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Festivalsound ist fürn Arsch!

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Na gut – Festivalsound ist nicht immer fürn Arsch. Aber leider viel zu oft. Und der Grund ist jedes Mal genau der gleiche.

Ich habe mittlerweile in fast zehn Jahren über 25 Metal-Festivals besucht. Quer durch Deutschland, und darüber hinweg. Es wird endlich Zeit, mich zu einem Thema zu äußern, welches mich seit langem beschäftigt.

Die Situation ist die folgende: Du bist auf einem großen Metal-Festival. Mehrere zehntausend Besucher. Die Headliner-Slots sind mit großartigen Bands belegt. Auf einen bestimmten Act freust du dich ganz besonders – endlich siehst du diese Gruppe live, die du seit Jahren auf deinem Handy mit dir trägst, fast täglich im Bus hörst. Was jetzt kommt, ist der Hauptgrund, warum du über 100 Euro für ein Ticket ausgegeben hast. Plötzlich stehen sie vor dir auf der Bühne. Auf der riesigen Open-Air-Bühne. Endlich. Sie spielen die ersten Akkorde an. Geil. Es geht los! Die Bass Drum setzt ein – und nichts anderes ist mehr hörbar.

Die Doublekicks sind so laut, dass der Rest der Musik dahinter verschwindet.

Wie hinter einer Wand aus Granit

Ich kann gar nicht aufzählen, wie oft mir das schon passiert ist. Besonders Open-Air-Bühnen sind stark davon betroffen. Es spielt auch meistens keine Rolle, wie groß oder teuer das Festival, geschweige denn, wie bekannt die Band ist – es muss nur Musik mit vielen Double-Bass-Parts sein. Schon läuft man Gefahr, dass das Konzert einfach durchweg ungenießbar wird.

Durchweg ungenießbar @Maximilian Bahlk

Meist ist das der Fall bei Death-Metal-Bands. In diesem Genre scheint es eine regelrechte Krankheit zu sein. Bei einem solchen Konzert stehen die Chancen ungefähr 50/50: Entweder man hat guten Sound, oder die Bass Drum ist übertrieben laut und frisst alles andere weg. Warum? Warum ist ersteres nicht der Standard? Besonders mies ist es bei Melodeath-Konzerten. Bei rohem Oldschool-Death kann man es ja fast noch akzeptieren. Wenn aber sämtliche Melodien nicht mehr raushörbar sind – das, woraus diese Musik gemacht ist und wovon sie lebt – ja, warum spielen die Gitarristen denn überhaupt noch irgendetwas?

Ich möchte bitte bei INSOMNIUM die tiefgehenden Melodien spüren! Ich möchte bei HEAVEN SHALL BURN bitte das harte Riffing in die Fresse kriegen! Ich weiß ja, dass ihr gute Drummer habt, verdammt! Aber ich möchte bitte auch die Lieder erkennen können! Bei letzteren war auf dem ROCKHARZ-Festival die Bass Drum so laut, dass es mir trotz Ohrenschutz die Trommelfelle fast zerfetzt hat. Tut das denn Not?

Das ist genau die Scheiße, auf die ich keinen Bock hab!

Ich kann mir vorstellen, dass Outdoor-Sound mixen keine leichte Aufgabe ist. Und ich weiß auch, dass der Sound komplett anders rüberkommen kann, je nachdem, wo man vor der Bühne steht. Aber ich bin oft genug genau aus diesem Grund übers ganze Gelände gewandert, vergeblich einen Spot suchend, an dem ich überhaupt mal die Gitarrenmelodien raushöre. Und wenn sogar direkt vor dem Mischpult – also da, wo die Menschen sich befinden, die das unter Kontrolle haben – der Sound für den Arsch ist, bin ich mir sicher, dass es kein Fehler meiner subjektiven Wahrnehmung ist.

Woran liegt es denn? Warum muss ich auf jedem Festival, das ich besuche, damit rechnen? Sind die Soundtechniker einfach generell überfordert? Wenn ja, warum? Warum so oft? Warum spielen die Bands ihre Songs perfekt, und die Konzert-Experience ist trotzdem ungenießbar, weil die Menschen hinterm Mischpult ihren Job nicht ordentlich machen? Deren einzige Aufgabe ist buchstäblich, dem Konzert einen guten Sound zu verleihen. Wie zur Hölle kann man eine Band denn so klingen lassen, und glauben, das sei in Ordnung? Es schadet ja auch der Band selbst, wenn die Besucher einen Gig Scheiße finden – viele machen sich nicht mal Gedanken darüber, ob es vielleicht gar nicht die Schuld der Musiker selbst ist, dass alles nach Mist klingt.

Was denkt sich der Soundmann dabei?

Oder merkt er es einfach nicht? Klingt es auf seinen Kopfhörern wie der perfekte Mix, weil die Nebenfrequenzen der Bass Drum sich erst in der Luft entfalten? Oder denkt er sich ganz stumpf: „Das ist eine Band, bei der es ordentlich wummern muss!“? Ich versteh es nicht. Man kann es halt auch einfach hinkriegen. Ich habe schon viele harte Metalkonzerte miterlebt, die richtig guten Sound hatten. Darum frage ich noch einmal: Warum ist das nicht der Normalfall?

