Schnell geschossen, Streifschuss! – Rage

RAGE – Seasons Of The Black
Veröffentlichungsdatum: 28.07.2017
Dauer: 52 Min.
Label: Nuclear Blast Records
Stil: erdiger Power Metal

Neues Jahr, neues Album

Produktiv wie eh und je lässt Peter „Peavy“ Wagner nach dem letzten Output „The Devil Strikes Againnicht einmal die branche-üblichen zwei Jahre vergehen, bevor nachgelegt wird. Nachdem die neu formierte Band im letzten Jahr besonders unter Alt-Fans für offene Münder gesorgt hat, stellt sich die Frage nach einem Glückstreffer. Können RAGE auch auf „Seasons Of The Black“ Frische beweisen, oder verläuft sich die Sache, wie einst zur Smolski-Ära, in gleichen Bahnen?

Gleich zu Anfang gibt es Grund zur Freude, denn die Produktion ist deutlich ausgewogener als noch auf dem Vorgänger. Der Titeltrack taugt als Einstieg und wird von „Serpents In Disguise“ und dem vorab veröffentlichten „Blackened Karma“ auf ähnlich hohem Niveau abgelöst. Altbekannte Kost, die gleich ins Ohr geht, nach der Breitseite vom letzten Jahr aber auch nicht herausragt. Spannender wird es da im massiv stampfenden „Septic Bite“, das aber textlich eher befremdlich anmutet. Hier lässt Peavy nämlich seiner Liebe für die Urzeit freien Lauf, besungen wird der Biss eines T-Rex. Das Thema ist durchaus unverbraucht, dadurch aber nicht weniger merkwürdig. Aber gut, der Mann hat seinen Spaß daran, und das reduzierte Gitarrenspiel bricht das Album an der richtigen Stelle auf.

Überzuckert?

Schwieriger ist da auch „All We Know Is Not“, eine prinzipiell starke Nummer, deren Catchphrase aber zu stumpf auf den Hörer niederprasselt. Dafür überrascht der Heavy-Part im späten Mittelteil. In gewisser Hinsicht könnte der Song symptomatisch für das Album angeführt werden: wo der textliche Ansatz oftmals interessant ist, fällt die Ausführung zu flach aus. Ich habe ständig das Gefühl, dass Peavy mehr zu sagen hat, im Endeffekt aber nur die Oberfläche ankratzt. Interpretationsspielräume können sich dadurch nicht richtig aufspannen, was zu einer gewissen Eindimensionalität führt.

Das betrifft auch den Abschluss-Vierer, der unter dem Banner „The Tragedy Of Man“ zusammengefasst ist. Den Songs fehlt der musikalische Bezug zueinander, und textlich werfen mich die plumpen Reime in „Justify“ jedes Mal raus. Dabei handelt es sich um eine eher kitschige, instrumental aber mehr als brauchbare Angelegenheit, die vom Refrain vollkommen überzuckert wird. Auch hier punktet der Mittelteil und bereitet auf das düstere „Bloodshed In Paradise“ vor, welches klar als Highlight hervorsticht. Dass das abschließende „Farewell“ wieder im Kitsch badet, rechtfertigt sich durch die Platzierung an letzter Stelle.

„Seasons Of The Black“ gibt sich Mühe, mehr als nur ein Aufguss seines Vorgängers zu sein. RAGE gehen mehr in die Breite, verbrennen sich aber bei den käsigeren Songs leicht die Finger. Einerseits fügen sich diese Titel nicht nahtlos ins Album ein, andererseits haben RAGE dergleichen auf „Unity“ und „Soundchaser“ besser präsentiert. Als Liebhaber dieser Alben freue ich mich natürlich und wünsche mir, dass derartige Ausflüge Bestandteil des Band-Sounds bleiben. Nur eben bitte eleganter eingebunden und mit der Spritzigkeit von damals!

RAGE Online und auf Facebook

Autorenbewertung

8
Dass RAGE so schnell nachlegen, äußert sich zum Glück nicht in Stagnation. Dass "Seasons Of The Black" ein paar Durchhänger hat, muss sich die Band gefallen lassen, insgesamt liegt das Album aber in etwa gleichauf mit dem Vorgänger.
ø 0 / 5 bei 0 Benutzerbewertungen
8 / 10 Punkten

Vorteile

+ breit aufgestellt und gelegentlich auch überraschend
+ dennoch typischer RAGE-Charakter
+ aufgebesserte Produktion
+ satte sechs Neu-Einspielungen aus der AVENGER-Phase in der Super-Sonder-Edition

Nachteile

- nicht frei von Kitsch und Käse
- gelegentlich zu sprunghaft

Du liest diesen Beitrag, weil unsere Autoren lieben, was sie tun - wenn du ihre Arbeit liebst, kannst du uns, wie andere schon, unterstützen. Wie? Mit einem kleinen monatlichen Beitrag über Patreon
Die mobile Version verlassen