurück zu SATYRICON, was Dank des nicht allzu großen Geländes in 40 Minuten locker zu schaffen ist. Die Norweger zelebrieren aktuell das 20jährige Jubiläum ihres – für viele eines DER wegweisendsten des Black Metal – Albums „Nemesis Divina“. Trotz Backofenhitze stellten sich bei dem anbetungswürdigem „Mother North“ sämtliche Haare gen Himmel, geile Scheiße! Bilder gibt es leider nicht, unser Fotograf war zu Tisch. War bestimmt lecker.
Schon vernahm ich die ersten Gitarrenschläge von KNORKATOR und hoffte inständig, dass die Haarspülung hält, was sie verspricht. Es gab kein Halten mehr bei mir und der Masse um mich herum, die wohl alle dem Aufritt der Chaosband um Stumpen, Alf, Buzz Dee und Jen Majura (EVANESCENCE) entgegen fieberten.
Die Berliner holten spontan zwei Rollstuhlfahrerinnen auf die Bühne, die von Stumpen in pflegerischer Perfektion betreut wurden. Ein weiteres Highlight war der kurze, aber beeindruckende Gastauftritt von Alfs Nachkommenschaft Timtom.
SALTATIO MORTIS und die Headliner des Abends AVANTASIA konnte ich mir nur aus angemessener Entfernung geben. Die scheinen ja echt ihre Berechtigung zu haben und wurden absolut gefeiert, aber mich nervt diese Weichspülermucke massiv.
Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und auf den größeren Festivals wird eine breite Masse abgedeckt, damit für jeden was dabei ist. So verpasste ich dann doch FLESHGOD APOCALYPSE, weil nach bereits 15 Minuten Zugaben bei mir die Kotzgrenze endgültig erreicht war, und ich ging mit Kopfschmerzen ins Zelt. Danke dafür, Tobias! Und auch für peinliche Sprüche wie: „Hey, wir spielen jetzt seit einer Stunde und vierzig Minuten und jetzt noch einen Song von über 10 Minuten. DAS ist Heavy Metal!“ Nein Tobias, ist es nicht!
Samstag
Orientierungslos nach dem Aufwachen – und immer auf der Suche nach dem perfekten Frühstücksangebot – bin ich auf dem Zeltplatz herumgeirrt und fündig geworden: Gaffeee, Bemme, Muffin unn Fanneguchen. Nach nur kurzer Wartezeit hielt ich mein vollendetes Frühstück in den Händen – warum ich jahrelang einen Gaskocher und Kaffeepulver auf Festivals mitgeschleppt habe – ich weiß es nicht! Herrlich, wenn die Lebensgeister so langsam zurückkehren und schon kann’s wieder losgehen!
LOST SOCIETY (welche den Finnland-Tag hier auf dem Rock Harz eröffneten) WINTERSTORM (als Ersatz für DRACONIAN) und HARPYIE: nicht weiter erwähnenswert – vielleicht mausern die sich in den nächsten Jahren noch – einfach mal abwarten.
HELDMASCHINE – was soll das? Nicht nur, dass die Mucke und die Texte stark an RAMMSTEIN erinnern, auch der Sänger gab sich alle Mühe, mit seiner Optik und Gesten wie Lindemann persönlich zu wirken.
OMNIUM GATHERUM scheinen allerdings schon einige Fans angelockt zu haben und steigerten die Vorfreude auf die weiteren finnischen Highlights, die da noch kommen sollten. Bilder gibt es leider nicht, unser Fotograf war sich die Zähne putzen. War bestimmt nötig.
Vorerst aber thrashten sich TANKARD die Stimmbänder aus dem Leib und hatten sichtlich Spaß bei dem, was sie taten. Irgendwie hatte ich Sänger Gerre zwar etwas schlanker in Erinnerung, aber das ist dann vermutlich der ominöse Jojo-Effekt?!
GLORY HAMMER – Power Metal im Ninja-Turtles-Kostüm – was soll man schon zu dieser Kapelle schreiben? Nicht mein Fall. Bilder gibt es leider nicht, unser Fotograf war kacken. War bestimmt … notwendig.
Bei HÄMATOM favorisierte ich lieber einen kurzen Snack am Zelt, um mich von diesem verbalen Durchfall so weit wie möglich zu distanzieren. Schlechte Musik und Aggressionen schürender Müll, der auf einem Deutschrock-Festival wohl besser aufgehoben wäre. Ich möchte als Metalhead mit so einer Kombo nicht in Verbindung gebracht werden. So, nun reicht es aber mit der schlechten Kritik. Das ist meine persönliche Meinung und Basta. Umso mehr begeisterten mich FINNTROLL, die nun das Finnishfire endgültig entfachten, und es sollte nicht so schnell erlöschen!
