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Dead Letter Circus – Interview Edition

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DEAD LETTER CIRCUS machen gerade einen Zwischenstopp in ihrer Europatour, und haben bereits ein neues Album in Planung. Sänger Kim hat sich Zeit für uns genommen und über ihre Musik, Politik und Europa als aktuellen Standort für Rockmusik gesprochen.

S: Kim, danke, dass du dir Zeit nimmst! Ihr seid gerade aus Deutschland zurück. Wie geht es euch?

K: Wir hatten eine fantastische Tour. Deutschland ist ein tolles Land. Wir haben sechs Shows gespielt und sind dadurch auch viel im Land umher gefahren. Dieses Land ist ein sehr interessanter Ort.

S: In Deutschland gibt es auch eine große Szene um diese Musik und die Fans interessieren sich sehr für Bands aus anderen Ländern. Könnt ihr das bestätigen? Oder wie war so euer Eindruck?

K: Es scheint wirklich eine sehr ausgeprägte Rockszene zu geben. Das ist toll und gut für Bands wie uns.

S: Um mal auf eure Musik zu kommen. Spielt Improvisation und rumexperimentieren bei der Proben- und Aufnahmearbeit eine große Rolle? In der Doku zur Entstehung von „Aesthesis“ gewährt ihr ja ein paar Eindrücke in euer Arbeiten.

K: Ja, gerade beim letzten Album haben wir viel Zeit in jeden einzelnen Song investiert. Wir jammen viel über die Stücke und probieren verschiedene Möglichkeiten aus. Wir erforschen jeden Teil davon, was am besten zu allen passt. Das tut der Band sehr gut und fördert die Gruppendynamik sehr stark. Es ist Teil einer Entwicklung.

In den nächsten zwei Monaten wollen wir mit einem neuen Album anfangen und dort genauso arbeiten. Quasi direkt nach dem Ende der Europatour, die jetzt noch kommt. Das wird stressig, es fängt dann wieder alles von vorne an.

S: Siehst du bei DEAD LETTER CIRCUS Ähnlichkeiten zum Free Jazz? Nicht unbedingt harmonisch etc., aber so von der Einstellung her? Die Möglichkeit zu nutzen, beim jammen neue Formen von Musik zu entwickeln? Es ist ja beides sehr intuitiv und zumindest der Free Jazz war ja auch eine Protestmusik.

K: Ich denke schon, dass man das vergleichen kann, insofern, als dass wir beim Songwriting nicht groß nachdenken, sondern es einfach geschehen lassen. Bei dieser Arbeitsweise wollen wir auch bleiben, damit fahren wir ziemlich gut.

S: Also richtet ihr euch auch garnicht erst nach irgendwelchen Genrevorgaben, sondern macht die Musik, die aus euch herauskommt.

K: Als wir angefangen haben, wollten wir garnicht klingen wie irgendeine bereits bestehende Band. Unser Gedanke bei der Gründung war: „Lasst uns eine Band gründen, die noch nicht existiert“. Viele Leute brauchen natürlich Referenzbands, um eine andere beschreiben zu können. Um sagen zu können „Band xy klingt ein bisschen wie Band z“ und blablabla. Wir wollen eben einfach nicht die Musik von anderen wiederholen. Wir versuchen garnicht erst, nach vorgegebenen Bands oder Genres zu klingen. Andererseits gibt es natürlich die unterschiedlichen Genres, aber innerhalb eines Genres kann man schnell eine große Bandbreite von Ausprägungen erkennen.

Wenn wir irgendwo merken, dass wir klanglich zu nah an eine andere Band kommen, probieren wir einfach etwas Neues aus. Wir haben auch von Anfang an versucht, nicht ständig immer genau nach uns selbst zu klingen. Auf den ersten zwei Alben haben wir gerade bei den Gitarren viel daran arbeiten müssen, nicht dahin abzurutschen, immer wieder dasselbe Album zu schreiben. Also haben wir Regeln aufgestellt. Wir hatten ein Flipchart im Proberaum und haben da die Stellen in den Songs markiert, die zu sehr nach DEAD LETTER CIRCUS klingen. Danach musste sich jeder richten. Wir konnten uns nicht in eine Komfortzone fallen lassen.

S: Spielt die Herkunft einer Band noch eine bestimmte Rolle? Sind manche Herkunftsländer immer noch irgendwie etwas besonderes?

K: Ja, ich denke, dadurch, dass es heutzutage überall auf der Welt Konflikte gibt, und das auch Einflüsse auf Bands hat – gerade oft auch auf amerikanische – ist es durchaus oft interessant, auf Gruppen aus anderen Ländern zu schauen. Es gibt immer irgendwo musikalische Bewegungen, und teilweise gibt es, gewollt oder ungewollt, Zusammenhänge mit Politik.

S: Ihr behandelt ja auch Themen aus Gesellschaft, Politik etc. Ist dieser Aspekt der Protestmusik für euch schon auch ein Thema?

K: Wir hören eigentlich immer auf den Song – was er erzählt, worum er sich dreht. Wir wollen die Menschen schon auch auf die Mechaniken der Welt aufmerskam machen und wie viel Einfluss gerade in der westlichen Welt von den Regierungen genommen wird. Mit den heutigen Medien ist das alles sehr komplex. Alles wird immer stärker kontrolliert.

Ich wollte meine Gedanken dazu immer in der Musik umsetzen. Es geht nicht darum, irgendwas zu predigen. Wir sehen uns nicht als jemand auf dem Podium, der den Leuten erzählt, was er denkt. Wir sehen uns als Teil der Masse, die etwas aufzeigen und auf Probleme aufmerksam machen. Gerade auch bei den Konzerten. Garnicht mal, um einzelne Personen zu schädigen, aber um die Leute dazu zu bringen, Verbindungen zu sehen und aufmerksamer zu werden. So können wir die Mündigkeit der Leute mit unterstützen und voran treiben, indem wir mithelfen, ihnen die Augen zu öffnen. Jeder in der Gesellschaft spielt seine Rolle und trägt etwas bei. Und wir können mit der Musik die Informationen transportieren.

