Tagträumen in Thüringen

Bereits zum 16. Mal öffnete das Stoned From The Underground in diesem Jahr seine Pforten. Mittlerweile ist das Open Air zu einer ordentlichen, wenn auch immer noch gemütlichen, Größe angewachsen. Aus dem Kalender eines Stoner/Doom-Maniacs ist dieses Festival kaum noch wegzudenken.

Donnerstag

Nach der gut 1,5-stündigen Hinfahrt schauten wir schon nicht schlecht, als der Zeltplatz schon aus allen Nähten platzte. Weitere 30 Minuten vergingen, bis wir endlich eine ausreichend große Lücke fanden, in der wir unsere kleine Gruppe problemlos unterbringen konnten. Allerdings tat sich hier das Problem auf, dass dieser Platz scheinbar für diverse Tresenkräfte reserviert war. Nach einer kurzen Diskussion mit einem Sicherheitsmitarbeiter, schaltete sich Veranstalter Fred ein und klärte die Situation zur vollsten Zufriedenheit beider Seiten.
Nun aber zur Musik. Für uns startete das Festival erst mit STONED JESUS, nachdem wir vergeblich versucht haben einen der heiß begehrten Plätze vor der Zeltbühne zu bekommen, um uns den doom-rockigen Klängen der Leipziger CHURCH OF MENTAL ENLIGHTMENT hinzugeben. Nachdem die Ukrainer im letzten Jahr Visa-Probleme hatten und ihre Show auf dem Stoned absagen mussten, verlief auch ihre diesjährige Konzertvorbereitung nicht problemlos ab. Bassist Sergey zog sich kurzfristig eine Erkrankung zu und so wurde aus dem Dreigespann ein Duo. Zu Beginn des Auftritts merkte man den beiden die Nervosität noch sichtlich an, doch mit zunehmender Dauer legten sie diese ab. Auch wenn man in etlichen Passagen den fehlenden Bass schon deutlich raushörte, wurden STONED JESUS bedingungslos abgefeiert. Mit seinen humorvollen Ansagen wusste Sänger Igor die Leute bei Laune zu halten, ehe bei „I´m The Mountain“ alle Dämme brachen.
Im Vorfeld des Festivals habe ich mich besonders auf 1000MODS aus Griechenland gefreut. Die 4 Griechen bekommt man hierzulande wirklich selten zu Gesicht und dementsprechend gut gefüllt war es auch vor der Bühne. Mit ihrem fuzzigen Stonersound konnten sie die Zuschauer von Beginn an mitreißen. Absolutes Highlight war für mich ihr Song „Vidage“, der schon sehr an die guten alten KYUSS-Zeiten erinnert. Da ich von der Kapelle restlos überzeugt war, widmete ich mich erstmal dem Merch-Zelt und deckte mich mit LP und Tape-Box der Band ein.
Die Veranstalter gönnten mir auch gar keine Ruhe und ließen als nächstes DOPETHRONE auf mich los. Die wohl mit Abstand stumpfeste Doomband an diesem Wochenende, konnte die Menschenmassen mit Soundwalzen der Marke WEEDEATER umhauen. Vor allem Sänger Vincent wusste mich zu beeindrucken. Mit gebrochenem Bein sprang er auf der Bühne rum, als ob er kein Schmerzempfinden hat. Da kann sich der gute Herr Rose mal eine Scheibe von abschneiden.
Zu guter Letzt hatten sich PETER PAN SPEEDROCK angekündigt. Mit ihrem flotten Hardrock kann ich allerdings nicht wirklich viel anfangen und so machte ich mich auf den Weg ins Partyzelt, um den ersten Festivaltag bei dem ein oder anderen Kaltgetränk ausklingen zu lassen. Den meisten Zuschauern gefiel aber, was sie sahen und so wurde die Band bei einem ihrer letzten Auftritte noch lange nach dem Gig gefeiert.

