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Stoned From The Underground 2018 – Familientreffen auf dem Erfurter Glutacker
Yeah, endlich ist es wieder soweit. Insgesamt zum sechsten Mal (3 Mal davon für Silence) bin ich nun schon Gast vom Stoned From The Underground. Wer dieses Festival kennt, weiß, dass es immer eine besondere Herzensangelegenheit ist, denn auf kaum einer anderen Festivalität des Landes habe ich so viel Herzlichkeit erfahren.
Donnerstag, 12.04.2018
Los geht’s für mich mit einem wahren Heimspiel. INTO THE VOID aus Bad Frankenhausen eröffnen das diesjährige Stoned auf der Zeltbühne. Ihr doomiger Sludge ist zu Beginn schon ein heftiger Schlag in die Fresse und deswegen bin ich etwas überrumpelt. Das ist mir tatsächlich etwas zu derb, um gemütlich in das Wochenende zu starten. Trotzdem wissen die Jungs auf der Bühne was sie am besten können: nämlich authentisch-brachialen Sound erzeugen.
In ganz anderen Gewässern fischen da schon THE DWARVES. Das Quartett um Nick Oliveri hat sich vor allem einem verschrieben – stumpfem Rock! Wer großen Wert auf viel Gefühl und Melodie in der Musik legt, wird hier vermutlich schreiend die Flucht ergreifen. Die Jungs aus San Francisco hinterlassen aber trotzdem bleibenden Eindruck. Sollte mich in Zukunft jemand fragen, was ich von der Show in Erinnerung behalten habe, so kann es nur eine Antwort geben: „Prollige Ansagen und Rumpelsongs!“ Ich weiß bis jetzt nicht so wirklich, was ich von der Truppe halten soll, denn einerseits gehen ihre Songs schon durch Mark und Bein, aber auf der anderen Seite sind ihre Texte und Ansagen schon ganz schön drüber.
Gesitteter wird es da schon mit WUCAN, obwohl die Dresdner auch ordentlich Feuer im Hintern haben. Auf Platte weiß ich von den Flötenrockern immer nicht so recht, was ich von ihrer Musik halten soll, aber Auftritte von WUCAN sind jedes Mal ein Erlebnis. Sängerin Francis hat (wie immer) eine unglaubliche Ausstrahlung, die die Meute vor der Bühne einfach nur mitreißt. Ob nun „Dopetrotter“ oder „Franis Vikarma“ – hier greift einfach jeder Song in das – in diesem Moment – „krautrockverliebte“ Publikum.
Während ich mir bei einem kühlen Bierchen eine Auszeit von der Sonne nehme und mit Kollegen über Gott und Stadionrock plaudere, erklingen von der Bühne plötzlich stadionrockähnliche Klänge. Geil, THUNDERMOTHER! Schon oft von ihnen gehört, aber nie so wirklich damit beschäftigt. Die 4 Damen aus Stockholm heizen die ohnehin schon heiße Stimmung nochmal um ein ordentliches Stück auf. Als dann auch noch auf der Gitarre getappt wird, ist das Stadionfeeling perfekt. Ihre Hymnen haben definitiv das Potential, große Hallen zu füllen!
Nach den 4 Damen geht es mit 2 Herren aus Hamburg weiter. THE PICTUREBOOKS sehe ich heute zum ersten Mal. Auf Platte ist ihr bluesiger Rock schon eine anständige Nummer, aber live sind ihre Songs nochmal eine ganze Nummer greifbarer. Neben den Songs, die die Stoner allesamt mitreißen, wissen mich vor allem die Ansagen zu überzeugen. Jedes getroffene Wort von Sänger und Gitarrist Fynn Claus Grabke kann ich so unterschreiben und mit einem Kopfnicken quittieren. Er bringt das Feeling des Stoned auf den Punkt: „…endlich mal raus aus der Welt der ganzen Koksnasen und sein, wie man will!“ Amen!
So schnell kann es gehen, da ist der erste Tag schon wieder vorbei. Aber ein ordentlicher Hammer wartet noch. Nur für diesen einen Auftritt sind ORCHID extra aus San Francisco angereist. Wenn die Jungs nicht hart Bock auf diesen Auftritt hätten, müssten sie wahrscheinlich sehr viel Zeit übrig haben. Zum Glück haben sie aber ordentlich Lust auf ihre heutige Messe. Mit sichtlich Spaß rocken sich die „Sabbath-Liebhaber“ durch ihr gut einstündiges Set, ohne auch nur in einer Sekunde einen Energieabfall zu erleiden. Sänger Theo Mindell freut sich sichtbar seines Lebens und hier auf der Bühne zu stehen und hat sich auf jeden Fall den Titel „Fettestes Grinsen des Wochenendes“ verdient.
