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DOOM OVER LEIPZIG 2018 Tag 1 – Im Lichtspielhaus der Finsternis

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Und wieder einmal zieht es mich an diesem Mittwoch in den Leipziger Süden, um den düsteren Klängen zu huldigen. Das DOOM OVER LEIPZIG ruft erneut – und ich folge.

Wie so oft bei diesem Festival der Besonderheiten, ist schon der erste Tag nicht nach dem gleichen Schema aufgebaut, wie jedes x-beliebige andere. Sollen die nächsten drei Abende mehr oder weniger normale Konzertabende mit vier bis fünf Bands werden, so betreten heute nur die Church Of Ra-Anhänger THE BLACK HEART REBELLION die Bretter. Der Grund dafür ist so einfach wie interessant. Das belgische Quintett hat sich den iranischen „Vampir-Western“ (O-Ton Ankündigung) „A Girl Walks Home Alone At Night“ genommen und eigens dafür einen alternativen Soundtrack geschrieben.

Folglich wird heute der Film gezeigt, während die Band die Musik dazu spielt. Ich kann mich nicht dran erinnern, sowas schon mal live gesehen zu haben.

Fangen wir also von vorne an

Da die Spielzeit des Films, und damit des Sets, nur eine Stunde und vierzig Minuten betragen soll, beginnt der Abend im Vergleich zu den folgenden recht spät. Der Einlass ist für 20:30 Uhr geplant, Startschuss ist um 21:00. Also mache ich mich kurz nach acht auf den Weg nach Leipzig. Untypischer Weise schaffe ich es sogar pünktlich in das von mir sehr geschätzte UT, welches mich an diesem eigentlich viel zu heißen Frühlingstag mit angenehmer Kühle in seinen steinernen Hallen empfängt. Ich atme durch und fühle mich fast augenblicklich zu Hause. Die ersten bekannten Gesichter werden belächelt und begrüßt (checkt YRS. wenn wir einmal dabei sind!) und der Weg vor die Bühne angetreten.

Da die Veranstaltung heute teils Filmvorführung, teils Konzert ist, ist auch das UT teilweise bestuhlt. Nachdem ich ausreichend infantile Witzchen genau darüber gerissen habe, suche ich mir einen Platz im Auditorium. Für diejenigen, die nur noch auf dem Boden Platz gefunden haben, werden Sitzkissen zur Verfügung gestellt, sodass man es sich bequem machen kann.

Veranstalter und Hüne Alex von der Swansea Constellation tritt zunächst vor das Publikum und begrüßt eben jenes zu der Veranstaltung. Im gleichen Atemzug bittet er die Zuschauer um Ruhe während der Vorführung und wünscht viel Spaß. Das find ich ebenso sympathisch wie den Fakt, dass während der Show keine Getränke ausgeschenkt werden und Flaschenklirren somit auf ein Minimum reduziert werden sollte. Das Licht wird gedimmt und kurz nach neun betritt die Band die Bühne.

Der Film beginnt

Nun befinde ich mich als unschuldiger Zuschauer und Berichterstatter natürlich in ner Scheiß Situation, kann ich doch einigermaßen sinnvoll über Musik, aber deutlich weniger über Filme herziehen reden. Möglichst ohne zu spoilern möchte ich euch aber zumindest die Rahmenhandlung des Films nicht vorenthalten. Im Zentrum des Geschehens stehen einige wenige Charaktere in der fiktiven iranischen Stadt Bad City. Kaputte und vom Schicksal gebeutelte Gestalten sind es, die mir vorgestellt werden und ihr kriminelles, drogenverseuchtes, naives und erbärmliches Dasein fristen. Verknüpft werden die Schicksale all jener Personen durch eine nicht weiter benannte junge Frau, die in einem Strudel von Mord, Romantik und Erlösung nicht nur Bissspuren hinterlässt. Soviel zum Versuch der Beschreibung. Wer was mit Jim Jarmusch, Darren Aronofsky und Tarantino anfangen kann, sollte mal reinschauen, wobei ich nicht sagen kann, wie der Film ohne die Musik der Belgier wirkt.

Im Vorfeld hab ich vermutet, dass THE BLACK HEART REBELLION den Film quasi auf stumm schalten und die gesamte Spielzeit über Musik liefern, aber ich werde eines Besseren belehrt. Der Film wird in Originalton abgespielt, belgische und englische Untertitel laufen simultan. Die Musik der Band kommt jedoch nur in Schlüsselszenen zum Einsatz, sodass für ca. die Hälfte des Films der Fokus nur auf Bildern und wenigen Dialogen liegt.

Und was soll ich sagen? Die Songs, die THE BLACK HEART REBELLION für den Film geschrieben haben, passen hervorragend. Zum einen wurden orientalisch anmutende Klänge in das Soundgefüge integriert, um den kulturellen Hintergrund des Films zu stützen, andererseits aber auch gewaltige Ausbrüche zelebriert, die in den jeweiligen Szenen den Bildern noch mehr Gewalt verleihen. Klang und Bild funktionieren zusammen wirklich grandios. Es wird mit wiederkehrenden Melodien gearbeitet, die zwar nicht als Leitmotive herhalten, der Musik aber dennoch Halt und Kontinuität verschaffen. Besonders muss ich die Gesangsleistung von Pieter Uyttenhove hervorheben, der, wie er mir im Nachhinein versichert, ohne Netz und doppelten Boden mongolischen Untertongesang rauszimmert, der mir die Kinnlade mehrfach gen Boden abhauen lässt. Der finale Song gibt noch einmal alles und nimmt mehrere vorher verwendete Melodien wieder auf, wobei sie nun mit deutlich mehr Bombast durch das UT dröhnen. Langsam verklingt die letzte Note und der Abspann des Films flackert über die Wand. Meine Gänsehaut bleibt noch ein Weilchen.

Zwar hab ich im Voraus eine ungefähre Vorstellung von THE BLACK HEART REBELLION gehabt, aber damit hab ich so definitiv nicht gerechnet. Heute Abend hat sich die Band mit diesem speziellen Auftritt einen Platz in meinem Herzen erspielt und die Auftaktveranstaltung des DOOM OVER LEIPZIG 2018 zu einem interessanten Ereignis gemacht, das ich so noch nicht erlebt habe.

Gegen 23:00 Uhr enden Konzert und Abend für mich und ich trete den Heimweg an. Doch schon morgen sollen die nächsten Highlights auf mich warten.

 

Doom Over Leipzig Website


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