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Das Skaldenfest 2018 – Metal-Wallfahrt nach Würzburg
Samstagmittag. Ich sitze gemütlich im Zug, katere noch ein bisschen aus vom gestrigen Geburtstag, aber meine Laune könnte nicht besser sein. Mein Ziel? Würzburg! Die Stadt, in die ich mich einmal im Jahr liebend gerne für das Skaldenfest Open Air verirre, erwartet mich schon sehnsüchtig. Es geht ins Kloster, richtig gehört. Als ich ankomme, wuseln noch ein paar Mönche durch das Hauptgebäude, in dem die Bands später untergebracht werden. Ein amüsantes Bild, wenn man weiß, dass zu späterer Stunde CARACH ANGREN mit ihrem blutigen Symphonic Black Metal die gesegneten Hallen erfüllen sollen. Aber nicht lange geschnackt, um 15 Uhr startet schließlich schon die erste Band!
ENCHRIDION: Die jungen Wilden
Klar, der Ton hat wie immer zu Konzertbeginn noch seine Macken (das sollte sich leider auch länger nicht ändern). So wirken bei ENCHIRIDION die Klampfen oft dominant über allen anderen Instrumenten. Das ist aber verkraftbar, schließlich spielen die beiden Saitenhexer 1A-versierten Melodeath. Ein kleines Schmankerl bieten außerdem die Keys, die Keyboarder David nicht klassisch auf einem fixen Synthesizer zum Besten gibt, nein! Stattdessen hüpft der Gute mit seiner Keytar auf der Bühne herum und steht seinen Mitmusikern damit in Bewegung und Action in nichts nach.
THRUDVANGAR: Wir können noch Viking!
Klasse Gitarrenarbeit gibt es auch von Raschi und Flo, die mit dem Schwingen ihrer langen Haarprachten das Publikum zu verzaubern wissen (auch mich, ich gebs ja zu). Ansonsten gibt es da weiter nicht viel zu vermelden, schließlich liefert die Gruppe mit einer Bandexistenz von 17 Jahren einfach so professionell ab, dass es da nichts zu merkern gibt. Einzig und allein der Sound bewegt sich immer noch in etwas leisen Fahrwässern.
CTULU: Kvlt dem Tentakeltier
Gesang und Gitarren kommen gut und klar herüber, nur will sich bei mir einfach keine Atmosphäre einstellen. Das mag wohl daran liegen, dass ich CTULU nach einer kurzen Fotosession hinten vom FOH aus lausche. Und dort – ausgerechnet dort! – ist der Sound so leise, dass ich hören kann, wie sich meine Nachbarn unterhalten. Schade drum, schließlich bieten die Jungs sonst eine wirklich klasse musikalische Leistung.
Mal nebenbei bemerkt ist das Catering, das von Veranstalter Muscus sowohl für Bands, Crew als auch Presse (!) organisiert wurde, absoluter Oberhammer. Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Schließlich stellen die wenigsten (auch größeren) Veranstaltungen auch Verpflegung für Fotografen und Schreiberlinge. Großer Dank dafür!
COUNTLESS SKIES: bunt und brutal
Sowohl das Growling von Sänger Ross als auch die Cleanvocals von Bassist Phil kommen auf den Punkt und sind klasse abgemischt. Im Sinne ihrer großen musikalischen Vorbilder schaffen es COUNTLESS SKIES sogar, für die ersten Gänsehautmomente des Abends zu sorgen. Auch der Sound wird immer besser, während die Sonne ihre letzten Strahlen des Tages über die anwesenden Gäste wandern lässt. „Wow!“ reicht damit völlig aus, um den bleibenden Eindruck dieser fröhlichen Truppe zu beschreiben.
EÏS: Und es wird kälter
Das alles schadet dem eiskalt-finsteren Eindruck ihrer Musik allerdings überhaupt nicht. Und so bekommen wir ein musikalisch erstklassiges Konzert der Band geboten, die die Kritiker doch stellenweise spaltet. Auch ich finde ihre Musik auf der Platte eher gewöhnungsbedürftig, live überzeugen die Jungs aber immer wieder!
IMPERIUM DEKADENZ: Die Bühnenkönige
Ganz ungeniert zeigen IMPERIUM DEKADENZ, die kürzlich von einem schweren Plagiatsfall betroffen waren, dass sie sich ihren Erfolg in der Szene sehr verdient erstritten haben. Es gibt wildes, aber präzises Gedresche wie melancholische Passagen auf die Ohren und auch Gesang und Klampfen sitzen wie die Faust aufs Auge. Aber nicht nur vor der Bühne wird gefeiert, auch die Band lässt sich mit Bewegungen und Stimmungsmache nicht lumpen. Da stören auch die spärlich vom getrübten Himmel fallenden Regentropfen niemanden.
Das Finale: CARACH ANGREN
Was ist also mein Fazit dieser Band? Musikalisch wurde hier astrein abgeliefert, auch wenn der Gesang zu Beginn noch kaum zu vernehmen war. CARACH ANGREN bringen symphonischen Black Metal, der tatsächlich für meine Death-Black-verwöhnten Ohren noch nicht zu melodisch und verorgelt ist. Klasse! Die Bühnenshow gehört wahrscheinlich schlichtweg dazu, auch wenn sie bei mir eher Kopfschütteln und Gelächter als Begeisterung ausgelöst hat. Aber das soll sie vielleicht auch gar nicht. Polarisieren ist das Stichwort – und das haben die Niederländer heute Abend eindeutig erreicht und das Skaldenfest 2018 zu einem würdigen Abschluss gebracht.
Auch der schönste Abend hat ein Ende…
… und so finde ich mich nach ein paar Bier und Schnackereien mit THRUDVANGAR auch schon in der Koje ein. Das Skaldenfest hat mich wie letztes Jahr wieder völlig überzeugt und sowohl Bandauswahl (trotz oder gerade wegen deutlich mehr Black Metal im Lineup) als auch Location haben mich wieder absolut begeistert. Wer sich dieses Event zu seinem Spitzenpreis von 10 Euro (!) entgehen lässt, ist schlichtweg selber schuld. Meine beiden Highlights des Abends waren wohl COUNTLESS SKIES und EÏS, die mich mit ihrer sympathischen Art und der großartigen Mucke einfach abgeholt haben.
Schade ist, dass der Ton so lange hat auf sich warten lassen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einem so leisen Metalkonzert gelauscht habe. Das ging leider sicher auch zu Kosten der Wirkung der ersten Bands des Abends. Wenn das nächstes Jahr besser läuft, habe ich wirklich nichts mehr zu meckern. Ich freue mich schon darauf und bin auf jeden Fall wieder am Start!
Alle Fotos stammen von Steffi Unger Photography. Mehr Fotos vom Skaldenfest und anderen Konzerten findet ihr HIER.
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