Auch wenn mir noch ein paar meiner Lieblingssongs gefehlt haben, war das auf jeden Fall ein würdiger Abschluss des ersten Tages. Moment, im Partyzelt geht’s ja noch weiter, denn Veranstalter Fred legt die fettesten Beats der letzten 5 Jahrzehnte auf!
Freitag, 13.04.2018
Was ist das schlimmste nach durchfeierter Nacht auf einem Festival? Richtig, früh morgens im Zelt von 10.000 °C geweckt zu werden. Zum Glück geht es mir nicht mehr so, denn ich habe mir so ein herrliches „Schwarz-Weiß-Zelt“ gegönnt (Grüße gehen raus an Decathlon!). Nachdem ich dann doch gegen Mittag erwacht bin, geht es erstmal Richtung See, die Sünden der letzten Nacht abwaschen. Darunter leiden müssen RED STONE CHAPEL, die ich leider nicht mit meiner Anwesenheit beglücken kann.
Für mich startet der Freitag mit HAVE BLUE auf der Zeltbühne. Und was für ein Start das ist! Ihr psychedelischer Garage Rock bringt mich sofort wieder auf Betriebstemperatur. Selten habe ich in den Jahren, seitdem ich das Stoned besuche, so einen grandiosen Sound auf der kleinen Bühne vernommen. Gut, einen Großteil dazu trägt auch die Band bei, aber hier haben wirklich alle fantastische Arbeit geleistet. Ich prophezeie jetzt einfach mal, dass diese Kapelle noch eine große Zukunft vor sich hat, denn sie ist rundum authentisch und in Sachen Songwriting können sich einige was abgucken.
Raus aus dem Zelt, rein in die pralle Sonne zu ELEPHANT TREE. Von den Briten habe ich schon oft gehört, aber ihre Alben nie bewusst gehört, was ich jetzt schnellstens ändern werde. Ihr knarziger Psych Stoner Doom erinnert schon stark an MARS RED SKY und bekommt durch den Gesang eine ganz eigene Note. Die Stimmen von Gitarrist Jack Townley und Bassist Peter Holland ergänzen sich so perfekt, dass Melodien, die nicht mal so innovativ sind, zu einem starken Gesamtkunstwerk werden. Gegen Ende des Auftritts muss ich mir aber ein schattiges Plätzchen suchen, denn der Planet ballert unaufhörlich.
Kühler sollte es eigentlich mit DOWNFALL OF GAIA werden. Pustekuchen, auch ihr Sludge-Crust-Post-Metal kühlt, außer das ohnehin schon kalte Bier, rein gar nichts ab. Die internationale Combo ist für mich eine Band, bei denen einfach der komplette Auftritt auf mich wirken muss und ich voll und ganz in der Musik vertieft sein muss. Leider wird das durch einen Stromausfall kaputt gemacht. Ok, da kann die Band nichts dafür, aber trotzdem ist meine Stimmung danach im Eimer und ich nutze die Zeit, um mir was zwischen die Backen zu klemmen und kurz am Zelt nach dem Rechten zu schauen.
Dieser Kontrollgang gestaltet sich allerdings etwas länger, weshalb ich THE DEVIL AND THE ALMIGHTY BLUES sausen lasse. Gesprächsthema Nummer 1 am Camp: Wie kann ich auf einem Festival unerkannt unterwegs sein? Korrekt, mit einer Vokuhila-Perücke und einem Decknamen! Bester Deckname: Ingo Knito! So wirst du sicherlich von niemandem erkannt.
Es reicht jetzt aber auch wieder mit Dummquatscherei und deswegen tragen mich meine Tentakel zu UFOMAMMUT. Die italienische Doom-Walze gibt vor allem Songs vom im letzten Jahr erschienenen Album „8“ zum besten, welche hier auf der Bühne genauso drücken wie auf dem heimischen Plattenteller. Ich fühle mich derart in den Boden gestampft, dass ich den Typen, der meint, auf die Bühne springen zu müssen und die Band zu lobpreisen, nicht so recht verstehen kann. Die Musiker ziehen ihr Ding trotzdem ganz unaufgeregt durch und prügeln eine dröhnende Wand nach der anderen auf die Hörerschaft. Was hier soundtechnisch fabriziert wird, ist schon allerhöchste Dronekunst und sorgt für leichte Stresssymptome bei den Boxen.
