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Bass me! – Von der Faszination der Tieftöner

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Sind wir doch mal ehrlich, diese Figuren am 4-Saiter sind doch eh nur Statisten. Wer rockermäßig was auf sich hält, spielt entweder Gitarre, Drums oder singt. Oder, wennde jarnüscht kannst, machste Youtube-Videos. Trotzdem hält sich hartnäckig der Trend, diese Spezies – nennen wir sie mal „Bassisten“ – immer wieder in Bands zu integrieren, ihnen sogar Zugang zur Bühne zu gestatten. Ich habs selber gesehen, könnter glauben! Aber warum, und was macht dieser „Bassist“ eigentlich?

Nun, er hat ein dickes Instrument. Bassta!

Das ist (noch) keine wissenschaftlich bewiesene Tatsache, kommt dem aber schon sehr nahe. Bass und Drums bilden gemeinhin die Rhythmusdecke, auf welche sich die anderen Tunichtgute mit diesem Gesangsgedudel und/oder Gitarrengefiedel, meist recht despektierlich, niederlassen und jede arme Note bis zum Erbrechen vögeln, wollen. Deswegen heißts ja auch Kontra-Bass. Nicht? Unser Musikwissenschaftler sieht das anders. Na dann, bitte schön, Seb-Meister: „Also, das Kontra kommt von kontra-Oktave. Das ist die Oktave, in der sich der Bass bewegt. Die Mensur der Saiten ist beim Kontrabass ja sehr lang (über einen Meter), wodurch diese Töne entstehen. Beim normalen 4-Saiter bis zum E (die Großschreibung ist da wichtig). Um die 4 Halbtöne drunter bis zum C zu bekommen, braucht man noch die H-Saite (dann die fünfte). Diese Oktave spielt sich dann in einem Bereich ab 32,7 Hz ab.“ Tja, da kiekste …

Hier nun mein kleiner Tempel, gebaut für die wichtigsten Menschen, nach Krankenschwestern und Ärztinnen: Bassist(-inn)en!

Sex & Bass I

Hier fällt mir spontan Amanda (the Bitch) Smith-Skinner von ROCKBITCH ein. Sie hatte sich, entgegen ihres Beinamens, als einzige der Truppe nie öffentlich entblößt, geschweige denn sich den Orgien auf und/oder hinter der Bühne hingegeben. Amanda wurde zu Recht zu Englands bester Bassistin gekürt. Ein Status, den sie bis heute konkurrenzlos für mich innehat. Sie lebte mit ROCKBITCH-Drummerin Joanne Heeley (welche 2011 verstarb) bis dahin in einer Kommune zusammen. Seitdem hört man leider nichts mehr von Amanda. Sie war der musikalische Höhepunkt und kreative Kopf einer nicht unumstrittenen, aber durchaus einmaligen Band.

Sex & Bass II

Ida Nielsen könnte als langjährige Bassistin von PRINCE sicherlich auch Sachen erzählen, die in diese Kategorie passen würden. Auf die Sex-Attitüde möchte ich sie aber keinesfalls reduzieren, denn hier gehts um musikalische Fertigkeiten. Und die hat sie ohne Zweifel! Und den Funk, den Groove, den Rock und mein Herz …

Sex & Bass III

Ja, auch ich als eingefleischter Hetero finde Basser sexy. Janz klar meine Nummero Uno: Peter Steele! Wer sonst. Was natürlich auch daran liegt, dass Multi-Instrumentalist Peter alle musikalischen und imagetechnischen Entscheidungen mehr oder weniger alleine stemmte … und die Groupies auch, ja. Ein grandioser Musiker und Mensch, gestraft mit schweren Depressionen und vielen falschen Freunden, aber gesegnet mit einer 3-Oktaven-Stimme und einem einmaligen Musikverständnis. Ruhe in Frieden! Hier seine Interpretation von Neil Diamonds „Cinnamon Girl“:

Just Bass, just 4 (Strings)

Cliff Burton hier nicht zu erwähnen, würde an Blasphemie grenzen. Clifford Lee Burton hatte maßgeblichen Einfluß auf die ersten drei METALLICA-Alben, die ich noch immer als die besten ihrer Karriere sehe. Der eher ungeliebte Jason Newstedt und auch aktuell Robert Trujillo hatten/haben eher wenig zu melden, was das musikalische Schaffen von Hetfield/Ulrich angeht. Hetfields Antwort in einem Interview damals zum „… and Justice for all“-Sound: „Wir wollten halt zeigen, dass wir das auch können. Cliff war und ist ein fester Bestandteil der Band, auch nach seinem Tod.“ …

John Deacon (QUEEN) ist einer von vier Ausnahmemusikern, welche sich von Anfang an auf derselben musikalischen Ebene verstanden. Als der jüngste der vier „Königinnen“ war er eher introvertiert und das komplette Gegenteil von Rampensau Freddy Mercury. Aus Johns Feder stammten übrigens „I Want to Break Free“ und „Another One Bites the Dust“, zwei der erfolgreichsten der vielen Hits aus der 20-jährigen Karriere einer einmaligen und unerreichten Band.

