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Votings 2017 – echt jetzt? Support gone wrong!

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Wir alle kennen und hassen sie wie die Pest: Publikums-Votings, bei denen es meist darum geht, wer auf irgendeinem Festival vor zwanzig Leuten den Opener im Bierzelt machen darf. Die Argumente gegen solche Abstimmungen sind zahlreich, werden aus Veranstalter-Sicht aber durch massig Reichweite ohne wirklichen Kostenaufwand gerne zur Nebensache. Für die Bands sieht es gar nicht rosig aus, denn rutscht man in ein solches Voting, geht das fleißige Spammen los. Nicht nur die eigenen Fans müssen mobilisiert werden, auch der Cousin des Bäckers des ehemaligen Sitznachbarn im Bus wird alsbald dazu aufgefordert, irgendein Foto mit einem Like zu versehen. Dass die finale Auswahl in keinem Verhältnis zur musikalischen Qualität steht, und die teilnehmenden Künstler nur die eigenen Fans nerven, ist längst bekannt. Gewinnen tut gemeinhin, wer eine gute Mischung aus folgenden drei Punkten mitbringt: ein großer, in sozialen Netzwerken sehr aktiver Bekanntenkreis, ein paar Scheinchen für Facebook-Werbung und etwas Glück.

Klingt ja gut, aber …

Eine ganz neue Abart von Pay-To-Play also, bei der Facebook die Kohle einstreicht? So könnte man es drehen. Der Grund, aus welchem ich diese olle Kamelle wieder auspacke, ist ein konkretes und besonders widersprüchliches Beispiel aus meinem Umfeld. Lasst mich euch dazu nach Luxemburg entführen! Hier gibt es das Screaming Fields-Festival, aus dessen Beschreibung ich einen Teil übersetzen möchte: „Seit der ersten Edition im Jahre 2010 ist das Screaming Fields zum Festival schlechthin für junge Bands und Musiker aus Luxemburg geworden. Organisiert vom Rocklab, hat sich dieses Festival zum Ziel gesetzt, diese Bands und Musiker zu orten, zu unterstützen und zu bewerben.“

Die letzten beiden Punkte werden dabei, soweit mir bekannt ist, auch vorbildlich umgesetzt. Junge Künstler (bis 25 Jahre) kommen in den Genuss verschiedener Workshops, werden fachmännisch betreut und dürfen am Ende auch eine Live-Probe in der Rockhal absolvieren, bevor sie dort im „Club“ (Kapazität: 1100 Stehplätze) ein Konzert vor einem bunt gemischten Publikum spielen dürfen. Den überzeugendsten Bands winken darüber hinaus attraktive Preise und weitere Unterstützungen. Keine Sorge, das hier soll kein Werbetext werden! Ich möchte lediglich die Widersprüchlichkeit des ganzen Konzepts aufzeigen, wenn ich jetzt zum großen Haken komme.

Kaputtes Konzept in freier Wildbahn

Bevor man in den Genuss von Workshops und sonstigem Zuckerguss kommt, gibt es erst einmal ein Voting und eine Jury. Beide ermitteln separat eine Rangliste, die zu gleichen Teilen das finale Resultat bestimmt, welche Künstler nun mitmachen dürfen. An dieser Stelle sei noch gesagt, dass beim abschließenden Konzert der Eintritt gratis ist, und das Event auch einen gewissen Namen in Luxemburg hat. Das Voting gilt also tatsächlich der Ermittlung der „besten“ Künstler. Dass Bands und Solo-Künstler gleichermaßen teilnehmen dürfen, und ein Voting somit von vornherein nicht funktioniert, wird dabei nun schon seit Jahren ignoriert. Dass laut Webseite noch dazu Kommunikationsmethoden und -strategien in sozialen Netzwerken zu den Workshops gehören, ist grober Unsinn. Muss man diese Qualitäten nicht schon unter Beweis stellen, um überhaupt erst in den Genuss dieser Workshops zu kommen?

Aber es kommt noch schlimmer! Während es sich mit den angesprochenen Punkten bislang jedes Jahr so verhalten hat, sind gesponsorte Facebook-Posts in letzter Zeit weitaus salonfähiger geworden. Irgendwo muss die Reichweite ja auch herkommen, nachdem Facebook die organische Reichweite dem Gefühl nach immer wieder nach unten korrigiert hat. Was das nun bedeutet? Auf meiner Startseite begegnen mir in schöner Regelmäßigkeit gesponserte, also vom Künstler bezahlte, Posts zum Voting dieser Veranstaltung. Das regt zum Nachdenken an. Man lasse sich einmal das Gesamtbild auf der Zunge zergehen: Eine Veranstaltung zur Unterstützung junger Künstler wird organisiert, die jungen Künstler sind nun aber dazu gezwungen, durch Spamming der eigenen Fanbase auf den Zeiger zu gehen und/oder in die eigene (oder Mamas) Tasche zu greifen, um von diesen Unterstützungen profitieren zu dürfen.

Klingt verkehrt? Ist es auch. Sorry, liebe Rocklab-Leute, aber eure Herangehensweise mit dem Voting war schon immer fürchterlich naiv, was sich in diesem Jahr weiter zuspitzt. Es widerspricht sich einfach, sich „Support“ auf die Fahne zu schreiben und junge (!) Künstler dann ins offene Messer rennen zu lassen. Weiteres Beispiel gefällig? Musiker von 19 bis 25 teilen sich eine Kategorie. Dass sich gerade in diesem Alter gigantische finanzielle Unterschiede auftun, weil manche studieren, während andere schon einer geregelten Arbeit nachgehen, wirft jegliche Chancengleichheit über Bord. Wir reden hier wohlgemerkt über ein Event, das sich über die Weiterbildung junger Menschen definiert! Aktuell versagt das Rocklab allerdings dabei, mit gutem Beispiel voranzugehen, indem es auf veraltete und zu Recht verpönte Methoden setzt. Bitte nachbessern!

Wer sich selbst einen Eindruck machen will, wird hier fündig. Die eigentliche Webseite ist dagegen nur auf Luxemburgisch verfügbar.


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