Wenn einer der Leser Erfahrung auf solchen Gebieten hat, und vielleicht besser über Tontechnik und Festivalsound Bescheid weiß als ich doofer kleiner Journalist – bitte, erklärt es mir. Es ist mir ein Rätsel.  

 


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7 Kommentare

  1. Henning
    11. Oktober 2017 bei 12:17 — Antworten

    Tatsächlich sind die Ursachen vielfältig – als jemand der selbst in dem Bereich tätig ist (und mit Sicherheit auch schon suboptimalen Sound zu verantworten hatte), kann ich versichern, dass sehr viele Faktoren für einen gelungenen Klang verantwortlich sind.
    Ein Kernproblem zeigt sich allerdings immer wieder bei der angesprochenen Kick-Drum. Dieses ist leider wiederkehrend, wird hinter den Kulissen als Prinzip kolportiert und manchmal sogar vom leitenden Tontechniker eines Festivals als Maxime ausgegeben.

    Meine subjektive Einschätzung:
    ========================
    Der „typische“ Sound einer Metall-Kick ist…
    1.) …prägend für die Ästhetik des Genres. (Insb. für dem Genre fremde Zuhörer/Mischer.)
    2.) …zu einem guten Teil mitverantwortlich für den wahrgenommen „Druck“ oder „Punch“.
    3.) …relativ einfach – gewissermaßen nach Rezept – eingestellt.

    Man nehme eine klare Fundamentale, sowie die erste Harmonische, schneide alle Tiefmitten (spätestens um 350 Hz), reduziere auch die Mitten großzügig und addiere einen agressiven Klick um 6 bis 7 kHz. (Ganz fuchsige Techniker addieren noch ein wenig der halben Klick-Frequenz – etwa bei 3200 Hz! 😉 Etwas Limiting oder wenigstens Kompression und gut ist. Zwei Mikrofone (z.B. eine zusätzliche Grenzfläche mit Hochpass und viel Limiting für den Klick) erleichtern die Sache noch weiter. Triggermodule liefern den gewünschten generischen Sound schließlich idiotensicher .

    Der Kickdrumsound lässt sich, insbesondere in Live-Situationen, oft viel einfacher verbiegen und stärker bearbeiten, da die Trommel selbst (als ein eigener Isolator) Einstreuungen anderer Instrumente verhältnismäßig gering hält.

    Daraus ist leider der Mythos entstanden Metall wäre einfach zu mischen (eigentlich ist das Gegenteil der Fall): „Die Langhaarigen wollen, dass es ordentlich böllert. Dreh mal die Kick so zurecht und mach sie amtlich laut! Goil!“
    Es handelt sich also um ein in Handlung umgesetztes Klischee.
    Aber wenn die Kick erstmal so überzüchtet ist, fällt es viel schwerer andere Signale ähnlich konkurenz- bzw. durchsetzungsfähig zu halten. Sprich: wenn transparente Hörbarkeit und Ausgewogenheit aller Instrumente ein Ziel ist, müsste die Kick im Pegel soweit reduziert werden, dass sie (dank fehlender Mitten) wieder gefühlt absäuft. Oder die anderen Instrumente müssten dank geschickter Frequenzwahl und dynamischer Kontrolle ähnlich stark angegangen werden wie die Kick. Und da scheidet sich die Spreu vom Weizen (übrigens schon bei den Musikern, der Wahl ihrer Instrumente und Einstellungen, sowie bei der Abstimmung ihres Spiels).

  2. minuslik
    6. Oktober 2017 bei 21:38 — Antworten

    Danke, endlich spricht mir mal einer aus der Seele! Auch mir als Audiophilen geht der Bassbrei auf Konzerten und Festivals total gegen den Strich. Immerhin gibt es noch löbliche Ausnahmen, wie das Feuertanz-Festival und Sonata Arctica auf dem diesjährigen Summer Breeze. So ausgewogen hätte ich es gern immer.

    Allerdings sind anscheinend die Hörer Teil des Problems. Wenn ich mich so in meinem Umfeld umsehe, sehe ich überall nur Stereoanlagen mit bis zum Anschlag aufgedrehtem Bassregler und/oder viel zu laut eingestellte Subwoofer (auch wenn ich meine Boombox irgendwohin nehme, wandert der Subwoofer-Regler immer auf magische Weise nach rechts) und wenn doch mal einer der Profis eine ausgewogene Mischung hinkriegt, heißt es sofort »zu wenig Bass«. Die Leute sind dieses Gedröhne halt einfach gewohnt und leider ändern sich Hörgewohnheiten nicht von jetzt auf gleich. Was tun? Da fällt mir nichts ein, außer den Kumpels mal ihre Sachen auf einer High-End-Musikanlage vorzuspielen und auf ein »Aha«-Erlebnis zu hoffen.