S: Spielen Videos dabei eine wichtige Rolle für euch?

K: Ja, absolut. Wir lieben es, Videos zu den Songs zu drehen. Oft sind sie natürlich auch ziemlich teuer, was auch nicht einfacher wird, weil viele Leute nicht mehr bereit sind, Geld für so etwas auszugeben. Das macht es schwer, wirklich gute Videos zu drehen. Die Budgets werden ständig kleiner. Früher waren viele Produzenten auch noch passionierter bei der Sache. Heute ist es schwieriger, gute Leute zu finden, mit denen man das umsetzen kann, was man sich vorstellt. Wir hatten wirklich auch einfach Glück, Leute zu finden, mit denen wir arbeiten konnten. Es hat Spaß gemacht, auch die animierten Teile zu den Aufnahmen hinzu zufügen.

Die Videos stellen eine Erweiterung der Texte dar. Es reicht uns nicht, einfach jemanden zu finden, der eine coole Idee hat. Wir suchen Leute, die sich mit unserer Musik und den Texten auseinandersetzen und die dann etwas dazu entwickeln, so dass es sich ergänzt, und plastischer macht.

S: DEAD LETTER CIRCUS sind in Australien ja auch schon im Radio gewesen und habt da etwas Verbreitung gefunden. Hat euch das viel gebracht, oder wie wichtig war das überhaupt für euch?

K: Ja, gerade am Anfang hat uns das stark nach vorne gebracht. Einer unserer ersten Songs, die wir veröffentlicht haben, wurde damals ausgestrahlt, und hat uns einige Beachtung eingebracht. In Australien ist das Radio noch ziemlich wichtig, und es wird generell ziemlich viel an unterschiedlicher Musik gesendet. Daher war es ein sehr gutes Tool für uns, Verbreitung zu finden. Darüber haben wir es wirklich geschafft, dort einige Bekanntheit zu bekommen und den Leuten ein Begriff zu werden.

S: Merkt ihr das bei den Konzerten auch, dass die Leute im Publikum eure Musik verstehen und darauf einsteigen?

K: Wenn wir nach der Show rausgehen und noch die Leute treffen, sagen mir viele, dass unsere Musik sehr wichtig für sie ist. Das bedeutet mir viel, und den anderen aus der Band auch. Das kommt wirklich auch unglaublich oft vor, dass wir nach Konzerten so Komplimente und Aussagen bekommen, was den Leuten unsere Musik bedeutet. Sie verbindet wirklich viele Menschen auch miteinander, das ist ein großes Kompliment für uns. Auch, dass Leute auf so vielen unterschiedlichen Orten unsere Texte mitsingen können, ist überwältigend. Das ist nicht selbstverständlich.

S: Habt ihr denn schon irgendwelche Pläne? Oder wie arbeitet ihr?

K: Die Tour, die wir gerade in Europa hatten, war gewissermaßen ein Testlauf, um zu sehen, wie es läuft, und ob es sich lohnt, wieder dort hin zu gehen. Und, um ehrlich zu sein, war es ein totaler Erfolg. Wir sind zu 100% überzeugt davon, dass es sich lohnt, das wieder zu tun und zurückzukehren.

Juni nächsten Jahres sind wir nach und laut Plan fertig mit dem neuen Album, und wollen dann im Sommer damit auf Tour gehen.

Wir hatten wirklich viel Spaß auf der Tour. Es ist ein großartiges Gefühl, so weit weg von zu Hause zu sein, und trotzdem so viele Leute vor der Bühne zu haben, die die Texte von deinen Songs kennen. Das darf man wirklich nicht unterschätzen. Die Leute haben die Texte wirklich mitgeschrien und wir haben uns nur gefragt „Wie ist das möglich?“. Sowas tut gut.

Was mir in Deutschland wirklich aufgefallen ist, dass ihr, die Fans dort, wirklich eure Freiheit feiert. Ihr habt wirklich so viel Freiraum und könnt tun, wozu ihr Lust habt. In Australien ist das anders. Es geht auch, aber als wir in Berlin oder Hamburg gespielt haben, haben wir wirklich gemerkt, dass eure Generation sich ihrer Freiheit auch bewusst ist. Ich würde sehr gerne mehr Zeit in Deutschland verbringen, und das Land und das Feeling mehr aufnehmen. Einfach mal drei Monate dort sein und Songs schreiben, das würde ich mir wünschen.

S: Das stimmt. Die Fans scheinen wirklich auch neugierig auf neue Bands aus anderen Ländern zu sein.

K: Das merkt man. Dort ist momentan ein guter Platz für Rock. Wir merken das und wollen auf jeden Fall wiederkommen.

Fazit

DEAD LETTER CIRCUS stehen momentan an einem Punkt, an dem es für sie wohl nur bergauf  gehen kann. Sie haben eine feste Fanbase aufbauen können, haben ein klares Konzept und Bock darauf, die Welt zu betouren. Gerade Europa erscheint ihnen als sehr lukrativ und als quasi das künstlerische und inspirierende Zentrum des Rock. Hier, aber auch überall sonst schaffen sie es, die Leute mit ihrer Musik zu erreichen und wollen ihre Musik dazu nutzen, sie zum Denken anzuregen und Grund zur Diskussion zu sein. Von ihnen werden wir in Zukunft noch mehr zu hören bekommen.

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