Da hat es die Anlage bei LONG DISTANCE CALLING schon einfacher, denn zumindest muss sie hier keinen Gesang einarbeiten, den gibt es nämlich nicht. Ähnlich wie bei DOWNFALL OF GAIA muss mich bei LONG DISTANCE CALLING einfach der ganze Auftritt verzaubern. Und wie er das macht! Sowohl Sound als auch Stimmung vor, auf und neben der Bühne befördern mich in dieser einen Stunde ganz weit weg. Das macht definitiv Lust auf mehr und deswegen beschließe ich, während die Jungs noch spielen, ihre Tour Ende November zu besuchen.
Dass EYEHATEGOD nicht viel von Verzauberung halten, sollte kein großes Geheimnis sein. Viel mehr geht es hier um Zerstörung, den berühmten Schlag in die Fresse und andere Perversitäten. Kurz bevor die amerikanische Sludge-Legende die Reise über den großen Teich antrat, wurde bekanntgegeben, dass sie nur noch als Quartett auftreten, da Gitarrist Brian Patton die Band nach 25 Jahren verlassen hat. Dem Sound auf dem Stoned tut das keinen Abbruch, denn mit nur einer Gitarre klingt alles nochmal eine gute Portion stumpfer. Viel überraschender ist aber für mich, was für einen fitten Eindruck Sänger Mike Williams auf der Bühne macht. Ich glaube, nicht viele Leute würden heute so aktiv auf der Bühne stehen, wenn sie vor nicht einmal zwei Jahren eine neue Leber eingepflanzt bekommen hätten. Das stimmt mich trotz der brutalen Musik und Texte glücklich, dass dieses Stück menschliche Musikgeschichte noch unter uns weilt. Mit „Peace Thru War“ wird das Kapitel „Freitag der 13.“ auf dem Stoned geschlossen und der Auftritt von EYEHATEGOD ist vor allem eins: ein erhobener Mittelfinger gegen alles und jeden!
Feierabend? Niemals… Aufgrund von Planungsproblemen bei der Tour, beehren uns die New Yorker Garage Punks DIRTY FENCES nun noch im Partyzelt. Wahrscheinlich hätte es keine andere Band im diesjährigen Line Up gegeben, die es um diese späte Uhrzeit geschafft hätte, der wilden Partymeute besser einzuheizen als die 4 Jungs aus Big Apple. Auch wenn sich ihre Songs schon sehr stark ähneln, gibt es wahrscheinlich keine besseren „Partykickstarter“ als „Goodbye Love“ oder „Teen Angel“. Das Fundament für eine weitere wilde Feiernacht ist also geebnet!
Samstag, 14.07.2018
Alle ersticken im Zelt – ich nicht! Herrlich, diese neuen Teile. Ich kann es nicht oft genug sagen. Nach dem morgendlichen Badegang im Alperstedter See, beginnt der Tag musikalisch mit TSCHAIKA 21/16. Was ist das für eine verrückte Combo? Irgendwie passt hier nichts zusammen und doch machen die Berliner um ROTOR-Gitarrist Tim und OHRBOOTEN-Drummer Onkel alles richtig. Ihr großes Chaos verwandelt die Zeltbühne im Handumdrehen in ein Tropenhaus. Völlig unberechenbar zocken sie die Songs ihres Debüts „Tante Chrystal Uff Crack Am Reck“ runter und als Sören mit der Trompete die Bühne betritt, ist die Unordnung perfekt.
Draußen an der frischen Luft geht es mit den Kanadiern DOPETHRONE weiter. Irgendwie komme ich mit ihren neuen Songs vom kürzlich erschienenen Album „Transcanadian Anger“ noch nicht so richtig klar, aber altbekannte Songs wie „Dark Foil“ oder „Scum Fuck Blues“ schlagen wie eine Bombe ein. Als bei Letzterem auch noch BONGZILLA-Fronter Muleboy die Bühne betritt, ist die ganze Show perfekt. Wahrscheinlich verkörpert niemand den Liedtitel besser als DOPETHRONE-Sänger Vincent und Muleboy. Zwei richtige Outlaws eben.
