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Metal Battle – Ein Blick hinter die Kulissen in LUXEMBURG

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Am Samstag, den 26.05.2018 hatte ich die Ehre, mit meiner Band FERADUR  am W:O:A METAL BATTLE teilzunehmen – in Luxemburg.

Einen gewissen Vorteil hat man hier den Bands der großen Länder gegenüber: Es gibt bei uns einfach nicht sehr viele Bands. Und somit viel weniger Konkurrenz. Keine Qualifikationsrunden – es geht sofort richtig los. Von allen Gruppen, die sich melden, wählen die Organisatoren die sechs aus, die ihnen am besten gefallen. Diese dürfen dann gegeneinander antreten. Im Gegenzug nimmt Luxemburg dann allerdings nur alle zwei Jahre an der Veranstaltung teil. In der Jury sitzen Experten in allen Bereichen – Schlagzeuglehrer, professionelle Gitarristen, aber auch ganz einfach Metal-Fans. Jede Band darf 20 Minuten spielen, dazwischen gibt es jeweils knappe 15 Minuten Umbaupause. Der Gewinner darf dieses Jahr auf dem WACKEN OPEN AIR auftreten. Hier der Blick hinter die Kulissen.

Die Vorbereitung

Treffpunkt für die Bands ist 15 Uhr – das mag ein bisschen früh erscheinen. Es gibt bis zum tatsächlichen Konzertneginn allerdings noch viel zu tun! Außerdem muss man davon ausgehen, dass sich bei sechs Bands mit durchschnittlich vier Mitgliedern schon so einiges an Verspätung akkumulieren kann. Schätze mal, es geht bei der Zeitrechnung darum, sicherzustellen, dass alle um 16 Uhr komplett und ready vor Ort sind. Bis dahin heißts erstmal wie vor jedem Gig: Autos vor der Location parken, Instrumente, Verstärker, Merch und sonstiges Bandmaterial in den Backstage schleppen. Für jede Band ist dafür ein eigener, mit Panzertape am Boden markierte Abstellbereich vorgesehen.

Um 16 Uhr dann das erste Briefing: Der zeitliche Ablauf des Abends wird den Anwesenden erklärt. Um 17 Uhr soll klargestellt werden, welche Band wann spielt, um 18 Uhr dann Aufbau und Soundcheck für den ersten Act. Ab 18.30 gibt’s Futter, Einlass 19.30 und das erste Konzert beginnt um Punkt 20 Uhr. Strammer Zeitplan!

17 Uhr: Die Reihenfolge wird bestimmt!

Und zwar durch Zufall. Es gibt sechs Bierdeckel, auf deren Rückseite jeweils eine Ziffer von eins bis sechs steht. Nacheinander kann jeweils einer von jeder Band antreten, und einen davon aufdecken – die gezogene Ziffer ergibt den Slot, an dem die Band spielt. Wir lassen den Anderen erstmal den Vortritt, und ziehen die Karte, die übrig bleibt. Es ist die 1! Dies birgt sowohl positive als auch weniger positive Aspekte: Als Opener hat man es gewöhnlich immer etwas schwerer, zu den Zuhörern durchzudringen – auch wenn dies gerade beim METAL BATTLE eigentlich am wenigsten eine Rolle spielen dürfte. Positiv ist, dass wir jetzt die Chance haben, Aufbau und Soundcheck selbst zu machen. Wir können uns Zeit lassen und alles so lang kalibrieren, bis es passt. Jede andere Band muss heute innerhalb von 15 Minuten zusehen, dass alles steht.

Nach Aufbau und Soundcheck gibt’s erstmal Catering. Richtig leckeres Chili, außerdem Obst, Kekse, Chips und eine Auswahl an Getränken. Die Kulturfabrik in Esch/Alzette bietet echt jedes Mal wieder richtig guten Service für die Bands, das kann ich nur hervorheben! Auch die Location hat was – früher war die Halle ein Schlachthaus, und im Backstage hängen immer noch die Fleischerhaken an der Decke. Mehr Metal geht wohl nicht! Das Chili heute gibt’s übrigens auch in veganer, glutenfreier Variante.

Die Aufregung steigt

Die Sonne drückt. Vor der Location sammeln sich so langsam die ersten Gäste. Noch weniger als eine Stunde bis zum ersten Konzert. Die innere Aufregung steigt. Zwar bin ich meistens nicht so aufgeregt vor Auftritten, aber der Umstand, dabei beobachtet und bewertet zu werden, sorgt dann doch irgendwie für Bammel. Fühlt sich ein bisschen an wie vor einer Matheprüfung in der Schule. Ich setze mich in eine ruhige Ecke und spiele mich erstmal warm. Das heißt, ich spiele einmal unser ganzes Set auf einem imaginären Schlagzeug durch. Sieht bestimmt lustig aus. Und oha! – schon geht’s los.