  3. Schroom
    6. Oktober 2017 bei 13:42 — Antworten

    Was mir aus Erfahrung in all den Jahren als Fan und auch als Musiker aufgefallen ist, liegt es auch oft sehr daran dass die Soundtechniker mit dem Musikstiel oft gar nichts anfangen können. wenn du einen nimmst der selbst nur Hip Hop oder Techno hört, kann der mit Deathmetal natürlich nichts anfangen und hat kein Ahnung in welchem Verhältnis was zu mischen ist. Vor allem bei Vorbands ist das oft ein Problem da Headliner öfter ihre eigenen Soundguys mit bringen. Dass dies der Grund ist merkt man dann wenn plötzlich bei einer Band der Sound perfekt ist und bei den Davor Müll.
    ein anderer Grund ist oft, selbst wenn die Band einen eigenen Tontechniker hat, wird dieser oft nur sehr kurz vorm Konzert ans Pult gelassen, und hat kaum Zeit alles einzustellen, auch der Soundcheck darf oft nicht ausführlich stattfinden aus Zeitdruck und wenn man selbst nur eine kleine Vorband hat darf man öfters nicht mal ans Mischpult, da der Headliner mittags Soundcheck hatte und alles eingestellt wurde für den. du als kleine band bist halt nichts Wert in deren Augen… traurig aber das sind meine Erfahrungen.

    • Henning
      11. Oktober 2017 bei 12:32 — Antworten

      Ich kann Deine Erfahrung sehr gut nachvollziehen, möchte aber (quasi von der anderen Seite der Regler aus), hinzufügen, dass leider Vorbands häufig viel weniger „Mischer-freundlich“ sind, als die größeren Headliner. Schlechteres Zusammenspiel bzw. mangelnde Tightness (einfach oft dank weniger Live-Erfahrung) an erster Stelle. Zu wenig Mitten und zu viel Gain in den Gitarren, keine Mikrofonkontrolle beim Sänger, Bassisten ohne Timing aber mit viel zu inkonsistentem Anschlag etc. pp.

      Und in der Wahrnehmung von Publikum und Band, ist der Mischer dann gerne auch mal der „Hauptschuldige“ – das Problem hat also zwei Seiten. (Auch wenn die Abwertung des Support-Acts leider immer noch regelmäßig vorkommt.)

  4. Florian
    6. Oktober 2017 bei 13:39 — Antworten

    Hallo
    um einen guten Sound zu bekommen sind einige Komponenten zu beachten.
    Das geht bei der Band los, beim Ton techniker (Stage Hands) weiter aber auch die zur Verfügung stehenden Anlage, was Veranstalter verantwortung ist, sind so die wichtigsten Punkte.
    Prinzipiell ist es immer leicht auf den SoundMan zu schauen und ihm die alleinige Verantwortung zu zuschreiben.
    Ein Techniker meinte mal zu mir, „wenn hier am Mischpult nur Scheiß ankommt kann ich da auch keinen guten Sound rausbekommen, der Effekt Shit in, Great out, ist leider noch nicht erfunden“.
    Und man wundert sich dann doch welche Bands, darunter auch Namenhafte, nicht in der Lage sind nen ordentlichen Bühnensound hinzubekommen.
    Ein weiterer Punkt ist dann oft der mitgebrachte Tontechniker, der mit neuen Komponenten im Equipment nicht klar kommt.
    Das Techniker bei Festivals nur den Kopfhörer Sound prüfen ist falsch oder wäre dann einfach extrem schlechtes Handwerk!
    Die Fehlerquellen bei Festivals im Vergleich zu Clubs sind natürlich um ein vielfaches höher, falsch gesteckte Kabel, wechselnde Witterung (kalt, warm, Wind, Regen) Bands die nicht ihren eigenen gut funktionierenden Club Sound auf größere Bühnen antizipieren können und ja auch manchmal beschissene Tontechniker

    • Florian
      6. Oktober 2017 bei 13:56 — Antworten

      Achso zum Thema Drummer und Double Bass Parts. Ist meist auch schlechtes Handwerk!
      Gute Drummer haben eine gleichbleibende Dynamik, der Techniker pegelt den Sound stellt Effekte wie z.B. EQ ein, dann geht der Double Base Part los, und alles explodiert weil auf einmal wie blöde reingehauen wird, das wiederum lässt sich Live und gerade auf Festivals schlecht bis schwer durch den Techniker ausgleichen.

  5. Stefan
    6. Oktober 2017 bei 12:36 — Antworten

    Da hast du teilweise echt recht
    Auf open air konzerten oder festivals ist es aber auch oft sehr schwer für den soundman
    Da er auch nur den ton so hört wie er durch seine Kopfhörer kommt und nicht wie es das puplikum hört
    Ich kenn mich da nicht besonderst gut aus
    Ich spiele selbst in einer band und weis daher das das mischen der lautstarken oft schweirig wir
    Vorallem wenn man u ter Zeitdruck steht und das puplikum nicht lange warten lassen möchte
    Auf Konzerten in hallen ist der sound allerdings oft sehr gut
    Auf amon amarth ist mir damals aufgefallen das sie sogar besser als auf dem album waren

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