Sabatons letzte Bastion?

SABATON – The Last Stand
Veröffentlichungsdatum: 19.08.2016
Dauer: 36:41 Min.
Label: Nuclear Blast
Stil: Power Metal

Um Gottes willen! Was habe ich mir da nur angehört? Kennt ihr diese Art von Band/Album, an das ihr mit wenig Erwartungen herangeht und trotzdem enttäuscht werdet? Genau das ist hier der Fall. Ich habe noch nie eine CD von den Schweden gehört, jedoch wollte ich mir ein Urteil bilden. Also kam ich auf die Idee, SABATONs aktuelles Album mir durch die Gehörgänge zu jagen. Tja, was soll ich sagen, der Opener „Sparta“ fängt schon wie der typische „Ballermann-Metal“ an. Erst mal 40 Sekunden lang das Alibi des harten Kriegers auffahren, um dann im Keyboardsumpf jämmerlich zu ertrinken (bei „Winged Hussars“ ebenfalls zu hören). Doch nach 2 gesichtslosen Tracks werde ich plötzlich hellhörig. „Blood Of Bannockburn“ hat tatsächlich seine Momente, hier stört mich das zuckersüße Schlachtengetümmel am wenigsten. Zwar sind Dudelsäcke nicht jedermanns Sache, und auch hier werde ich den Verdacht nicht los, dass auch dieses Instrument aus der Konserve kommt (wurde aber wirklich eingespielt), dennoch ist es eine angenehme Abwechslung.

Und weil alle Lyricvideos lieben: eines der zahllosen von SABATON…

 

Und als größte Überraschung hat eine Hammondorgel ihren Auftritt. Diese steht SABATON zwar sehr gut zu Gesicht, wird aber leider innerhalb weniger Sekunden verbraten, damit die Schweden wieder in typischen Gewässern segeln können. Wenn das Keyboard leiser und die Produktion nicht vollends aufgebläht wäre, könnte es tatsächlich ein interessanter Song werden, aber meine Hoffnung wird wohl vergebens sein. Danach wird man mit einem belanglosen Intro „belohnt“, welches hier nur als Fußnote genannt wird und die nächste Luftnummer einleitet. Hört euch mal den Anfang von „The Lost Battalion“ an, ich werde hier das Gefühl nicht los, dass diese Melodie und der Rhythmus einer Quizshow entstammen. Wer dann noch die Texte studiert, wird von Klischee-Lyrik und Krieg und Schlachten überhäuft. Das wirkt nicht sehr authentisch, geschweige denn ansprechend niedergeschrieben.

Technische Details und ein Vergleich der Instrumente

Die Produktion tönt sehr teuer, und deswegen suche ich Kanten oder Ecken in diesem Sound vergebens. Alles ist fröhlich, pseudoepisch und glattgebügelt, sodass es jedem sofort ins Ohr geht und sich dort festsetzt. Die Riffs ähneln sich stark, der Bass grummelt unspektakulär vor sich hin, lediglich das Schlagzeug versucht heroisch zu stampfen und klingt dabei künstlich. Netter Fakt am Rande: Für einen Song wurde kein Drumset verwendet, sondern angeblich Waffengeräusche. Sehr originell, 80er-Jahre-Revival oder was? Wenn die Stimme von Joakim Brodén ertönt, rollen sich mir die Fußnägel hoch. Jedes Mal schüttelt es mich, wenn er das „R“ wie Till Lindemann zu rollen versucht. Hinzukommt, dass er das eigene Organ größtenteils durch einen 11-köpfigen (!) Chor zu kaschieren versucht, denn seine Stimme ist nicht unbedingt herausragend.

Die Lieder klingen austauschbar, meist wird in getragenem oder Midtempo „gerockt“ und trotz professioneller Handwerklichkeit bleibt nichts bei mir hängen. Da passt eine Aussage aus einem älteren Interview nur zu gut. Auf die Frage, wie es denn mit Zukunftsplänen aussieht, antwortet der Sänger, dass ein neues Album für das nächste Jahr fast fertig komponiert sei. Klar, nach 17 Jahren Bandgeschichte schleicht sich der ein oder andere Hänger auf einem Album ein. Aber was hier geboten wird, ist einfach nur Stangenware für den Wochenendmetaller, der auch gerne zu NIGHTWISH, VOLBEAT oder BATTLE BEAST „abmosht“. Wer also Ansprüche an intelligente Lyrics und Riffs mit Wiedererkennung hat, lässt besser die Finger von diesem Album.

Autorenbewertung

4
Das hier ist weder Fleisch noch Fisch, nicht mal Tofu. Wir haben es hier mit einem langweiligen Album zu tun. Einzig "Blood Of Bannockburn" und der Bonustrack (!) "All Guns Blazing" zeigen was möglich ist, wenn man sich von all dem Bombast ein Stück weit trennt. Ich vergebe einen Punkt für die professionelle Produktion, 2 Punkte für die oben genannten Songs, sowie einen Punkt für das kompetente Einspielen des Materials.
ø 3.1 / 5 bei 18 Benutzerbewertungen
4 / 10 Punkten

Vorteile

+ tatsächlich 2 Songs, die einige gute Momente vorweisen
+ professionell eingespielt

Nachteile

- kaum Wiedererkennungswert
- platte Texte
- sterile Produktion

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