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MUSIKMESSE – eine schwächelnde alte Lady

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Wochenend und Sonnenschein, wir fahren jetzt nach Frankfurt rein, weiter brauch ich nichts zum Glücklichsein, Wochenend und Sonnenschein!

Ok, um die COMEDIAN HARMONISTS in ähnlicher Weise gefoltert zu hören, lohnte sich diese Woche wirklich ein Ausflug nach Frankfurt. Dort fand erneut die MUSIKMESSE statt. Parallel zur PROLIGHT & SOUND stellten in den Frankfurter Messehallen wieder Vertreter der Musikindustrie sowie Hersteller von Licht- Ton- und Bühnentechnik ihre Produkte aus.

Zusätzlich zu den Ständen innerhalb der Hallen fanden sich in den beiden Innenhöfen der Messe mehrere Bühnen, welche über die ganzen 5 Tage beschallt wurden. Kam dadurch auf dem „alten“ Musikmessegelände (vor wenigen Jahren hat ein Hallentausch stattgefunden) wieder ein wenig Leben auf, stand in dem zweiten Hof ein zwar großes, aber doch einsames Zirkuszelt. Da Freitags recht schlechtes Wetter war, war dies klar ein Vorteil. Am Samstag, dem Tag, an dem die Messe für das breite Publikum geöffnet ist, herrschte wieder Sonnenschein, was viele Leute in den Hof lockte. Allerdings trafen sie dort lediglich einige Imbissbuden an, ein echtes Programm unter freiem Himmel wurde, wie in den vergangenen Jahren, leider nicht geboten. Ich persönlich fand das sehr Schade und verstehe die Entscheidung auch nicht, da dieser Aspekt sonst sehr entscheidend mit zur Atmosphäre der Messe beigetragen hat. Natürlich, wer davon wusste, hätte in den Bereich der PROLIGHT & SOUND gehen können, aber wenn man als Besucher explizit auf die MUSIKMESSE möchte und die einzig wirkliche Bühne dort in einem dunklen Zelt steht, verstehe ich schon jede aufkommende Enttäuschung.

Die Messe ist gelesen

Aber mal von vorne. Ich habe das Glück, mir mehrere Tage Zeit nehmen zu können. Daher widme ich mich einen Tag lang nur der PROLIGHT & SOUND. Dort wird quasi alles zum Thema Licht- Ton- und Bühnentechnik vorgestellt. Ob LED-Technik, Verkabelungstechniken, Einsatz und Umgang mit Wasser oder auch Wireless Funktechnik, hier wird noch auf breiter Ebene gezeigt, was es Neues gibt. Auch alles um den Bühnenbau gibt es hier zu sehen. Arbeitsausrüstung für Riger, Bühnenteile etc., alles ist da. Ein wichtiger Aspekt, den viele sicherlich nicht immer auf dem Schirm haben.

Dass die Hersteller nicht nur allein Konzertveranstalter ansprechen, sondern sich ihre Produkte auch in Hotels, Malls oder generell bei Großveranstaltungen einsetzen lassen, zeigt sich vor allem bei Anbietern, deren Produkte den Einsatz von Wasser beinhalten. Über Kombinationen mit Nebel und Licht lassen sich da sehr kreative Ideen realisieren. Selbst für jemanden für mich, der von der technischen Seite nicht so viel Ahnung hat, ist diese ganze Abteilung sehr interessant.

Die MUSIKMESSE präsentiert sich daneben in einem Zustand, welcher den Eindruck der letzten Jahre bestätigt. Sie wird kleiner und leiser. Gefühlt wird immer weniger Fläche für die Aussteller benötigt. Dabei bietet die Halle für Akustikinstrumente noch ein sehr lebendiges Bild. Es gibt immer noch sehr viel zu bestaunen. Gerade aus dem Bereich Worldmusic und Klassik sind sehr viele unterschiedliche Instrumente zu sehen, und man kann wirklich immer noch was entdecken. Besonders aus dem Nahost finden sich viele Hersteller von Zupf- und Percussionsinstrumenten. Auch stehen immer wieder an den Ständen professionelle Musiker, um die Instrumente vorzustellen. Das macht sehr viel Laune, die Leute können wirklich noch einfach an den Stand gehen, ausprobieren und sich mit den Mitarbeitern austauschen. So kann man neben „exotischen“ Instrumenten auch Erfindungen, wie etwa einen akustischen Bass mit integriertem Verstärker, entdecken. Dieser eignet sich vorrangig zur Straßenmusik, da er durch die leichte Verstärkung nicht völlig untergeht.

Bei den Bläsern, einer Instrumentengruppe, die für mich interessant ist (ich selbst bin Saxophonist), fällt allerdings eines schnell auf: Es sind schon wieder weniger Stände. Und die Aussteller, die da sind, sind entweder Hersteller von Instrumenten, die in der Oberklasse rangieren (ich habe ein Baritonsaxophon angespielt, dessen Listenpreis bei 19.000 CHF liegt), oder aus Fernost kommen (der Hersteller YANAGISAWA erfüllt allerdings beispielsweise beide Vorgaben. Auch wenn man schnell zu Vorurteilen tendiert, es gibt auch da kein Schwarz-Weiß). Daneben noch ein, zwei große Musikhäuser und das wars. Schade. Hier hat man früher wirklich noch Bekannte oder Namen aus der Szene getroffen, heute sieht man kaum noch welche (was generell leider so ist auf der Messe).