1000MODS

Freitag

„So ein bisschen Rock ´n´ Roll am Morgen hat dir noch nie geschadet!“

Das sagte mein Vater schon immer zu mir und so nahm ich mir diese weisen Worte zu Herzen und startete den Tag mit den Schweden von HYPNOS. Scheinbar hörte nicht nur ich diese Weisheit in meiner Kindheit und so war schon eine ordentliche Anzahl an Rockern vor der Bühne. Mit ihrem groovigen Rock hatten die 5 Jungs aus Göteborg auch genau die richtige Medizin für die verkaterte Partymeute parat.
Wer jetzt schon eine Überdosis Adrenalin im Blut hatte, dem bot sich die Möglichkeit das ganze Zeug wieder ganz gemütlich abzubauen. TOUNDRA aus Spanien waren die Nächsten, die auf der Running Order standen. Mit ihrem atmosphärischen Postrock wussten sie mich auch durchaus zu überzeugen, ohne mich aber komplett vom Hocker zu hauen. Also nutzte ich die gemütliche Hintergrundbeschallung um mir was Nahrhaftes zwischen die Kiemen zu drücken. Das Essensangebot auf dem Stoned ist festivaltypisch, ähnlich wie die Preise. Merkwürdig finde ich nur die Bezahlweise. Bevor man die Möglichkeit hat sich mit Speisen und Getränken einzudecken, muss man erstmal Bargeld gegen Chips tauschen. Ich verlor dadurch recht schnell den Überblick, wie viele Chips ich noch habe und wann es an der Zeit ist für Nachschub zu sorgen. Da ist mir doch die Old-School-Variante, mit dem geliebten Geldschein zu bezahlen, deutlich lieber.
Musikalisch ging es dann für mich mit IRON WALRUS so richtig dagegen. Die Osnabrücker haben mal wieder bewiesen, dass so eine richtige Doom-Walze nicht zwanghaft aus den USA oder Skandinavien kommen muss. Für mich ist die Band einer der großen Gewinner an diesem Wochenende.
Prominent ging es dann mit SPIRITUAL BEGGARS weiter. Kennt ihr nicht? Die einzelnen Mitglieder sicher schon! Die Schweden, um ARCH ENEMY-Bandkopf Michael Amott, schaffen es auch mal wieder die Zuschauer mit ihrem orgelgeschwängerten Stoner Rock in eine wahre Partymeute zu verwandeln. Dieser Auftritt sagte mir auch schon wesentlich mehr zu, als ihr letzter auf dem Berliner Desertfest.
Nun sollte es also soweit sein. Mein absoluter Höhepunkt des Festivals stand an: BRANT BJORK hatte sich mit seiner Band angekündigt. Einer der Gründungsväter des Desertrock hypnotisierte die Zuschauer mit dröhnenden Gitarrensounds und Gesang, der einen regelrecht mitleiden lässt. Das Publikum würdigte die Darbietung des Zottels aus Palm Desert (Kalifornien) mit reichlich Bewegung und man dachte des Öfteren, dass in einer der vorderen Reihen eine Bombe explodiert ist.

BRANT BJORK

Samstag

Nach einer ordentlich kalten Nacht, wurden wir relativ zeitig von der kräftigen Sonne geweckt, die mein Zelt zum Kochen brachte. Also nichts wie Handtuch schnappen und sich an den sich direkt neben dem Campground befindlichen See schleppen. Mit Bier und Gänsehaut wurde dann erstmal zur Sandbank geschwommen, wo es natürlich zu der üblichen Seekraut-Schlacht kam.
Frische Klamotten an, Schuhe gebunden und ab vor die Bühne zu TRAVELIN JACK. Die 4 Berliner wissen nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit ihren Outfits zu überzeugen. Wie schon am Vortag haben die Veranstalter ein glückliches Händchen bei der frühen Bandauswahl bewiesen.
Der Versuch, meine vom Schwimmen müden Muskeln auszuruhen, wurde von den Briten WITCHSORROW gestört. Ursprünglich wollte ich mir die Truppe gar nicht anschauen, aber die Musik, die den Weg ins Zelt zu mir fand, war einfach zu gut. Also machte ich mich wieder auf den Weg zur Bühne. Gerade angekommen wurde auch eine feine Coverversion von MAYHEMS „Freezing Moon“ zum Besten gegeben. Das war schon echt stark.
Weniger aggressiv, aber umso psychedelischer ging es mit CAUSA SUI weiter. Die Dänen haben auf alle Fälle die Gabe, ein Publikum mitzureißen und komplett zu verzaubern. Bei so manch einem Lied erhoffte ich mir, dass es nie aufhört. Das war auch bei dem kompletten Auftritt der Fall, sodass die 55 Minuten Spielzeit wie im Flug vorbei waren.
Nächste Band: SUMA aus Schweden. Immernoch in einer komplett anderen Welt, konnte auch der Auftritt der Skandinavier ganz ordentlich punkten.
GOMER PYLE musste ich leider verpassen, da mich die Müdigkeit überkam und ich bei MOTHER TONGUE wieder einigermaßen fit vor der Bühne stehen wollte. Dieser Plan ging auch auf. Mit ihrem bluesigen Rock konnten mich die Kalifornier anfangs allerdings gar nicht überzeugen. Von Lied zu Lied riss mich ihre Musik aber mehr und mehr mit und so fand das Festival einen versöhnlichen Ausklang mit mir.

TRAVELIN JACK

FAZIT

Im Großen und Ganzen war es mal wieder ein übergemütliches Stoned From The Underground, was aber an manchen Ecken einen faden Beigeschmack hatte. Zum einen waren da manche Securitys, die sich teilweise schon ganz schön im Ton vergriffen haben. Zum anderen betraf es die Bands, die auf der Bühne standen. Die waren durchgängig richtig gut, allerdings hätte ich mir noch eine Knaller-Band gewünscht. Diese wurde ja mit EYEHATEGOD auch gebucht, doch mussten die Jungs ihren Auftritt leider absagen. Ich bin mal gespannt, welche Bands die Veranstalter zum 2017er-Stoned aus dem Zylinder zaubern.

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