Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über
Senf der Woche #16 – WACKEN GOES MALLE
Jawoll, SILENCE goes cuisine! Wer seine Pommes nicht nur Schranke, sondern auch mal mit den Variationen des Granum Sinapis veredelt wissen möchte, ist hier genau richtig. Senf in seinen urigsten und verspieltesten Varianten und zu den unterschiedlichsten Gerichten serviert, dargeboten von der SILENCE-Crew.
Thema heute: „Full Metal Holiday“ – Wacken goes Malle!“ Was hältst du vom neuesten Ableger des Festivals?
Lukas meint:
Ein Metal-Festival auf Mallorca? Ist das kreativ? Irgendwie schon. Überrascht mich die Idee? Nope, eigentlich nicht. Nach Wacken Winter Nights, Full Metal Mountain und spätestens nach der Full Metal Cruise, einer Metal-Kreuzfahrt, ist völlig klar, dass die Marke Wacken mit neuen Projekten immer abgefahrenere Wege geht. Ich muss zugeben: mein Ding wäre das nicht. Für viele andere hingegen, die ohnehin einmal im Jahr Malle besuchen, könnte das Full Metal Holiday das Nonplusultra sein.
Das Full Metal Mountain ist ein Format für eher sportlich versierte Besucher, während die Full Metal Cruise für ein gemütlicheres Klientel mit der etwas praller gefüllten Brieftasche gedacht ist. Das Festival auf Mallorca spricht nochmal eine andere Zielgruppe an – die energiegeladenen, feierwütigen, Strand und Sonne liebenden Menschen, denen eine Kreuzfahrt einfach zu ruhig wäre. So gesehen wird hier einfach nur das Angebot erweitert, damit für jeden etwas dabei ist. Es drängt sich nur die Frage auf: Ist das wirklich notwendig?
Auf der einen Seite haben die entwickelten Konzepte bisher Erfolg gehabt. Solange es Leute gibt, die das Angebot wahrnehmen, haben die neuen Festivals sicherlich ihre Daseinsberechtigung. Wer bin ich, den Leuten ihren Metal-Urlaub abzusprechen? Auf der anderen Seite zeichnet sich hier aber auch ein Trend ab, der mir sehr widerstrebt. Skifahren, chillen auf dem Sonnendeck, Birne zulöten auf der Insel – wen zum Henker juckt hier noch die Musik? Der Zirkus drumherum wird immer größer, während das, was ein Metal-Festival eigentlich ausmachen sollte – die Musik! – immer mehr ins Hintertreffen gerät. Es scheint, dass es gar keine Rolle mehr spielt, wer gebucht wird. Bei All Inclusive ist es doch vollkommen irrelevant, wer auftritt, oder?
Selbstverständlich muss man sich bei unserem Überangebot an Festivals eine Nische schaffen. Ein Alleinstellungsmerkmal finden, durch das man auffällt und die Konkurrenten aussticht. Allerdings werden allmählich Grenzen überschritten. Es wird immer abgehobener, immer wahnwitziger, und – schaut man sich einmal die Preise der Full Metal-Projekte an – immer teurer. Wo man früher warb „Das Festival mit den coolsten Bands und der schönsten Location, Hotelübernachtung inklusive!“, heißt es heute „Urlaub am Strand! Fressen frei! 4****-Hotels! Und, ach ja, fast hätten wirs vergessen – ein paar Bands sind auch noch da!“. Die Musik ist nicht mehr als ein Aufhänger, der dazu dient, den potentiellen Kunden zu suggerieren, dass es sich bei diesem Urlaub um etwas ganz Besonderes handelt – wo Metal drauf steht, muss schließlich auch Metal drin sein!
Es ist deshalb nicht das Full Metal Holiday als solches, das mich die die Stirn runzeln lassen. Es ist die Gesamtheit der neuen Projekte unter dem Wacken-Banner. Wo das W:O:A selbst noch durch seine Vielfalt an Bands glänzt, vermitteln die Ableger den Eindruck, auf Krampf als drölfzigstes Special-Festival, das die Welt noch nicht gesehen hat, in die Geschichte eingehen zu wollen. Ich werde diese Entwicklung mit Interesse weiter verfolgen. Ich bin ehrlich gespannt, was Wacken als nächstes aus dem Hut zaubert – mit einem Full Metal Field würde bestimmt niemand rechnen.