Der Startschuss fällt!

Seid gegrüßt – Feradur ©Elena A. Photography

Um knapp nach 20 Uhr stehen wir mit FERADUR auf der Bühne. Ich würde ja gerne einen detaillierten Konzertbericht abliefern, aber der ganze Auftritt kommt mir vor wie 20 Sekunden. An einige Dinge erinnere ich mich: Das Backdrop ist auf die Wand hinter uns projiziert, in weiß – und ich sitze genau im Lichtstrahl. Weiter als die Hinterköpfe meiner Mitstreiter und die bekannten Gesichter in der ersten Reihe sehe ich also nicht. Der Adrenalinrausch lässt alle vier Songs sich anfühlen, als würden wir sie mindestens 30 BPM zu langsam spielen. Ein Blick auf das Metronom versichert mir jedoch das Gegenteil. Ich höre nicht allzu gut, was meine Bandkollegen spielen – war die Monitorbox beim Soundcheck nicht lauter? Und die Hitze! Ich tropfe schon nach dem ersten Song. Außerdem: Bei jedem Kickdrumschlag stoße ich mit meinem rechten Bein gegen eine Schraube der Snare – habe aber weder während, noch zwischen den Songs Zeit, diese umzustellen. Au.

Uuuuund – Gig vorbei. Keine Ahnung, wie gut wir gespielt haben. Den Kommentaren nach zu urteilen, hats den Menschen im Publikum allerdings gefallen. Hoffentlich der Jury auch!

Modern un Progressiv

Wut und Zerstörung – Inhuman Rampage ©Elena A. Photography

Zweites Konzert des Abends: INHUMAN RAMPAGE! Den Namen schon oft gehört, die Band habe ich aber bisher noch nie live erlebt. Klar ist jedenfalls von erster Sekunde an: Diese Jungs wissen, was sie tun. Sauber abgelieferter Deathcore/Modern Metal mit technischen Spielereien und kreativen Schlagzeugspuren – kann man sich definitiv geben! Dazu wird auf der Bühne hart zur Musik abgegangen. Keine Sekunde Stillstand seitens der Musiker und der Sänger haut so ziemlich das komplette Repertoire an klassischen Core-Stagemoves raus. Auch stimmtechnisch wird abgeliefert – von hoch bis tief ist alles vorhanden. Und das mit voller Kraft! Und: Keine halbherzigen Clean-Vocals. Stattdessen Wut und Zerstörung. Passt!

Uh! – Decipher ©Elena A. Photography

Als Dritte treten dann DECIPHER auf. Zwar gibt es diese Band schon seit einigen Jahren, aber von Aktivität konnte leider lange Zeit nicht die Rede sein. Erst jetzt, seit kaum mehr als ein paar Wochen, treten die Atmospheric-Progressive-Death-Metaller (eine klarere Stilbeschreibung konnten mir die Musiker selbst auch nicht geben) überhaupt wieder live auf. Neue Besetzung, frischer Wind und los!

Sofort ist das Publikum von den atmosphärischen Gitarrensounds eingehüllt. Dazu schiefe Taktarten, harte Rhythmusgitarre und abwechslungsreiche Vocals (von unterschiedlichen Scream- und Growl-Techniken bis hin zu tatsächlich passenden Cleans). Das Gesamtpaket stimmt und weiß zu überzeugen. Trotz kleiner technischer Schwierigkeiten zu Beginn des dritten Songs ein sehr stabiler wie auch wohlklingender Auftritt! Gerne mehr davon.

They Came To Rock

Angery – Sleepers‘ Guilt ©Elena A. Photography

Band Nummer vier des Abends sind SLEEPERS‘ GUILT. Nach kürzlichem Verlassen eines Gitarristen stehen diese heute nur noch zu viert auf der Bühne. In meinen Ohren nimmt dies dem melodischen Death Metal leider etwas den Tiefgang – anderen Anwesenden, und scheinbar auch den Musikern selbst, sagt diese simplere, rockigere Variante der Musik wiederum mehr zu. Was soll man sonst zum Konzert sagen? Virtuose Gitarrensoli, sauberes Schlagzeugspiel und Vocals und auch der Bass kommt gegen eine einzelne Gitarre definitiv besser zur Geltung. Man merkt, dass die Band aus alten Hasen im Metalgeschäft besteht, die wissen, wie man es macht.

