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Expedition in die atomare Hölle – Cytotoxin

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CYTOTOXIN – Gammageddon
Veröffentlichungsdatum: 21.07.2017
Label: Unique Leader Records
Laufzeit: 39:53 Min.

Seit 2010 hat die ehemalige Karl-Marx-Stadt jetzt schon ein Exportprodukt der besonderen Güteklasse. 
CYTOTOXIN. Nach dem Debütalbum „Plutonium Heaven“ und dem Nachfolger „Radiophobia“ folgt nun das dritte Album „Gammageddon“, welches thematisch erneut die Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl sowie der daraus resultierenden Vertrahlung aufgreift und in äußerst brutaler Form erzählt.

Seit „Radiophobia“ sind nunmehr 5 Jahre vergangen, in denen sich auch im Line-Up der Chemnitzer die ein oder andere Änderung vollzogen hat. So hat Stephan „Stocki“ Stockburger mittlerweile Tobias Olijnyk am Schlagzeug abgelöst, während Jason Melidonie als zweiter Gitarrist die Saitenfraktion komplettiert. Und beide Neuzugänge könnten besser kaum sein!

CYTOTOXIN
CYTOTOXIN

Der Opener „Radiatus Generis“ ist bereits als erste Single erschienen und daher hinreichend bekannt. Schon vor Wochen konnte der Track unter Beweis stellen, dass CYTOTOXIN nichts verlernt haben. So gibt es zu Beginn ein fanatisches Frickelintro, welches dann in Hochgeschwindigkeitsfasching mündet. Dazu gesellen sich abgrundtiefe Growls und unfassbar präzise Schlagzeugarbeit, die bereits in den ersten Minuten des Albums unmissverständlich klar machen, dass es hier keine Gefangenen geben wird. Doch trotz aller technischen Finesse bleiben auch Groovepassagen nicht aus, sodass man nicht permanent verprügelt wird. Fantastisch hier das Outro, bei dem ein Geigerzähler das Riff „mitspielt“, wobei das Ganze mit der gesprochenen Warnung:

„Massive Radiation Detected“

unterlegt ist. Wenn das live nicht dafür sorgen wird, dass Nacken brechen, dann weiß ich auch nicht.

Das folgende „Chaos Cascade“ kommt mit deutlich weniger hochfrequenter Fingerflitzerei aus, wobei mir positiv auffällt, dass die schiebenden Riffs nicht übermäßig tief dargeboten werden, sodass am Ende nur bassiges Geschwurbel übrig bliebe. Bereits hier merke ich, dass sich CYTOTOXIN zwar durchaus ihrer Stärken und Trademarks bewusst sind, sich aber nicht nur auf diesen ausruhen. So wird das Tempo hier und da auch etwas gedrosselt, während Frontmann Grimo die berühmt-berüchtigte „Schweinepfeife“ auspackt. 

 

Die zweite Single „Gammageddon“ folgt unmittelbar danach und besticht erneut durch sehr markante Riffs und Melodielinien, die so vielleicht auch im Death- oder Metalcore auffindbar wären – mit dem Unterschied, dass das Grundgerüst deutlich brutaler ist. So oder so: der Wiedererkennungswert der Songs ist so hoch, wie vermutlich nie zuvor!

Und sofort wird einem die dritte Single, sowie der längste Song der Platte um die Ohren gedonnert. „Chernopolis“ (dieser Titel alleine!) donnert mir mit eindrücklichem Sound entgegen und zeigt mir, dass CYTOTOXIN diesmal alles, was sie seit jeher ausgemacht hat, nochmal verfeinern und perfektionieren konnten. Ohne „Radiophobia“ nachträglich abwerten zu wollen, stellt sich hier doch eine deutliche Weiterentwicklung dar. 
Das zunächst langsam groovende Stück geht sofort in den Nacken, während das Ganze natürlich trotzdem mit Hochgeschwindigkeitsleads garniert wird, bevor der gesamte Song auf volle Fahrt schaltet.

Hoher Besuch am Mikro

Es folgt der direkte Übergang in „Dead Zone Outpost“, ein Spoken Word Interludium, das von hoffnungslosen Überlebenden erzählt, bevor Svenchos „Uagh!“ „Redefining Zenith“ einleitet. Grimo und der ABORTED-Sänger geben sich hier gesanglich die Klinke in die Hand und ergänzen sich hervorragend, wobei der Song an sich leider nicht ganz so sehr im Ohr bleibt wie die anderen bisherigen Stücke. 

 

Sowohl „Corium Era“ als auch „Antigenesis“ holen in puncto Ohrwurmpotenzial jedoch sofort wieder auf, wobei die Band bei letzterem Track von Julien Truchan (BENIGHTED) unterstützt wird. Das Schlagzeug nagelt ohne Gnade, die zweistimmigen Gitarrenläufe packen sofort zu und die Riffs sind eine einzige Walze. Kurzum: dass hier sind Songs, die ORIGIN neidisch machen werden. 
Der letzte reguläre Song „Outearthed“ begeistert mich dann noch einmal mit einer wahnwitzigen Leadgitarre, bevor einen die Riffs zum Ende hin immer langsamer werden und zum Mitnicken zwingen. 

Das letzte Stück „Sector Zero“ ist rein instrumental und nicht minder technisch, als die vorherigen Songs. Trotz allem wirkt der Rausschmeißer auf mich etwas angestückelt. Obwohl ich den Hintergrundgedanken durchaus nachvollziehen kann, steht der Track für sich alleine etwas „nackt“ da.

Der Sprung auf Weltniveau

Meiner Meinung nach haben es CYTOTOXIN mit ihrem dritten Album geschafft, die Weichen in Richtung einer vielversprechenden Zukunft zu stellen. Denn obwohl ich die Grundzutaten des Sounds zum Ende des Albums klar benennen kann, arbeitet „Gammageddon“ permanent auf so einem hohen Niveau, dass man die Jungs ohne weiteres auf Augenhöhe mit internationaler Konkurrenz verorten kann, und muss! Die Entwicklung, die die fünf Jungs in puncto Spielvermögen und Songwriting seit dem letzten Album vollzogen haben, ist mehr als beeindruckend und dürfte dafür sorgen, dass Ostdeutschland international nicht länger ein weißer Fleck auf der Extrem-Metal-Landkarte bleiben wird!

 

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Bild mit freundlicher Genehmigung von Cytotoxin

Autorenbewertung

9
Das dritte Album entscheidet gemeinhin über Gedeih und Verderb einer Band. Was man bis hier hin nicht realisiert hat, wird wohl kaum noch kommen. CYTOTOXIN haben auf ihrem Drittling die besten Songs ihrer bisherigen Bandgeschichte geschrieben und dürften sich damit einen Status erarbeitet haben, der ihnen weit über die Grenzen der Heimat hinaus Respekt verschaffen wird. "Gammageddon" bietet hervorragenden technischen Death Metal, der sich dennoch nicht im Handwerk verliert und Songs liefert, die so markant sind, wie ich es von Bands diesen Spektrums selten gehört habe.
ø 4 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
9 / 10 Punkten

Vorteile

+ verbessertes Songwriting
+ extrem hohes technisches Niveau, ohne die Eingängigkeit zu vernachlässigen
+ druckvolle Produktionm
+ konsequente Fortführung des "Bandkonzepts"

Nachteile

- "Redefining Zenith" und "Sector Zero" bleiben hinter den restlichen Songs etwas zurück

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