Alex findet:
Es könnte einem so vorkommen, als würde ein Großteil der Metal-Gemeinde Wacken mittlerweile boykottieren. Oftmals werden die Wiesn, Partys am Ballermann und Kirmes zum Vergleich herangezogen. Dann fühlen sich alle mächtig überlegen, während sie in ihrer eigenen Kotze auf irgendeiner Mini-Veranstaltung ins Delirium hinübertreiben. Dass ICS jetzt eine Metal-Party auf Mallorca veranstaltet, könnte man dahingehend mit verschiedenen Prädikaten versehen: Konsequent, realitätsvergessen, strategisch unklug. Doch warum sollte es keine Alternative zu den „Acker-Festivals“ geben? Die Welt bereisen und nebenbei Musik hören? Eigentlich ein guter Deal.
Es gibt jedoch in unserer Szene zwei Probleme. Zum einen das böse Wörtchen “Kommerz”. Die Preise für Veranstaltungen wie Full Metal Cruise (min. 1199 Euro) und jetzt Full Metal Holiday (min. 1129 Euro) sind straff – verglichen mit normalen Festivalpreisen. Das Problem: Der Grundpreis einer solchen Veranstaltung, die Reise an sich, macht ja bei weitem den größten Teil der Kosten aus. Klar, diese Schiffsfahrt – selbe Route, selbe Zeit, selbe Kabine – wäre eigentlich billiger zu haben! Selbiges wird vermutlich auch für das Zimmer im 4-Sterne-Hotel auf Mallorca gelten. Dabei vergisst man aber den logistischen Aufwand, der dahintersteckt. Wenn man dieses Konzept als Kommerz betitelt, sollte man auch Sommerurlaub boykottieren. ICS hat einfach festgestellt, dass Leute in Wacken ihren Sommerurlaub verbringen. Wieso soll man also nicht versuchen, beides zu ermöglichen – richtigen Urlaub UND Festival? Und damit dann natürlich auch Geld verdienen.
Das andere Problem ist die Überheblichkeit. Es gibt eine Riege von Kleingeistern, deren Kosmos zu beengt ist, um sich vorstellen zu können, dass es auch Menschen gibt, die nicht mehr in ihrer mit Bandpostern tapezierten Studentenbude hocken und am Schrein von Dimebag Darell beten. „Es gibt auf Wacken noch andere Dinge als Bands auf ganz normalen Bühnen? Was hat das noch mit Metal zu tun?!“
Ich verstehe die Frage überhaupt nicht. Was genau ist an einer Kreuzfahrt mit Frei-Suff und Bühnen überall nicht Metal? Dürfen Metaler nicht auch mal in den Urlaub fahren? Oder im Alter mal ein wenig Komfort haben wollen? Ich kenne überhaupt nur eine kleine Anzahl von Menschen, die einem Lebensstil folgt, den man mit dem Prädikat „Metal“ versehen könnte. (Gibt es das überhaupt?) Ich spreche mich stets für Wacken aus, da es Jahr für Jahr eines der besten Festivals ist. Kleine Festivals KÖNNEN besser sein – die wenigsten sind es.
Ich sehe Full Metal Holiday nur aus Marketing-Sicht problematisch. Das hängt mit den genannten Verallgemeinerungen zusammen: Mallorca = Ballermann und ICS = Wacken. Ist Wacken jetzt dementsprechend also WIRKLICH mit dem Ballermann gleichzusetzen? Tatsächlich liegt das Hotel Iberostar Club Barca jedoch an der Südostküste der Insel, die weniger touristisch geprägt und landschaftlich hoch attraktiv ist – und nichts mit dem Ballermann zu tun hat.
Was man zudem nicht vergessen darf: Diese Veranstaltungen sind nicht Wacken. Wacken ist immer noch dieses Festival auf dem Acker im Norden. Full Metal Holiday wird nur von der selben Firma durchgeführt. Nicht das Festival ist also “Ballermann”, sondern das Know-How dieser Leute steckt jetzt in einer neuen Veranstaltung.
Übrigens: “Destination Mallorca” drückt aus, dass noch andere Orte dazukommen werden. Das wird hier also kein “Wacken auf Malle” sondern ein wirkliches “Reise-Urlaubs-Festival”.
Ihr kennt noch mehr Beispiele? Dann her damit!
Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über