Wuchtig – Atomic Rocket Seeders ©Elena A. Photography

Nächster Auftritt: Die ATOMIC ROCKET SEEDERS. Ein sich erst kürzlich zusammengefundenes Powertrio aus Sänger/Bassist, Gitarrist und Schlagzeuger. Der Stil? Ich würde mal sagen, irgendwo zwischen Metal, Stoner und Rock’n’Roll. Massiver Gitarren- und Basssound, energiegefüllter Cleangesang mit gelegentliche Screams.

Als wäre dies noch nicht wuchtig genug, wechselt der Schlagzeuger zwischen seinen harten Rockgrooves gelegentlich in den Hyperspeed-Modus und schüttelt zwischendurch einfach mal ein paar Death-Metal-Blasts in geschätzten 250 BPM aus dem Handgelenk – alles, ohne dem Flow der Musik zu schaden. Später finde ich dann raus, dass die gleiche Person am Drumkit sitzt, die vor zwei Jahren den Uptempo-Melodeath/Metalcore-Act MILES TO PERDITION zum METAL-BATTLE-Sieg in Luxemburg geführt hat. Das erklärt den für solche Musik doch eher ungewöhnlichen Trommelstil. Die ROCKET SEEDERS rocken jedenfalls hart – obwohl sie die jüngste Band des heutigen Abends sind.

Harte Riffs und Tempo

Melodisch – Infact ©Elena A. Photography

Den letzten Slot hat der alteingesessene Thrash-Metal-Trupp INFACT. Für dieses Konzert haben sich scheinbar die meisten Besucher eingefunden. Plötzlich ist der ganze Raum voll mit begeisterten Menschen mit INFACT-Shirts. Keine Ahnung, wo die plötzlich alle herkommen. Die Band weiß jedenfalls, dem gerecht zu werden. Die Kombination aus harten Riffs und teilweise sehr melodischen Vocals zieht und im Publikum ist Party angesagt. Ein Gig, der scheinbar allen teilnehmenden Menschen Spaß macht. Nice!

Virtuos – Miles To Perdition ©Elena A. Photography

Somit sind die sechs Runden vorbei. Bis zur Bekanntgabe des Gewinners dauert es allerdings noch ein bisschen, und während sich die Jury-Mitglieder im Backstage beraten, geben MILES TO PERDITION, die Gewinner letzten Jahres, noch einen 40-minütigen Gig zum Besten. Pure Zerstörung, Geschwindigkeit und Power zeigen, dass die Band auch mit neuem Drummer sehr gut funktioniert. Zwar gönnen sich viele der Besucher nach den ganzen Battle-Konzerten zu diesem Zeitpunkt erstmal vor der Tür eine Portion des warmen Sommerabends – nichtsdestotrotz legen MTP drinnen alles musikalisch in Schutt und Asche.

Die Entscheidung

Soweit, so gut – es ist Zeit für den großen Moment! Die Jury versammelt sich gemeinsam mit dem Organisator auf der Bühne. Noch plappern die Menschen im Publikum wild durcheinander, doch das wechselt schnell zu angespannter Stille, als auf der Bühne ein blutroter Briefumschlag erscheint. Ich weiß nicht, wie es den anderen Musikern geht, aber mein Puls schlägt schneller, als ich erwartet hatte. Die Spannung steigt. Schweißtropfen sitzen auf der Stirn – der schicksalhafte Zettel wird aus dem Briefumschlag geholt! Der Organisator hält dem Basser von MILES TO PERDITION Zettel und Mikrofon hin.

Und der Gewinner ist…

„Ich kann überhaupt nicht erkennen, was da steht!“

Nach kurzem Gelächter findet sich dann wieder andächtige Stille ein.

Und gewonnen haben…

ATOMIC ROCKET SEEDERS!

Wow! Was für ein Sieg! Die Jüngste Band des Abends gewinnt das METAL BATTLE LUXEMBURG 2018! Und das zu Recht. Sie kamen, sie rockten die Bühne und sie siegten – Gratulation!

Klar ist man auch immer ein bisschen enttäuscht, nicht selbst gewonnen zu haben – aber die Freude ist trotzdem groß. Ein großartiger Abend voll grandioser Musik und Spannung! Dazu guter Sound, leckeres Essen und ein makellos organisiertes Event. Immer gerne wieder – und wenn auch nächstes Mal „nur“ als Besucher.


Vielen Dank an Elena A. Photography für die tollen Bilder!


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