Auf THE MACHINE hab ich mich mit Abstand am meisten auf dem diesjährigen Stoned gefreut. Besonders gespannt war ich auf ihren neuen Bassisten Sander Haagmans, vielen von SUNGRAZER bekannt. Nachdem gestern ihr neues Album „Faceshift“ veröffentlicht wurde, werden mit dem Titelsong und „Crack You“ auch gleich zwei neue Songs zum Besten gegeben. Als dann noch SUNGRAZERs „Common Believer“ angestimmt wird, ist die Party perfekt und die Bierfontänen im Publikum nehmen kein Ende. Bei diesen Temperaturen ist das nicht mal eklig, sondern eine willkommene Erfrischung.
Während SONS OF OTIS spielen, muss ich mir erstmal eine kleine Auszeit gönnen und bei einer kühlen Blondine akklimatisieren.
HOT LUNCH kannte ich bisher nur vom Namen. Ihre Musik ist das komplette Gegenteil vom Wetter. Während ich langsam keine Lust mehr auf den Planeten habe, machen die Jungs aus San Francisco richtig Spaß und sind eine musikalische Erfrischung. Ihr Garage-Surf-Acid-Punk-Mix geht sofort ins Ohr und benötigt nahezu keine Anlaufzeit. Leichte Kost in harten Situationen – so muss das sein!
Ich will nicht sagen, dass es jetzt noch anspruchsloser wird, aber ein bisschen etwas von wildgewordenen Neandertalern haben BONGZILLA schon. Sänger und Gitarrist Muleboy ist die gesteinigte Verrücktheit in Person. Wie immer werden größtenteils Songs vom 2002er-Album „Gateway“ gespielt. Als dann aber, während ich gerade auf dem Weg Richtung Dixi bin, „Weedy Woman“ von „Amerijuanican“ erklingt, sagt mir meine Blase sofort: „Promillo, hiergeblieben!“ Ich glaube, das war das erste Mal, dass ich was von diesem Album live höre und deswegen wird mir dieser Auftritt noch länger in Erinnerung bleiben.
Eine wahre Stoner Rock-Legende beschließt nun auch schon das diesjährige Stoned. Mit NEBULA konnten Fred & Co. KG keinen besseren Abschluss organisieren. Ich begutachte den Auftritt von der Bühne und bin ziemlich überrascht, wie jung und frisch die Musiker von hinten aussehen. Seit über 20 Jahren sind die Jungs aus Los Angeles nun schon unterwegs, scheinbar ohne Schaden genommen zu haben. Als ich ihre Gesichter dann jedoch erblicke, sieht man ihnen ihr Alter aber schon an. Also denkt daran, wenn ihr von vorn nicht mehr so frisch wirkt, achtet darauf, dass ihr wenigstens von hinten noch geil ausseht! Neben „To The Center“, „All The Way“ und „Long Day“ werden sämtliche anderen Stoner-Hymnen zum Besten gegeben, die diese Szene maßgeblich mit beeinflusst haben. In meinen Augen war das der beste Stoned-Abschluss, den ich bisher auf diesem Festival erleben durfte. Frisch, bekannt und mit einem Sound ausgestattet, der einen einfach nur träumen lässt.
Fazit
Tja, was bleibt über das Stoned zu sagen. Für mich bleibt es einfach das Festival Nummer 1, wenn es um Gemütlichkeitsrock geht, auch wenn es mit dem Freak Valley harte Konkurrenz hat. Wobei, von Konkurrenz kann man hier gar nicht sprechen, eher Bereicherung. Denn einen wirklichen Konkurrenzkampf gibt es in dieser Szene wohl kaum, da sie eine riesige Familie ist!
Einen klitzekleinen Kritikpunkt gibt es trotzdem. Von mir aus könnte die Aftershowparty ruhig etwas länger gehen. Oder ihr könnt die Musik auch ab 3.30 Uhr leiser machen, aber bitte lasst sie nicht komplett verstummen!
Bis nächstes Jahr, STONER!
Wer Interesse daran hat, verschiedene Undercover-Festivalgäste (inklusive mir!) zu sehen, sollte sich die Slideshow nicht entgehen lassen!
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Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über