Die nächste Halle beinhaltet die Stände von Gitarren/Bässen, AMPs und Schlagzeugen. Das Konzept, ein Guitar Camp und ein Bass Camp einzurichten, an denen Künstler ihr Equipment und Können präsentieren dürfen, hat sich gehalten. Die Idee geht auf, viele Besucher lassen sich die Chance nicht nehmen, bekannte Größen mal aus der Nähe zu erleben und vielleicht sogar kurz ein paar Worte mit ihnen zu wechseln. Etwas, was sich bei Musikern wie Jeff Waters, Jen Majura, Mathias Eklund, Will Hunt oder Karl Brazil durchaus lohnt.

Ansonsten finden sich noch einige Stände kleinerer Hersteller und einige Instrumente sind durchaus sehens- und hörenswert. Von den bekannten, „großen“ Anbietern findet man allerdings quasi keine mehr. Bei den Schlagzeugen habe ich zwei gezählt, bei den Gitarren keine. Ich lasse mich da gerne korrigieren, da mir da sicher auch nicht alle bekannt sind. Dieser Bereich ist allerdings sehr ernüchternd. Man ist ziemlich schnell durch. Schade.

Um mal eine Frage an die Leser, die es bis hier hin geschafft haben, zu stellen: Technik oder Musik, wo würdet ihr mehr Show im Innenhof der Messe erwarten? Musikmesse? Weil Musik, da ist ja bestimmt schön was geboten? Nööp. Wie gesagt: Im Innenhof steht ein großes Zirkuszelt. Innen schön abgedunkelt, um eine Lightshow machen zu können. Freitags Schülerbandcontest („Es soll aber nicht darum gehen, Bands gegeneinander auszuspielen, sondern um Kontakte zu knüpfen.“ Aha… Habe ich leider immer noch nicht ganz verstanden, dieses Konzept).

Am Samstag, dem Tag, an dem die Messe für alle geöffnet ist, herrscht Sonnenschein und angenehme Temperaturen. Viele Leute gehen nach draußen in den Innenhof. Alles, was sie da an Attraktionen erwartet, sind ein paar Imbissbuden. Im dunklen Zelt spielen Blaskapellen. Diese Situation lässt bei mir wirklich Fragen offen. Bei einer einst so großen, interaktiven Messe mit internationalem Publikum jeden Alters sollte einem eigentlich schon etwas mehr einfallen. Viele Leute, mit denen ich gesprochen habe, waren zum ersten oder höchstens zweiten Mal hier. Eigentlich allen ist die kleine Anzahl an Ausstellern in manchen Bereichen sowie das Fehlen großer Hersteller aufgefallen. Da schafft es die Messe nicht, außer vielleicht mit dem Drum Camp und zugehöriger Workshops, ein wenig Abwechslung in den Hallen anzubieten. Was den Besuchern im Außenbereich noch geboten wird, sind Essen und eine Werbeveranstaltung für das WOODSTOCK DER BLASMUSIK. Und zweiteres in einem dunklen Zelt. Sorry, aber… nein.

Fazit

Nach drei Tagen auf der Messe muss ich sagen, PROLIGHT & SOUND hat mehr gerockt als die MUSIKMESSE. Hier wurde was geboten. Innen anschauliche visuelle Präsentationen dessen, was mit Technik heutzutage möglich ist. Im Außengelände wurden mehrere Bühnen aufgebaut, um auf ihnen verschiedene Soundsysteme in Echtzeit vorzustellen. Geil! So zieht man Leute an. Die MUSIKMESSE hingegen zeigt sich in sehr unterschiedlicher Verfassung. Die Abteilung der akustischen Instrumente steht immer noch gut da, man kann immer noch viel entdecken. So macht Musik Spaß, in der dortigen Halle ist es noch ein wenig wie früher. Bei den Klavieren, aber auch Gitarren und Schlagzeugen ist es wirklich ein wenig schockierend, wie rückläufig dort die Anzahl der Aussteller ist. Klar ziehen Aktionen mit Musikern immer noch, aber wenn die Besucher keine Möglichkeit mehr haben, Neuheiten von ihren Lieblingsherstellern zu sehen und ausprobieren zu können, wieso sollten sie dann noch kommen? Auch das magere Angebot im Hof macht kein gutes Bild. Früher hallte aus jeder Ecke Musik, in den Hallen musste man teilweise Ohrschützer tragen. Heute ist die Messe davon teilweise weit entfernt. Klar, die „echten“ Konzerte finden in verschiedenen Konzertsälen in Frankfurt statt. Aber kleinere Bühnen gehörten früher auf dem Messegelände dazu. Die Veranstalter melden zufriedene Aussteller und eine steigende Internationalität. Aber was bedeuten fehlende Aussteller und rückläufige Zahlen, bei eben jenen als auch bei den Besuchern? Mir blutet das Herz, wenn ich die Messe heute sehe, da ich sie schon von vor zehn Jahren kenne, und sie dabei kaum noch wieder erkenne.

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