Nach der Trollish-Humppa-Metal-Exkursion schoben sich die Zuschauermassen einfach von der Dark Stage hinüber zur Rock Stage, wo wenige Minuten vorher Petri Lindroos beim Soundcheck das erste Mal zu sehen war. Einige weibliche Fans verfielen in sofortige Befruchtungsstarre, erholten sich aber glücklicherweise rasant, als es bei ENSIFERUM dann so richtig nach vorne ging. Der Rest des Rasens war dem wütenden Pit der Metaller schutzlos ausgeliefert und verwandelte sich zu Staub, der einem die Sicht nahm.
Gut, SONATA ARCTICA nutzte ich dazu, um ein bis fünf Erholungsbiere zu naschen und Kraft zu tanken für meine Melodic-Death-Götter CHILDREN OF BODOM. Nach dem schweißtreibenden Moshen ließ ich mich bei angenehmer Distanz von SUBWAY TO SALLY ins Mittelalter transportieren und freute mich, in passende Stimmung gehüllt, auf das Eintreffen von TANZWUT, die schon in der Autogrammstunde mit Liv Kristine in ihrer goldenen Mitte glänzen konnten. Keine Ahnung warum, aber ich stehe auf altertümliche Instrumente, Met sowie Mittelaltermärkte und deshalb mag ich diese Bands einfach, da sie mich seit vielen Jahren treu begleiten. Wenn da nicht die etwas unpassende Unterbrechung von POWERWOLF stattgefunden hätte, wäre das Festival im Harz mit VERSENGOLD zu einem musikalisch perfekten Abschluss gekommen.
Fazit, nüchtern betrachtet (ja, ich meine das wörtlich):
Das RHZ weiß mit tollem Lineup Metaller jeder Coleur nach Sachsen-Anhalt zu locken.
Super Atmosphäre, ideale Größe – zwischen dark-troll-elitär-klein und wacken-überdimensional-groß.
Wer will, muss auf keine Band verzichten, da auf den beiden Bühnen nichts parallel spielt.
Egal wen man traf – ganz besonders Ordner, Security, Toiletten-Onkels (die wichtigsten Männer überhaupt) – alle waren super freundlich und hilfsbereit.
Das Angebot vor Ort ist gut aufgestellt: von sämtlichem Campingzubehör, Mini-Supermarkt, Schließfachcontainer, in dem man seine Wertsachen bunkern oder das Handy aufladen kann, mehr als ausreichend Dixis sowie Wassertoiletten, Duschen und Waschmöglichkeiten – es hat mir an nichts gefehlt. Musste man dieses Jahr zwar noch 1 Euro für die Nutzung einer Spültoilette berappen, so werden diese nächstes Jahr kostenlos zur Verfügung gestellt.
Einige Veranstalter prahlen mit dem Slogan „Deutschlands schönstes Festivalgelände“, allerdings steht das RHZ mit seiner herrlichen Lage im Harzvorland diesen in Nichts nach.
Wer seine sportliche Seite entdecken will, kann sich mit einem kurzen, aber heftigen, Fußmarsch zur schon erwähnten Teufelsmauer verausgaben, um die einmalige Aussicht über das ganze Festivalgelände – einschließlich des Harzes – zu genießen.
Und natürlich die Gäste! Ein gepflegtes sozial-metallisches Miteinander wird hier nicht nur propagiert, sondern auch gelebt. Egal ob prall gefüllte Geldbörsen oder Autoschlüssel, das längst verloren geglaubte Gut findet sich zu 90% und meist unversehrt im Lost & Found-Stand ein. DAS ist Metal, Tobias Sammet!
Für mich eine wundervolle Erfahrung, die ich 2017 gerne wiederholen möchte. Bestätigte Acts für Ausgabe Nummer 14 sind bisher IN EXTREMO, ARCH ENEMY, MONO INC. und DEATH ANGEL. Die Frühbucherpackages sind schon seit dem 11.07.2016 auf www.rockharz.com erhältlich.
Unser Fotograf Max wollte sich noch persönlich bei euch … Max? Max geht Katzen streicheln. Nein, nicht anlecken! Max! Mahax …
Jetzt aber Schluss, seht es euch nächstes Jahr einfach selbst an, oder wie KNORKATOR sagen:
Zähne putzen, Pullern und ab ins Bett!!
Hier noch ein Betthupferl:
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