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He, Mastodo… äh, OHHMS?

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OHHMS – The Fool
Veröffentlichungsdatum: 31.03.2017
Dauer: 59:24 Min.
Label: Holy Roar Records

Was verstehen Sie unter „progressive“? DREAM THEATER? Komplexe, elitäre Mind-fuck-Musik auf heftigstem Geschrammel als Basis? Ja? Können Sie auch ruhige Lagerfeuergitarre akzeptieren, zu der auch Walgesänge als Begleitung passen würden? OHHMS aus Canterbury, England, beginnen nämlich genau so ihr neues Album „The Fool“. Haha!

Klingt langweilig? Na gut … „The Magician“ haut dafür anschließend ziemlich in die Kessel. Die Wale sind weg. Der Song ist sehr abwechslungsreich, spritzige Drums, melodiöser Gesang. Die Länge wird dem Subgenre jetzt auch gerecht. Die Dauer des Songs auch. Teilweise glaubt man, MASTODON durchzuhören. Das Artwork der CD unterstützt diesen Gedanken zusätzlich noch. Mehrere Parts tauchen auf, die mal mehr mal weniger interessant sind, den Hörer jedoch nie abschweifen lassen. Und dieses Zwanghafte von DREAM THEATER kommt glücklicherweise nicht auf. Sehr angenehm.

„The hanged man“ kommt dann ganz ungewohnt, beinahe mit exotischer Klangwand daher. Schlagzeug gegen die Saitenfraktion, der Sänger allein gegen beide Gruppen. Exotismus meets Core-ähnliches Gebrülle. Klingt nicht unbedingt schön, wird auch nicht besser. Mag sein, dass frisch Gehängte so zappeln wie der Schlagzeuger, aber die Luft, die der Sänger hier verbraucht, haben sie nicht mehr. Lame … Zur Mitte hin schaukelt sich der Song dann wieder runter. Irgendwie scheinen die Musiker hier nicht zu wissen, wo es musikalisch hingehen soll. Und man wird sich auch nicht einig. Schade.

Über Schwäne und dunkle Tunnel

Die zweite Hälfte des sechs Songs umfassenden Werkes startete fokussiert, direkt und mit einem treibenden Beat. Witzigerweise könnte man bei „The World“ sogar klangliche Parallelen zu PANTERA ziehen. Aber das wäre vom Grundsatz  her falsch. Der Song wirkt sehr maschinell, was hier nicht negativ gemeint ist. Es ist wie eine Zugfahrt, bei der sich kurze, dunkle Tunnel mit Abschnitten an Felswänden in einem Tal abwechseln. Viele unterschiedliche Parts, bei denen immer wieder neue Eindrücke auf einen einprasseln, nur um sofort wieder von etwas Neuem abgelöst zu werden. Hat was, wird hier auch nicht anstrengend. Der Song lädt dazu ein, sich mal voll darauf einzulassen.

Dann „The Lovers“ (und ja, fünf von sechs Titeln dieses Albums beginnen mit einem Artikel). Der Zug steht wieder, wir haben einen ruhigen See mit kitschigen Schwänen (oh Gott, der Titel macht dieses Bild nur noch schlimmer). Der Song ist wenig progressiv und taugt wohl auch nicht als Aufzugmusik.

„The Hierophant“ beginnt… mit einem Röhren, wie man es von großen Rüsseltieren erwarten würde. OHHMS sind sich wohl für nichts zu schade. Vor allem lassen sie diesen Ton weit über zwei Minuten lang stehen. Wer da nicht schon weggeschaltet hat, bekommt einen imposanten Eindruck davon, wie weit „progressive“ gefasst werden kann. „Experimentell“ würde es wohl besser treffen. Der Song erinnert eher an eine Electro-Indie-Messe, welche von einem Priester in einer Höhle in Australien zelebriert wird. Krass. Wie das ganze Album. Es geht sehr stark hin und her, haut dem Hörer immer wieder was Neues in die Fresse, und bietet ihm dabei noch so viel. Das muss man können!

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Autorenbewertung

8
OHHMS bieten den Hörern hier eine ganz neue Auslegung eines Genres an. Man erkennt klar die Grundpfeiler des Progressive Metal. Dennoch schaffen sie es, ganz neue, unerwartete Elemente in diese Musik zu integrieren, ohne dabei peinlich zu wirken oder den Eindruck aufkommen zu lassen, nicht zu wissen, was sie da tun. Wer nicht zu konservativ ist und zulassen kann, Neues in einem bisher relativ starren Zweig des Metals zu erleben, wird an dieser Platte sicher seinen Spaß haben.
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8 / 10 Punkten

Vorteile

+ sehr abwechslungsreich
+ sehr unerwartete Elemente
+ überfordert den Hörer nicht

Nachteile

- teilweise zu nah an etablierten Bands (aber nur selten)
- Songs stellenweise zu vertrackt

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