Markus Großkopf! Hä, wer? Ja, genau! Markus ist Mitbegründer von HELLOWEEN und noch immer die wie vor Schweröl triefende Wand, an die sich die Hamburger Kürbisköpfe lehnen. Sein All-Bass-Projekt BASSINVADERS mit Schmier, Angelripper und Peavey find ich jetzt eher so … na ja. Und auch laut HELLOWEEN-Booklets tritt er als Songschreiber eher nie in Erscheinung. Trotzdem ist Markus für mich einer der besten Bassisten Deutschlands, Europas und ja, der Welt. Ich mag diese grandiose Leichtigkeit, die er seinem Job mitgibt, und das, obwohl sein Spiel durchaus nicht ohne ist! „The Departed“ ist einer meiner absoluten HELLOWEEN-Favs, und ja, für mich ein perfekter Song:

Bass & more

John Myung (DREAM THEATER) muss man wohl niemandem mehr vorstellen. Ich glaube, hier trifft das Vorurteil der asiatischen Disziplin, gepaart mit musikalischem Ausnahmetalent, vollends zu. Täglich 8 bis 10-stündige Übungseinheiten während des Musik-Studiums waren keine Seltenheit. Auch heuer trifft man den eher introvertierten Musiker selten ohne sein Instrument an. Ein sehr sympathischer Bass-Narr ohne Star-Allüren, dafür mit wahnsinnig viel Tiefgang und unglaublicher Eloquenz an seinem Instrument. Ein absolutes Vorbild in jeder Hinsicht, oder, wie es im Abspann heißt: Myung rocks!

Chaoth – Auf diesen Kollegen bin ich durch eine Review von Robert aufmerksam geworden und mir noch immer nicht sicher, ob das jetzt auf die Spitze ge- bzw. übertriebenes Nerdtum oder Genialität ist. Erinnert mich bissl an Max Cavalera, der jahrelang nur 2 Saiten auf seiner Rhythmus-Gitarre aufgespannt hatte. „Die anderen brauch ich nicht.“ sagte er damals. Der hier bespielte 9-Saiter-Bass (!) des Kanadiers hat nämlich auch „nur“ 7 …

Die Legenden, die Bekloppten

Steve DiGiorgio – Eine Legende unter den Extremen. Steve verewigte sich auf zahllosen Alben, welche man (auch wenn ich das Wort hasse) als Meilensteine bezeichnen kann. Angefangen von DEATH über TESTAMENT, zu SADUS bis hin zu VINTERSORG und ICED EARTH …  sie alle versorgte er mit seinem außergewöhnlichen Sound. Steve ist auch Teil dieses Musiker-Hoppings, welches seit den Neunzigern in der US-Death-Metal-Szene ein beliebtes Hobby ist. Aber vielleicht gerade deshalb ist er für mich einer der Größten, weil er sich nicht in Band-Schemata pressen lassen mag. Steve spielt normalerweise bundlose (fretless) Vier- und Sechssaiter, hier hat er sich einen wunderschönen Rickenbacker-Bass schnitzen lassen … was red ich – zuhören und genießen …

Kärtsi Hatakka – „Zieh den Bass mal falsch rum an.“ Frei nach den JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELEN spielt der umtriebige Finne sein Instrument tatsächlich seiten- und spiegelverkehrt. Was den Linkshänder aber beileibe nicht daran hindert, komplette Soundtracks für Videospiele (Max Paine), sein Projekt KÄRTSI und natürlich seiner Hauptband WALTARI zu komponieren. Manchmal muss man eben nen Knall haben …

Lemmy Kilmister – kennt man aus den Nachrichten und von Festivals/Konzerten, wo diverse Figuren mit Patches/Shirts seiner Band MOTÖRHEAD rumrennen. Klingt despektierlich? Isses nicht! Ian Fraser galt als unkaputtbar, als lebende Legende und Inspiration für abertausende Musik- und Alkoholenthusiasten, welche sich dem Rock’n’Roll-Lifestyle hingaben und -geben. Auch Lemmy spielte vorzugsweise einen Rickenbacker-Bass, welcher in Handarbeit und nur für ihn angefertigt wurde. Den Sound allerdings, den bestimmte er. Und der wird noch sehr lange nachhallen  …

Mark King – Kennste auch nicht? Dann wirds Zeit! In den 80ern wäre er mit seiner Band LEVEL 42 als eines von vielen tausend One-Hit-Wondern einfach nur untergegangen, wenn denn sein außergewöhnliches Bass-Spiel nicht gewesen wäre. Slappen nennt man das in Fachkreisen, und Mark hats drauf wie (fast) kein anderer. Als gelernter Drummer bringt er natürlich ein gewisses Gefühl für Rhythmus mit, was eigentlich nur heißt, dass ein schlechter Drummer auch immer ein guter Bassist sein kann … *hust*

