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Die Toten haben es immer noch gut – Wiegedood gehen in die zweite Runde

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WIEGEDOOD – De Doden Hebben Het Goed II
Veröffentlichungsdatum: 10.02.2017
Dauer: 33:25 Min.
Label: Consouling Sounds

Was kann man von einem Album erwarten, das den gleichen Titel wie das Debüt trägt, nur mit einer „II“ dahinter? In Film und Fernsehen wurde bereits zur Genüge unter Beweis gestellt, dass ein Sequel nicht zwangsläufig so gut sein muss, wie das Original. Wie verhält es sich nun bei der belgischen Black-Metal-Band? Zumindest das Cover lebt von der gleichen Ästhetik, wie das vorherige.

Erwartet mich eine Kopie des ersten Albums?

 

„De Doden Hebben Het Goed“ war für mich eins der überraschendsten und besten Black-Metal-Alben des Jahres 2015 und noch dazu das Debüt von WIEGEDOOD. Zwei Jahre und zahlreiche Touren später, steht bereits das Folgewerk in den Läden, bzw. online. Euphorie packt mich. 

Sofort fällt auf, dass das Album düsterer geworden ist. Der Opener „Ontzielling“ verarbeitet in puncto Harmonik und Geschwindigkeit skandinavische Einflüsse und könnte so auch von DER WEG EINER FREIHEIT stammen. Es wirkt, als wäre die einfache Melodik des Erstlings Raserei und Düsternis gewichen, die WIEGEDOOD zwar ebenfalls gut zu Gesicht steht, aber zumindest mir das Gefühl gibt, dass ein gewisser Bruch vollzogen wurde. Ist das schlimm? Ist das gut? Ist die Frage nach der Kopie des ersten Albums somit vom Tisch? Hab ich den Herd angelassen? Fragen, die ich erst noch klären muss.

Auch wenn ich das am Anfang nicht vermutet habe, so offenbart „Ontzielling“ über den Verlauf seiner sieben Minuten doch noch melodische Elemente, die hängen bleiben.

„Cataract“ ist das zweite und mit elf Minuten auch das längste Stück des Albums.
Der Beginn verläuft sehr ruhig, da es zunächst nur langsam gespielte Akkorde zu hören gibt, bevor in bester Post-Black-Metal-Manier Fahrt aufgenommen wird, was deutlich an den Rausschmeißer „Onder Gaan“ der Vorgängerplatte erinnert. Nach gut der Hälfte des Stücks, kommen nochmal klare Akkorde zum Einsatz, bevor die Hölle über mich hereinbricht. Blastbeats und Hammerblasts dreschen alles kurz und klein, während aggressiv sägende Gitarren dominieren. Mir fällt auf, dass sich im Vergleich zum Debüt besonders die Charakteristik der Gitarrenmelodien geändert hat. Trugen in der ersten Auflage von „De Doden Hebben Het Goed“ noch langsame Gitarrenmelodien die Songs, so sind die Linien hier sehr viel fragmentierter, chaotischer und rasender. Und genau das ist es, was „Cataract“ bis zum Schluss bestimmt.

So kommen WIEGEDOOD dann auch schon ohne Umschweife zum Titeltrack. Dieser beginnt mit Gekreische und stehenden Tönen, wodurch eine Stimmung erzeugt wird, die an Ambient erinnert, bevor sich langsam aber sicher eine Gitarre nach vorne arbeitet. Schließlich regiert auch hier eine deutlich schwärzere Atmosphäre mit klirrend kalten Gitarren. Dazu kommt tiefer Gesang, den so auch BATUSHKA verwenden könnten. Obgleich sich der Song langsam steigert, bleibt er doch über achteinhalb Minuten im Midtempo, ohne wirklich auszubrechen, was für etwas Länge sorgt.

Das letzte Stück „Smeekbede“ zeigt dann nochmal ordentlich Zähne und erinnert mich anfangs sehr an GORGOROTH zu „Ad Majorem Satanhas Gloriam“-Zeiten. Erneut muss ich den Vergleich zu dem Schlussstück des Vorgängers ziehen, denn „Onder Gaan“ war für mich einer der besten Songs aus WIEGEDOODs bisherigem Schaffen. „Smeekbede“ wird dem nicht wirklich gerecht, arbeitet aber auch in einer ganz anderen Art und Weise. Das Stück endet abrupt, bevor ein lange währender Schrei das Album beschließt.

WIEGEDOOD haben sich bereits mit ihrem Debüt etwas geschaffen, das schwer zu übertreffen ist. Obgleich der Titel des Zweitlings nahelegt, dass es in der gleichen Art und Weise weitergeht, wird dieser Eindruck schnell zunichte gemacht. Ich denke, dass die Kurskorrektur, die die Belgier vorgenommen haben, aus dem Bewusstsein entstanden ist, die erste Platte kaum toppen zu können. Indem nun einem etwas roheren, dunkleren Klang nachgegangen wird, setzt man zwar das fort, was man begonnen hat, lotet allerdings andere Bereiche aus, die zwar ebenfalls beherrscht werden, die allerdings nicht die gleiche Atmosphäre erzeugen können, wie die Songs des Debüts.

 

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Bandcamp

Bild mit freundlicher Genehmigung von Wiegedood

Autorenbewertung

6
WIEGEDOOD veröffentlichen mit ihrem zweiten Album eine gelungene Fortsetzung des Debüts, das mehr ist, als eine bloße Kopie. Dennoch bleibt das Zweitwerk hinter meinen Erwartungen und hinter dem Erstling zurück. Das liegt nicht daran, dass "DDHHG II" ein schlechtes Album wäre. Allerdings sorgt die musikalische Kurskorrektur dafür, dass einige Charakteristika verloren gehen, die das Debüt für mich so besonders gemacht haben, weswegen bei mir nicht die gleiche Euphorie aufkommt, wie damals. WIEGEDOOD scheitern etwas an den Erwartungen, die sie durch ihr erstes Album geweckt haben.
ø 4.4 / 5 bei 3 Benutzerbewertungen
6 / 10 Punkten

Vorteile

+ WIEGEDOOD versuchen neue Bereiche auszuloten
+ es wird sich nicht auf dem Sound der ersten Platte ausgeruht
+ "DDHHG II" verkommt nicht zur billigen Kopie

Nachteile

- weniger "Hits" als auf dem Debüt
- Annäherung an skandinavischen Sound verwässert Alleinstellungsmerkmale etwas

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