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Ultar – Black Metal mit Mut zur Farbe

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ULTAR – Kadath
Veröffentlichungsdatum: 21.10.2016
Dauer: 47:02 Min.
Label: Temple of Torturous
Genre: Black Metal

 

Was „Post“ so ausmachen kann. ULTAR, gerade erst dieses Jahr in Krasnoyarsk, Russland, gegründet, hauen mit „Kadath“ ihr erstes Album raus und pflügen damit das Feld des Post Black Metal. Was mir dabei als erstes extrem auffällt, ist der zurückhaltende Einsatz von Gesang. Schon im ersten Song, „Nyarlathotep“, beinahe passiv, ist er auch in späteren Songs so eingewebt, dass er nicht den Eindruck erweckt, sich nach vorne drängen zu wollen, sondern wirklich wie ein ebenbürtiges Instrument im Gesamtkontext des Songs zu agieren. Das ist neu. Er fungiert so nicht als essenzieller Emotionsträger, sondern als eine Inkredienz von vielen.

Das Album, welches „gerade mal“ sechs Songs beherbergt, scheint umso mehr Kraft und Intensität in jeden einzelnen Song gesteckt zu haben. Klasse statt Masse. „Azathoth“ ist ebenfalls sehr homogen, wirkt beinahe weich. Der Gesang drückt keine völlige Isolation und Ferne jeglicher Möglichkeit der Kontaktaufnahme zur Welt außerhalb des eigenen Körpers aus. Möglicherweise auch eine Folge der gefühlt stärkeren Einbettung des Gesangs in das musikalische Gewand des Songs. Es gibt kaum Kanten im Song, was auch die Frage aufwirft, wie diese wohl live wirken. Zeremoniell? Kommen hier die neuen ALCEST? Der Vergleich mag nicht funktionieren, jedoch haben die Songs von ULTAR durchaus Tiefgang und einen Spannungsbogen. Ein Spannungsbogen mit Wellenmuster, wobei damit keine Durchhänger gemeint sind.

Interessant auch der Mittelteil. „Shores of the Sleeping Seas“. ULTAR bringen uns die Natur ins Wohnzimmer! Wellen, Vogelgezwitscher, atmosphärische Klänge. Welche Band liefert dem Hörer sonst so eine musikalische Verschnaufpause mit? Sehr coole Idee auf jeden Fall!

Ansonsten läuft das Album so weiter wie angekündigt. Sänger Gleb Sysoev zeigt, dass er stimmlich durchaus variieren kann und sein „Instrument“ beherrscht. Und wer sich wundert, dass eine Band kein Jahr alt ist, bereits ein Album rausbringt und darauf einen derart gut aufeinander eingegroovten Eindruck macht: ja, die Mitglieder haben vorher schon zusammen Musik gemacht. Unter dem Namen DEAFKNIFE. Anders wäre so etwas wohl eher schwer zu erklären.

Insgesamt kann man sagen, dass dieser Post Black Metal, wie er hier präsentiert wird, nicht so kalt und einsam wirkt, wie es die Intention von anderen, früheren Black Metal-Bands gewesen sein mag. ULTAR bieten eine sehr atmosphärische, tiefgründige Alternative, welche beinahe Farben malen kann. Die ersten paar Songs laden fast dazu ein, sie im Freien zu hören und sich einfach voll darauf einzulassen, jedoch werden die Songs in der zweiten Hälfte der Platte sehr ausgedehnt und komplex. Es ist fraglich, ob dabei nicht auch eine Überforderung für die Hörer entstehen kann. Und ob dies auch den Songs unbedingt gut tut, sie so zu strecken. Ansätze sind zumindest gute dabei. Aber weniger ist manchmal doch auch mehr.

Autorenbewertung

6
ULTAR legen eine starke erste Platte vor, welche viele gute Ideen beinhaltet und ein starkes Potenzial der Musiker zeigt. Jedoch ist die Frage, ob eine derartige, beinahe überladene Platte wirklich so gut als Erstling ist. Vor allem auch hinsichtlich der Steigerungsfähigkeit. Wo soll das nur hinführen? Das russische Quartett sollte sich in Zukunft mehr um musikalische Ideen kümmern, wie sie die Musik empfinden und vorantreiben können. Sollte es so weitergehen, wie auf dieser Platte, wäre das wohl eher Progressive Post Black Metal. Oder so ähnlich.
ø 4.1 / 5 bei 2 Benutzerbewertungen
6 / 10 Punkten

Vorteile

+ sehr homogene Songs
+ melodiös, atmosphärisch -> Neuerung?

Nachteile

- Songs teilweise etwas überstreckt
- keine Form mehr erkennbar (gewollt?)

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