Paul McCartney (THE BEATLES) … ähm ja, schon mal gehört. Ok, denn der damals noch junge Mann revolutionierte in den 6oern mit nichts als seinen 3 Kumpels und dem Ehrgeiz, die beste Band der Welt zu werden, die Genres Rock und Pop von Grund auf. Ist ihm leidlich gelungen, finde ich. Hier kann man tatsächlich einen beliebigen THE BEATLES-Song einfügen, ich habe mich aber für eine kurze Lehrstunde vom Mc-Meister himself entschieden. Weil, wir haben ja alle mal irgendwie angefangen:

 

Ich ziehe hier und jetzt erst mal nen Strich …


… weil es so viel zu diesen und noch vielen, vielen anderen Protagonisten und deren Wirken mit und auf diesem wunderbaren Instrument zu sagen gäbe, dass es an eine Lebensaufgabe grenzen und für eine Masterarbeit reichen würde. Für ersteres bin ich zu jung, für letzeres leider zu doof. Da lob ich mir die Bass-Selbsthilfegruppe, die sich fast wie eine SILENCE-Redaktionssitzung anlässt:

Ich hoffe, ihr hattet ein wenig Spaß beim Lesen und Hören. Falls ich wen vergessen oder unterschlagen habe, siehe oben. Vielleicht gibts an dieser Stelle ja mal was über Drummer

 

Coverpic by Jörn Rohrberg & Nina, thx a lot for that! 


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4 Kommentare

  1. René
    22. Februar 2018 bei 21:57 — Antworten

    Aha, was für ne Erleuchtung … und woher, meinst du, haben diese Frickeldödel ihre Basics, ihre Inspirationen? Ja genau, von dem ollen Gedudel da oben.

  2. Joscha
    18. Februar 2018 bei 21:44 — Antworten

    Naja, mag ja sein, dass das alles wahnsinnig tolle Bassisten waren, aber der Artikel lebt etwas in der Vergangenheit, oder? Das was im heutigen Techdeath an Frickelei auf dem Bass abgeht, stellt das olle Gedudel der oben genannten alten Knacker doch zehn Mal in den Schatten. Gib dir ma Beyond Creation, Origin, Archspire, Spawn Of Possession, etc., da geht aufm Tiefsaiter richtig die Post ab. Da ist der Bass endlich mal gleichberechtigt mit den anderen Instrumenten, nicht der Affe, der mit den Drums Rhythmus macht.

  3. 16. Februar 2018 bei 15:53 — Antworten

    Moin Ostsee!

    Vielen Dank für dein Feedback und du hast vollkommen Recht! Ich finde auch, dass er ein großartiger Bassist ist und durchaus Erwähnung verdient. Da ich jetzt nicht der MAIDEN-Überfan bin und die Alben bei mir nur so nebenbei dudeln, musste Steve hier leider dran glauben. Das macht ihn aber deshalb nicht weniger wertvoll, weder für MAIDEN noch für die Musikszene insgesamt. \m/

  4. Ostseemetal
    16. Februar 2018 bei 14:45 — Antworten

    BLASPHEMIEEEEE!!! Ein Artikel über Bassisten und kein Wort zu Steve Harris.
    Ja gut, über Geschmäcker lässt sich streiten und die Liste hätte unüberschaubar werden können, hätte man alle genialen Bassisten dieser Welt hier erwähnt. Aber dann will wenigstens ich in den Kommentaren ein paar Worte zu Steve Harris schreiben. Der leidet meines Erachtens massiv darunter, dass es bei Iron Maiden einen Bruce Dickinson gibt. Bruce zieht mit seiner unvergleichbaren Bühnenpräsenz die Blicke ganz auf sich und alle anderen werden dadurch in den Hintergrund gedrängt. Keine Frage: Ohne Dickinson wären Maiden nicht ansatzweise so erfolgreich, wie sie sind. Aber andererseits wären sie ohne Harris gar nicht existent. Er ist nicht nur das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied, er ist außerdem für den Großteil der Songs als Songwriter verantwortlich. Aber auch sein Bassspiel soll hier Erwähnung finden, schließlich kommentiere ich hier einen Artikel über Bassisten und nicht über Metal-Legenden insgesamt. Ich kann nicht viel zu Musiktheorie sagen, da bin ich ein völliger Laie. Aber ich bin absolut überzeugt, dass jeder mit zwei funktionierenden Ohren Harris‘ ganz charakteristisches Bassspiel unter sämtlichen virtuosen Bassisten der Metalwelt heraus hören kann. Nicht grundlos gibt es in einigen Maiden-Songs, hier sei vom jüngsten Album „The Book of Souls“ der Titel „The Red and the Black“ genannt, auch längere Bass-Soli.

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